Überlebtes Modell

Autor Dieter Weirich

Die Bundesministerin für Selbstverteidigung, Christine Lambrecht, befindet sich in einer Abwehrschlacht, deren Ende leichter als der Ausgang des Ukrainekrieges vorauszusagen ist.  Waren es zum Auftakt Kommunikations-Pannen zu den Waffenlieferungen der zögerlichen Deutschen, folgten fortan zahlreiche, Kritik auslösende, optische Petitessen – von den langen, lackierten Fingernägeln bis zu den Stöckelschuhen im Kontrast zu soldatischen Springerstiefeln.

Dann musste sie sich des Vorwurfs erwehren, ihren 21 Jahre alten Sohn Alexander, „den einzigen Mann in meinem Leben“, mit der Flugbereitschaft der Bundeswehr nach vorherigem Truppenbesuch zum Osterurlaub nach Sylt mitgenommen zu haben. „Rechtskonform, aber politisch tölpelhaft“,   kommentierte der Freidemokrat Wolfgang Kubicki.

Noch steht Bundeskanzler Scholz zu seiner angeschlagenen Wehrministerin, die kritisch recherchierenden Journalisten vorsorglich auch schon mal mit rechtlichen Schritten droht. Eine Job-Garantie hat die Ex-Justizministerin, die ohne Bundestagsmandat keinen Einfluss mehr in der Fraktion hat, damit aber keinesfalls

Landesverteidigung spielte seit dem Zerfall des Kommunismus und der Wiedervereinigung keine Rolle mehr, was sich auch in der Besetzung des Verteidigungsministeriums, eines klassischen Ressorts zeigt. Eines Ressorts, das immerhin einst Schwergewichte wie Franz Josef Strauß, Helmut Schmidt, Georg Leber oder der spätere NATO-Generalsekretär Manfred Wörner innehatten.

Eine Fehlbesetzung war der über eine Plagiats-Affäre gestolperte CSU-Mann Karl-Theodor zuGuttenberg, der die Wehrpflicht aussetzte und freiwillig auf acht Milliarden Euro im Etat verzichtete. Volker Rühe hat seinem Nachfolger damals die „Zerstörung der Bundeswehr“ vorgeworfen.

Nachfolgerin Ursula von der Leyen verursachte mit der Einstellung eines Beraterheers zur Bekämpfung der Cyber-Bedrohung und des Terrors mehr Probleme als sie geerbt hatte. Annegret Kramp-Karrenbauer wurde von Merkel als CDU-Vorsitzende in die Kabinettsdisziplin eingebunden, angekündigte Programme zur Strukturreform blieb sie schuldig.

Scholz hatte Lambrecht als treue Parteisoldatin berufen, weil die Sicherheitspolitik ohnehin keinen Stellenwert hatte und er eine loyale Vorzeige-Frau für die Quote brauchte. Dieses Modell hat sich seit dem Ukraine-Krieg überlebt.

 

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als “liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.   

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