Zeit zum Schämen
Es wird oft davor gewarnt – und auch wir haben es in dieser Kolumne mehr als einmal getan -, allzu leichtfertig Vergleiche aktueller Vorgänge mit solchen aus der Nazi-Zeit des Dritten Reichs anzustellen. Tatsächlich besteht dann immer die Gefahr, den mit Begriffen wie Auschwitz, Treblinka oder Bergen-Belsen verbundenen millionenfachen Mord zu verharmlosen, weil auch die heutigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse ganz andere sind als jene, die seinerzeit der nationalsozialistischen Machtübernahme vorangegangen waren. Aber es blinken im Hintergrund bereits deutliche Warnzeichen.
Einheit oder Spaltung
Eigentlich könnte der kommende Montag (20.01.) mit der Amtseinführung des 47. US-Präsidenten, Donald Trump, ein Festtag der Demokratie werden. Dennoch haben die Regierungsgebäude in Washington, zum Ärger des neuen Staatsoberhauptes, in Erinnerung an seinen kürzlich im Alter von 100 Jahren gestorbenen Amtsvorgänger Jimmy Carter halbmast geflaggt. Eine Revanche des hochanständigen Friedensnobelpreisträgers aus dem Jenseits, der mit dem Sterben noch gewartet hatte, bis er Kamala Harris wählen konnte. Die deutsche und auch europäische Politik schauen wie das Kaninchen auf die Trump-Schlange, ist der neue Präsident doch eine blackbox, unberechenbar, erratisch und undurchsichtig.
Demokratie in Seenot?
Wer sich ein Bild von der Gegenwart machen will, greift gern auf die Vergangenheit zurück. Wie war das damals? Haben wir das nicht alles schon einmal erlebt? Dieser Methode bedient sich auch die Politikwissenschaft. Oft ist das hilfreich. Analogien können Durchblick schaffen und das Verständnis erleichtern. Mitunter führen sie jedoch auch in die Irre. Ein Beispiel liefert die gegenwärtig breit geführte Diskussion um die Krise der Demokratie.
Musk-Ball“ paradox
Er will auf dem “Mars sterben, aber nicht bei der Landung“. Vorher möchte der exaltierte Tech-Milliardär Elon Musk aber noch die “ Menschheit und die Welt verändern“ sowie der in Teilen rechtsextremistischen AfD bei der Bundestagswahl am 23.Februar zum Sieg verhelfen. Clown, Genie, Provokateur und Visionär“ nennt das Time-Magazin den reichsten Mann der Welt, der sich jetzt in den deutschen Wahlkampf einmischt, weil er nur in der AfD die Rettung für die ins Rutschen geratene Bundesrepublik sieht. Elon Musk macht in Deutschland für die AfD Wahlkampf. Wie weit es es in diesem Land eigentlich gekommen?
Na also, es geht doch!
Diese Daten bedürfen keiner Kommentierung: 192 Stunden Dauereinsatz bei jeder Witterung, mehr als tausendmal Anheben von tonnenschweren Dammbalken, viertausendmal Befestigung von Kettenhaken in die Metallelemente durch Taucher bei praktisch Sicht Null, Notschleusungen von 72 großen Binnenfrachtschiffen in einem immer mehr von Routine geleiteten Handbetrieb in immer geringer werdenden Zeitabständen. Es geht um einen geglückten Kraftakt, der von Vielen in deutschen Landen nicht mehr für möglich gehalten wurde.
Das Fräulein am Meere und deutsche Wirklichkeit
Auf den ersten Blick scheint das Kurzgedicht Heinrich Heines, entstanden 1832, recht wenig mit unseren Zeitläuften zu tun zu haben. Es charmiert mit seiner feinen Ironie und lässt uns schmunzeln. Doch ist die Ironie, wie stets bei Heine, nur das Mittel zum Zweck. In diesem Fall soll sie, und zwar durch den simplen Aufruf des Altbekannten, Fehleinschätzungen erden, die auf einem Überschuss des Emotionalen beruhen. Die Sonne geht auf, sie geht unter. Für Panik gibt es ebenso wenig einen Grund wie für Euphorie.
Notre Dame und die Lehren für Europa
Zwei Bilder aus den vergangenen Tagen werden in Erinnerung bleiben - die Wiedereröffnung von Notre Dame in Paris und das Dreiertreffen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie des amerikanischen President Elect Donald Trump. Beide Bilder haben, obwohl es nicht so aussieht, einen Zusammenhang. Sie betreffen Europa, seine Vergangenheit, seinen gegenwärtigen Zustand und die Frage, was Europa mit sich selbst vorhat: Weichen oder sich behaupten? Als vor fünf Jahren aus Ursachen, die noch immer ungeklärt sind, die Kathedrale auf der Isle de la Cité in Brand geriet, als der Vierungsturm stürzte, hielt die Welt den Atem an. Die Feuerzeichen an der Wand waren eine Botschaft in Großbuchstaben. Sie kündeten von der Möglichkeit, dass der Untergang von Notre Dame de Paris, eines europäischen Wahrzeichens, bloß der erste Akt des großen Trauerspiels sein könne, des Abtretens Europas von der Weltbühne. Und jetzt? Müsste nicht das Wiedererstehen dieses Erbes der Menschheit ein Symbol, ja ein Fanal für einen neuen Schwung in Europa sein?
Weltmacht D. und Friedensengel Sch.
Am 16. Dezember will Bundeskanzler Olaf Scholz im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Und sie verlieren, damit – wie angekündigt – am 23. Februar vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden können. So etwas gab es schon einmal in der Nachkriegspolitik. Nämlich im Herbst 1982 unter dem (ebenfalls sozialdemokratischen) Regierungschef Helmut Schmidt, dem danach der Christdemokrat Helmut Kohl folgte. Ob es für die CDU/CSU auch dieses Mal einen vergleichbaren Ausgang geben wird, entscheidet sich also Ende Februar. Wobei die jetzige Ausgangslage eine völlig andere ist. Seinerzeit hatten die Bundesbürger die Wahl zwischen drei Parteien. Heute sind es sechs. Darunter, mit der rechtsextremen AfD und dem schillernden Bündnis Sahra Wagenknecht, solche, deren überraschende Erfolge bei den jüngsten Landtagswahlen an der demokratischen Stabilität der bundesdeutschen Gesellschaft Zweifel aufkommen lassen...
Des Kanzlers schweres K-Problem
Autoritäre Herrscher pflegen ihre internen Rivalen auf Auslandsreisen mitzunehmen, um sie unter Kontrolle zu halten und Umstürze zu vermeiden. Solche Reiseplanungen sind freilich einer Demokratie unwürdig, sonst hätte Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem G 20-Gipfel in Rio de Janeiro auf seinen Verteidigungsminister Boris Pistorius nicht verzichtet. Der in Mexiko vorgesehene Anschlussbesuch des Kanzlers wurde aber sicherheitshalber abgesagt. Allzu lange will Scholz der deutschen Hauptstadt und seiner Parteibasis, in der es „grummelt“, nicht fernbleiben. Denn es geht (im politischen Sinn) um seinen Kopf.
Habeck – Grüner „Bergsteiger“ mit Handicap
Für die bei den Europawahlen und den landespolitischen Entscheidungen im Osten bös gerupften Grünen geht es bei dem in Wiesbaden stattfindenden Bundesparteitag um eine „strategische Neuausrichtung“, so die zurückgetretene Parteivorsitzende Ricarda Lang. Gleichzeitig will sich die mit ihrer bisherigen Geschäftsführung unzufriedene Ökopartei mit einem neuen Management auf den Wahlkampf für eine nach dem Scheitern der Ampel vorgezogene Neuwahl des Bundestages vorbereiten. Langs bisheriger Ko-Chef Nouripour hat für die Wahl ein Ziel ausgegeben. Im Rennen um den zweiten Platz hinter der Union wollen die Grünen die SPD überholen, was er angesichts der Umfragen für machbar hält.