Weirichs Klare Kante
Sprecht verständlich!
Die unverständliche Berliner Ampel-Sprache untergrabe das Vertrauen der Bürger in die Politik, hat jüngst ein demoskopisches Institut festgestellt. So zerstreiten sich die drei Regierungsparteien aktuell über den fortschrittlich klingenden Plan von der Kindergrundsicherung. Gleichzeitig wissen zwei Drittel der Bürger und noch nicht einmal die Mehrheit der Anhänger der Ampel-Parteien, gar nicht, um was es da eigentlich geht. Dasselbe gilt für die täglich in den Fernsehnachrichten wechselnden Begriffe wie Gasumlage oder Energiebremse. Wo die Sprachlosigkeit zunimmt, wächst aber auch das Misstrauen, was sich an der ständig abnehmenden Zustimmung zum Regierungshandeln dokumentiert.
Besonders kritisch wird die Formel von der Wende bewertet, die politische Chiffre für Aufbruch und Neuanfang. Ob Energie, Verkehr, Landwirtschaft oder Wärme, alles wird gewendet. Schließlich leben wir ja in einer Zeitenwende. Zwar behaupten die „Wendehälse“, niemand werde im Umbruch alleine gelassen, doch ist das öffentliche Vertrauen in diese Zusage eher begrenzt.
Das “Framing“ (noch so ein Verschleierungsbegriff), also den Deutungsrahmen zur Strukturierung des Denkens intelligent anzuwenden, gelingt der Regierung mit ihren weit auseinanderstrebenden Kräften einfach nicht. Intensive und greifbare Bilder in die Köpfe des Wählervolks zu bringen, schafft sie schon deshalb nicht, weil die „Drei von der Zankstelle“ unterschiedliche Sprachen sprechen. So ist beispielsweise die Genderisierung der Sprache auf das grüne Milieu reduziert.
Dabei hatte zu Beginn der Legislaturperiode der so ganz andere Kommunikationsstil von Wirtschaftsminister Robert Habeck, dem man – so Oppositionsführer Friedrich Merz – beim „Denken zuschauen kann “ – Aufmerksamkeit erregt. Um Vereinfachung und geduldige Erklärung bemüht, schien sein Verkaufstalent Schule zu machen. Inzwischen hat sich der einstige Kinderbuchautor zu sehr und zu oft in der Vermittlung seiner Inhalte verheddert, so dass seine beispielgebende Zeit vorbei ist.
Winston Churchill hat ein einfaches Rezept für die politische Sprache und Rhetorik ausgegeben, das zeitlos gültig ist.“ Die kurzen Worte sind die besten, am allerbesten die alten“, meinte der britische Ex-Premier. Anders gesagt: Nur wer verstanden wird, hat Erfolg.
Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als „liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.