Autor Dieter weirich

Ampel-Test Asyl

Wurde das die Bürger sorgende Migrationsthema im Bundestagswahlkampf bewusst tabuisiert, um der AfD keine Protestwähler in die Scheuer zu fahren, so drängen sich die Asylbewerber jetzt umso mehr ins Rampenlicht und werden zum ersten Härtetest der Ampel-Koalition, bevor diese überhaupt gebildet ist. Der weißrussische Diktator Lukaschenko versteht sich – so Bundesaußenminister Maas – als „Chef eines staatlichen Schleuserrings“. Er setzt Geflüchtete als Waffen ein und treibt sie als Rache für Sanktionen Richtung Westen. Nahezu 6 000 Flüchtlinge sind mittlerweile an der deutsch-polnischen Grenze registriert worden. Einige Fluglinien transportieren Menschen vor allem aus dem Irak, Syrien, Jemen und dem Iran nach Polen und in die baltischen Staaten; ihnen drohen Strafen.
Diese neue Fluchtroute ist in diesen Tagen nicht die einzige Herausforderung. Die Zahl der Schutzsuchenden ist nach einem Abflauen in den ersten Monaten der Pandemie ohnehin wieder gestiegen, auch warten 35 000 Afghanen, die nach der Machtübernahme der Taliban nach Deutschland gekommen sind, auf ihre Integration. Dazu gibt es 250 000 Ausreisepflichtige in Deutschland, die ohne legale Aufenthaltsgenehmigung hier sind. Zu den traurigen Befunden deutscher Asylpolitik gehört, dass die meisten Abschiebungen scheitern.
Umfragen zeigen, dass viele Bürger sich vor einem staatlichen Kontrollverlust wie 2015 fürchten. Der soll sich ja nicht wiederholen. Trotzdem – wer das Wort Asyl an der Grenze auch nur ansatzweise buchstabieren kann, auf den wartet ein aufwendiges Verfahren, das über viele Instanzen gehend, jahrelang dauern kann.
In der Welt der Globalisierung ist eine Kontrolle an den europäischen Außengrenzen sinnvoll. Aber angesichts der Freizügigkeit in der EU funktioniert sie letztendlich nicht. Auch die Verteilung der Flüchtlinge in Europa klappt nicht. Einer neuen Bundesregierung droht in dieser Frage ebenso wenig zu gelingen, wie der alten.
Man muss sich die Frage stellen, ob das internationale Recht, also die Genfer Flüchtlingskonvention, noch zu einer von Bürgerkriegen, Terror und Völkerwanderung durch Hunger heimgesuchten Welt passt. Die Deutschen und Europäer werden jedenfalls die Probleme dieser Welt alleine nicht schultern können. Die Hilflosigkeit der “Ampel” scheint vorprogrammiert.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert immer donnerstags mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als “liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig. 

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