Kopfrechnen schwach

Dieter Weirich

„Was nützt die beste Sozialpolitik, wenn die Kosaken kommen“. Dieses Zitat des freisinnigen Politikers und Theologen Friedrich Naumann gebrauchte Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl oft, wenn er in Zeiten des Kalten Krieges die hohen Kosten für die eigene Landesverteidigung und die Stärkung der Bundeswehr gebrauchte. Von der Linken wurde er dafür verhöhnt.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde in den Kanzlerzeiten von Gerhard Schröder (SPD) und Angela Merkel (CDU) eine blauäugige Ostpolitik betrieben. Die Bundeswehr wurde kaputtgespart, die Wehrpflicht abgeschafft, das allgemeine Bewusstsein für die eigene Wehrfähigkeit geschwächt.

Mit der Annexion der Krim hätte man mit den Fehleinschätzungen der Putin´schen Politik gründlich aufräumen müssen. Geschehen ist dies aber erst mit dem Beginn des verbrecherischen Krieges gegen die Ukraine, dessen Ende nicht abzusehen ist. Mit der Zeitenwende will die Berliner Ampel-Regierung nun die Fehler der Vergangenheit korrigieren und die eigene Wehrfähigkeit sichern. Ein Sondervermögen von hundert Milliarden Euro soll die begrenzt einsatzfähige Bundeswehr wieder wettbewerbsfähig machen.

Im Mittelpunkt der Wiederaufrüstung steht die Zusage an die NATO, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Verteidigung zu investieren. Seit 2006 allerdings haben Berliner Regierungen dieses Ziel immer bekräftigt, ohne dass etwas passiert ist. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri geht aktuell von 1,39 Prozent deutscher Beteiligung aus. Die NATO ist gnädiger, spricht von 1,49 Prozent.

Olaf Scholz und die Seinen werden nicht müde, ihre Verlässlichkeit zum Erreichen des NATO-Ziels zu unterstreichen. Doch die nicht wegzuleugnenden Finanzierungslücken zeigen, dass die Ampel schon im Kopfrechnen schwach ist. Das Münchner Ifo-Institut sieht im jetzigen Wehretat ein Defizit von 14 Milliarden, kommt nur auf 1,7 Prozent am Bruttosozialprodukt. Zwei Prozent bedeuteten 85 Milliarden für die äußere Sicherheit. Nur bei Einhaltung seiner Zusagen bleibt Deutschland glaubwürdig.

Mit noch so viel Rabulistik wird man die Sicherheitspartner, vor allem die Amerikaner, nicht besänftigen können. Es bedarf gar keines Comebacks von Donald Trump, dass Washington beim Blick auf die Berliner Bequemlichkeit seinen Teil der Abmachungen in der NATO in Frage st

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