Belgien – Land der tausend Biere. Aus Gerste, Hopfen und Wasser wird hier eine schier unüberschaubare Vielfalt des edlen Safts gebraut. Dass es noch hochprozentiger und auch ohne Hopfen geht, erfuhr Autor Wolfgang von Brauchitsch beim Besuch der Whisky Brennerei „The Belgian Owl“.

Es war einmal…

Etienne Bouillon © Wolfgang von Brauchitsch

… ein kleines Land mitten in Europa. Dort lebte ein Mann, der hatte einen Traum. Er träumte davon, in seiner Heimat einen der besten Whiskys weit und breit zu brennen. Die Zutaten dafür gab es reichlich, nämlich Gerste und Wasser. Aber die Menschen fügten schon seit ewigen Zeiten Hopfen hinzu und brauten schäumendes Bier daraus, denn das Land hieß Belgien und war bekannt als eines der biersortenreichsten Länder der Welt. Also machte sich der Mann auf den Weg in ein fernes Land, nämlich nach Schottland, in dem aus Gerste und Wasser seit jeher Whisky hergestellt wird, der dort dieselbe Bedeutung hat, wie das Bier in Belgien. Sein Lehrherr Jim McEwan brannte in der Distillery Bruichladdich nicht irgendeinen Whisky, sondern edelsten Single Malt, einen der besten der Welt. Und der Mann wurde sein gelehriger Schüler, der das Wissen um die Herstellung des „Lebenswassers“ begierig in sich aufsog und bald selber große Fertigkeit in dieser Kunst erlangte. Aber sein eigentlicher Wunsch war, einen belgischen Whisky zu brennen. Zu Ehren seines Mentors sollte es ein echter Single Malt sein. Also kehrte er eines Tages nach Belgien zurück, um seinen Traum zu verwirklichen. Sein Lehrmeister bestärkte ihn darin, denn er war überzeugt, dass der Mann den Whisky ebenso liebte wie seine Heimat und so zu einem überzeugenden Botschafter des wahren Single Malt Whiskys werden würde, was letzten Endes das Wichtigste sei. Also ging unser Mann zurück. Bald danach fand er zwei Freunde, die sich für seinen Traum begeisterten. Zusammen gründeten sie eine eigene Destillerie, in der sie fortan Whisky aus belgischer Gerste und klarem belgischem Wasser brannten, den sie in alte Bourbon- Fässer aus amerikanischer Eiche füllten, um ihn dort reifen zu lassen. Ihr Markenzeichen wurde die Eule, denn der Mann träumte nicht nur gerne, sondern liebte auch Märchen und Erzählungen. Sein Lieblingsmärchen handelt davon, wie ein kleines Dorf einst mit Hilfe einer klugen Eule, die in Wahrheit ein Zauberer war, dazu kam, allerfeinsten Whisky zu brennen. Also nannten die Männer ihre Whisky-Destillerie, nach der klugen Eule „The Belgian Owl“. Ihre Leidenschaft für Whisky aber steckte bald immer mehr Menschen an, die ihren Traum teilen wollten. Und so brannten die drei Freunde fortan besten belgischen Single Malt, der immer mehr Kenner und Genießer erfreute. Am Ende waren alle glücklich und zufrieden, und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute….!

Traum und Wirklichkeit

Etienne Bouillon © Wolfgang von Brauchitsch

Was sich anhört wie ein Märchen, ist natürlich in Wahrheit gar keins. Denn den Mann und seinen Traum gibt es wirklich. Sein Name ist Etienne Bouillon. Er lebt nicht nur in Belgien, sondern ist – trotz einer deutschen Großmutter – ein überzeugter Belgier, der seine Heimat leidenschaftlich liebt – besonders den Hespengau, eine Landschaft, die sich zwischen den Städten Hasselt, Lüttich, Namur, Tienen und Löwen erstreckt.

Die Landschaft

Diese Region profitiert von einer Lössdecke, die das darunter liegende Kalkmassiv bedeckt und daher landwirtschaftlich intensiv genutzt wird. In idealer Weise erfüllt sie damit zugleich auch alle Voraussetzungen für eine Whisky-Produktion aus belgischem Anbau, denn auf den fruchtbaren Böden gedeiht die heimische Gerste bestens, und auf der unter dem Kalkboden liegenden Lehmschicht liegt ein Reservoir mit vorzüglichem Wasser.

Die Macher

Etiennes Leidenschaft für die kunstvolle Herstellung von feinen Spirituosen beginnt bereits Anfang der 1990er Jahre. Aber zur Erfüllung seines Traums braucht es etwas mehr als einen kreativen Destillateur. Zum Glück finden sich gute Freunde, nämlich Christian und Pierre, die nicht nur Fachleute auf ihrem Gebiet, sondern ebenfalls vom Whisky-Bazillus infiziert sind.

Christian Polis, kompetenter Finanz- und Investmentmanager, schafft die betriebswirtschaftliche und finanzielle Grundlage des Projekts und sorgt für die Absicherung gegen finanzielle Risiken. Eine elementare Voraussetzung, denn bis zur Vermarktung eines Malzwhiskys gilt es in der Regel eine „Durststrecke“ von mehreren Jahren zu überwinden.

Etienne Bouillon an einem Pot Stills, original schottische Brennblase aus dem Jahr 1898 © Wolfgang von Brauchitsch

Pierre Roberti, der Dritte im Bunde, ist für den Rohstoff Gerste zuständig. Als Landwirt bewirtschaftet er bereits in der siebten Generation seinen Hof „Ferme de Goreux“ im Hespengau. Dank seines Know-hows bekommt „The Belgian Owl“ die allerbeste Sommergerste aus belgischem Anbau, deren fairen Einkaufspreis er zudem selbst festlegt. Außerdem bietet der Hof mit seinen Gebäuden reichlich Platz für die Anlagen der Brennerei und das umfangreiche Lager. Auch die Versorgung mit hervorragendem Wasser ist durch einen eigenen Brunnen gewährleistet, der das für den Whisky so wichtige kostbare Nass aus 40 Metern Tiefe holt.

Das Produkt

Was bei der Träumerei der drei Freunde herauskommt, zeigt sich erstmals im Oktober 2004, als Etienne Bouillon das erste Fass des zukünftigen belgischen Single Malt Whiskys „The Belgian Owl“ abfüllt. Im Dezember folgt dann der Verkauf und zwar nur online. Schnell sind die ersten 800 Flaschen verkauft. Das Geschäft mit Malt Whisky aus einer kleinen „Manufaktur“ ist ähnlich exklusiv wie die Anfertigung einer Waffe durch einen Custom-Gun Maker. Bei beiden bekommt der Kunde ein hervorragendes, überwiegend von Hand gefertigtes Produkt. Bei der Whisky-Herstellung in der Owl Brennerei läuft das etwa so ab: Zunächst wird die Gerste, die auf der Ferme de Goreux und fünf weiteren belgischen Betrieben angebaut wird, in der ältesten Mälzerei Belgiens, der „Castle Malting“ in Beloeil zu hochwertigem Malz verarbeitet. Dieses wird dann zu Grist vermahlen und in der „Mash tun“, dem Maische Bottich, mit heißem Wasser aufgegossen, um den Zucker herauszulösen. Das geschieht in der Regel drei Mal mit unterschiedlichen Temperaturen. Nach Abkühlung auf 20 Grad wird dann Hefe hinzugefügt. Dieses Gebräu wird danach ca. vier Tage gelagert, bis durch Gärung eine Art Bier ohne Hopfen entstanden ist, das im Fachjargon „Wort“ genannt wird. Es hat nun einen Alkoholgehalt von acht bis zehn Prozent und kann jetzt in den sogenannten „Pot Stills“, großen kupfernen Brennblasen, destilliert werden.

Pot Stills, original schottische Brennblase aus dem Jahr 1898 © Wolfgang von Brauchitsch

Die Pot Stills könnte man als das „Allerheiligste“ des Brennmeisters bezeichnen. Entsprechend stolz ist Etienne Bouillon auf seine beiden original schottischen Brennblasen aus dem Jahr 1898, die aus der stillgelegten Caperdonich Distillery stammen. In der ersten Brennblase, der „Wash Still“, wird Alkohol mit einem Gehalt von etwa 25 Prozent gebrannt. In der zweiten, der „Spirit Still“, wird dann schließlich ein 70 prozentiger Alkohol erzeugt. Da Alkohol grundsätzlich nur nach Alkohol schmeckt, ist es wichtig, dass Öle und leichte Esther beim Brennen mitgenommen werden, damit der Whisky Geschmack entsteht. Wie viel das ist, hängt unter anderem von der Form der Brennblasen ab, die entweder lang und schlank oder eher gedrungen geformt sein können. Die besondere Kunst des Brennmeisters liegt darin, nur den mittleren Teil des Destillats, den sogenannten „middle cut“, aufzufangen und nicht den Vor- oder Nachlauf. Erschwerend ist dabei, dass er den Whisky nicht probieren kann. Er kann ihn lediglich im „Spirit and Sample Safe“, einem Schaukasten aus Glas und Messing, begutachten und die Temperatur messen. Der Rest ist Erfahrung, denn der Ausgang der Brennblasen ist amtlich verplombt, um zu gewährleisten, dass auch ja kein Tropfen der staatlichen Besteuerung entgeht. Nach dem Auffangen des fertigen Destillats im „Spirit Receiver“ wird der Whisky dann anschließend zur Reifung ungefiltert in Fässer abgefüllt.

Reifung

Die Fässer aus amerikanischer Eiche stammen von der Heaven Hill Distillery in Kentucky, die darin einmal ihren besten Bourbon abgefüllt hatte. Das beeinflusst den Geschmack und das Aussehen des künftigen „Belgian Owl“ Single Malt ebenso wie der Ort der Lagerung, die Luft und das Alter. Mindestens drei Jahre muss das Destillat reifen, um zu Whisky zu werden. Vorher heißt es nur Spirit. Während dieser Zeit arbeitet das Holz. Es zieht sich zusammen und dehnt sich aus. Ein Teil der Flüssigkeit verdunstet und löst sich praktisch in Luft auf. Das ist der berühmte „Schluck der Engel“ oder „Angel’s share“, der dem Whisky-Lager eine ganz spezielle Duftnote verleiht. Nur zu gerne würde ich ihn auch einmal schnuppern, aber leider ist der Zugang zum Lagerraum nicht nur verrammelt und verriegelt, sondern ebenfalls versiegelt, um die allfällige Besteuerung durch den Staat sicher zu stellen.

Custom Made

Die Fässer aus amerikanischer Eiche stammen von der Heaven Hill Distillery in Kentucky © Wolfgang von Brauchitsch

Etwas Besonderes unter den Single Malt Whiskys sind die sogenannten „Single Casks“. Das sind Abfüllungen aus einem einzigen Fass, die nicht mit anderen vermischt sind. Natürlich bietet auch Etienne seinen Whisky in dieser exklusiven Form an. Als „Whisky- Verrückter“ ist er aber auch neugierig, wie sein Produkt während der verschiedenen Stadien des Reifeprozesses schmeckt. Um auch andere an diesem Geschmackserlebnis teilhaben zu lassen, bietet er seinen „Belgian Owl“ Single Malt in vier verschiedenen Formen an. Beim ungereiften Spirit schmeckt man vor allem den Einfluss der verwendeten Gerste. Beim reifenden Spirit der nächsten Stufe erkennt man bereits die Wechselwirkung zwischen Destillat und Fass. Die dritte Stufe lüftet nach drei Jahren oder mehr endlich das Geheimnis. Durch die Reifung im Fass wird nun das ganze Zusammenspiel der Aromen geschmacklich offenbart. Der „Whisky Brut de Fut“ schließlich eröffnet die Möglichkeit, die ungefilterte Stärke des Whiskys zu einem bestimmten Reifezeitpunkt zu kosten – nämlich dann, wenn er etwa 70 Volumenprozent Alkohol hat.

Eternity

Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Für Whisky Freunde, die ihre Vorfreude noch etwas länger auskosten wollen, gibt es von der Owl Destillerie das „Cask share – Eternity 2016“. Wie der Name schon andeutet, können Interessenten hier Anteile an einem Fass Whisky erwerben, das im Jahr 2016 die dreijährige Reifezeit erreicht hat. Wer möchte, kann den Genuss auch noch weiter hinausschieben und seinen Whisky fünf Jahre reifen lassen. Kaufen kann er davon jeweils ein 32stel oder ein 42stel Fass. Dafür bekommt er ein Zertifikat, mit dem er nach Ablauf der Zeit zwölf bzw. sechs Flaschen à 50 cl in der Destillerie abholen kann.

Private Angels

Goldmedaille für den „limited Edition Belgian Owl“ © Wolfgang von Brauchitsch

Darf’s noch ein bisschen mehr sein? Dann ist das Angebot „The 200 Private Angels – The ultimate Whisky experience“ genau das Richtige. Whisky-Genießer können dabei erstmals ein ganzes Faß der „limited Edition Belgian Owl“ ordern. Ein „Cask“, das sind immerhin stolze 390 Flaschen des edlen Tropfens, dürfte auch für den ganz großen Durst und Genuss ausreichen. Das Angebot ist auf 200 Fässer limitiert und setzt eine gewisse Finanzkraft voraus. Andernfalls wird es ein Traum bleiben.

Für Etienne Bouillon und seine Freunde dagegen hat sich ein großer Teil ihrer Träume erfüllt. Bereits 2004 wurde die Qualität des Whiskys von „The Belgian Owl“ von Whisky-Papst Jim Murray in seiner Whisky-„Bibel“ besonders lobend erwähnt. 2010 und 2011 gab es eine Goldmedaille beim Wettbewerb „Le Mondial de Bruxelles“ sowie einen Grand Gold Quality Award beim „World Selection Wettbewerb“. Ebenfalls 2011 wurde „The Belgian Ow“ mit einer Note von 95,5 % „European Single Cask Whisky oft he Year 2011“ in der „Whisky Bible“ von John Murray. Weitere Preise folgten. Das Ziel des Teams der Owl Brennerei aber bleibt stets, einen belgischen Whisky in Vollendung zu kreieren und damit internationale Anerkennung zu erlangen. Mit Träumerei allein ist es da allerdings nicht getan. Harte Arbeit, größte Expertise, höchste Motivation und ständiger Einsatz sind unabdingbar, damit „The Belgian Owl“ kein Märchen bleibt sondern Wirklichkeit wird.

von Wolfgang von Brauchitsch

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