Merz ins Schaufenster

Autor Dieter Weirich

Unter Schmerzen zum Kanzlerkandidaten der Unionsparteien avanciert, muss Armin Laschet wahrscheinlich schon in den nächsten Tagen seinen schärfsten Konkurrenten um den Parteivorsitz, Friedrich Merz, in sein Führungsteam aufnehmen. Das will jedenfalls die christdemokratische Führung in Sachsen-Anhalt, wo bei der Landtagswahl am 6. Juni ein wichtiger Stimmungstest für die Regierungspartei und den frisch gekürten Bewerber fürs Kanzleramt ansteht. Als eine „Katastrophe“ haben prominente Mitglieder der Union in dem rund zwei Millionen Einwohner zählenden Bundesland die Entscheidung zugunsten von Laschet statt für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder bewertet. Jetzt setzen sie darauf, dass der nordrhein-westfälische Regierungschef noch vor der Entscheidung über den neue n Schweriner Landtag Friedrich Merz ins Schaufenster seiner Wahlkampfmannschaft stellt.

Der Wahlkampf soll, im Übrigen, ganz auf den beliebten Ministerpräsidenten Rainer Haseloff (CDU), der sich im Kanzlerkandidaten-Duell auf die Seite von Söder geschlagen hatte, abgestellt werden. Die im Land in einer „Kenia-Koalition“, also mit der SPD und den Grünen, regierende Union, hofft angesichts der hohen Popularitätswerte  ihres Ministerpräsidenten auf einen wahlentscheidenden „Haseloff-Bonus“, den zuvor auch die Amtsinhaber bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz für sich verbuchen konnten.

Die umstrittene Nominierung Laschets wirkt in vielen Landesverbänden der Union nach. Das vom Kanzlerkandidaten durchgesetzte Votum des Bundesvorstands und die Ablehnung einer Konferenz der Kreisvorsitzenden, um die Meinung der Basis einzuholen, löste vielfach Empörung aus. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion war wohl mehrheitlich für Söder, die Umfragen sprachen auch für den weiß-blauen Hoffnungsträger.

Das Verfahren sei einer Mitgliederpartei nicht würdig, kritisieren viele Christdemokraten, sprechen von einer Oligarchie, also der Herrschaft einiger, weniger. Wenn Altvordere, wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble oder der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier, für sich in Anspruch nähmen, die Partei zu sein, stelle das einen bedenklichen Rückfall in die Honoratiorenpartei der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts dar, wird argumentiert.

Die Lektion aus dem unglücklichen Nominierungs-Verfahren dürfte eine Verabredung mit der CSU über die künftige Personalauswahl für das höchste Regierungsamt sein. Damit würde verhindert, dass Bewerber beschädigt in den Wettstreit bei einer Wahl gehen.

Ob Laschets Nominierung Einfluss auf die Landtagswahl hat, wird sich noch zeigen. Umfragen vom Januar gehen von einer Bestätigung der Mehrheitsverhältnisse der letzten Wahl bei Stagnation der CDU und nahezu einer Verdoppelung des grünen Anteils aus. Fürchten müssen die Christdemokraten vor allem die nahezu auf gleicher Augenhöhe stehende AfD.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, veröffentlicht jeden Montag mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Frankfurter Neuen Presse”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst “als liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig. 

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