Sonderausstellung im Rosenhang Museum würdigt das Werk der New Yorker Pop-Art-Ikone

Erst James Rizzi (17. März bis 1. Mai), dann Otmar Alt (5. Mai bis 2. Juni), dann Janosch (9. Juni bis 7. Juli): Mit drei großen Sonderausstellungen in der Kunsthalle des Rosenhang Museums bereichert Art 28 aus Tübingen in diesem Frühjahr und Sommer das ohnehin schon vielfältige Kultur- und Natur-Angebot der Stadt und macht sie zwischenzeitlich zu einer Kulturstadt in 3D.

Pop-Art-Ikone James Rizzi © Jo Goertz

New York war und blieb für James Rizzi, den Weltkünstler der Pop Art, immer der Mittelpunkt seines Lebens. Hier, in Brooklyn, kam er am 5. Oktober 1950 auf die Welt. Die Vorfahren seines Vaters stammten aus der kleinen Stadt Badetto in der Nähe von Bari in Süditalien. Seine Mutter, eine gebürtige McDonald, hatte irische Wurzeln. “Es ist so wunderbar, eine große Familie zu haben”, schwärmte Rizzi. Dazu zählten die vier Brüder seiner Mutter, die acht Geschwister seines Vaters, Rizzis älterer Bruder und seine jüngere Schwester sowie, neben seinen Großeltern, noch an die vierzig Cousins und Cousinen. Die Stadt am Hudson und seine Großfamilie prägten sein Leben und seine Kunst.

1981 kaufte er sich ein 5000 Quadratfuß großes Loft im New Yorker Stadtteil Soho, in der Lafayette Street 284. Dort lebte und arbeitete der good guy drei Jahrzehnte lang, bis er am zweiten Weihnachtstag des Jahres 2011 hier für immer seine Augen schloss. Und heute, 13 Jahre nach seinem viel zu frühen Tode, ist seine Kunst so lebendig, so aktuell, beliebt und begehrt wie zu den besten Zeiten seiner 40-jährigen Karriere.

Es sind die farbintensiven Bilder voller Lebensfreude und Optimismus, die Rizzis Kunst so überaus populär und zeitlos machen. Jeder, ob jung oder alt, kunstinteressiert oder nicht, findet Zugang zu seinem Werk. Seine Bilder sprechen für sich. Und “Rizzis künstlerische Intelligenz” (R-KI), die all seinen Schöpfungen immanent ist, baut einen direkten Draht zum Betrachter auf. Lässt diesen staunen und schmunzeln. Vermittelt gute Laune und immer viel, viel Lebensfreude.

Wie das funktioniert, kann jeder Besucher in der großen Rizzi-Sonderausstellung in der Kunsthalle des Weilburger Rosenhang Museums vom 17. März bis 1. Mai 2024 einmal selbst ausprobieren. “Wir zeigen über 100 museale Werke des Künstlers, die sonst der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind”, erzählt Art 28-Kunsthistorikerin Susanne Wegner, die die Weilburger Sonderausstellung auch kuratiert hat.

James Rizzis Pop-Art-Version der Mona Lisa © Art Licensing International GmbH

Nur vier Jahre, von 1970 bis 1974, lebte Rizzi außerhalb des “Big Apple”. In dieser Zeit studierte er in Gainesville, Florida, Druckgrafik, Bildhauerei und Malerei. Er war Anfang 20 und mit seinen langen Haaren und Vollbart ein waschechter, überzeugter Hippie. Um nur eine Abschlussarbeit in allen drei Fächern abgeben zu müssen, nahm der Pop-Art-Künstler in spe zwei Exemplare einer Radierung, bemalte sie und schnitt dann einzelne Elemente aus einem Druck aus, die er anschließend mithilfe eines Abstandhalters (damals noch aus Draht) über dem anderen Druck montierte. Fertig war das “All-in-One-Kunstwerk”, mit dem er so ganz nebenbei auch zum Erfinder der 3D-Druckgrafik wurde. In allen drei Fächern erhielt er dafür eine glatte Eins.

“In der Ausstellung im Rosenhang Museum zeigen wir exemplarisch, wie eine solche 3D-Konstruktion entsteht”, berichtet die Kuratorin Susanne Wegner. “Wir zeigen das in vier Schritten anhand der Druckplatte, dem Andruck, der Kolorierung und der finalen 3D-Konstruktion”.

Die Ausstellung umfasst mehr als 100 Werke. Sie zeigt Rizzis künstlerische Facetten aus 40 Jahren Schaffenszeit. “Unrizzis” sind darunter, Werke aus seiner Zeit in Florida, die er selbst so bezeichnet hat, weil sie sich von seinen späteren Schöpfungen abheben. Und auch all seine “Classics” sind zu sehen. Das sind Rizzis Hommagen an Kunstikonen wie Dürer, Chagall, van Gogh, Delacroix, Cézanne, Chagall, Munch oder Gauguin. Bei diesen “rizzifizierten” Classics darf natürlich auch Da Vincis Mona Lisa nicht fehlen. “Ich habe aus ihr eine Art Hippie gemacht”, erzählte Rizzi 1999 augenzwinkernd, als er sie an nur einem Tag kreiert hatte. Viel bunter als Da Vincis Original. Und mit der ganzen Welt seiner Figuren, Farben und Formen im Hintergrund. In Weilburg wird die Geschichte zu diesem Bild ausführlich dargestellt.

Rizzi war, was weniger bekannt ist, in vielerlei Hinsicht ein Pionier. Für die “Talking Heads” (Tina Weymouth und Chris Frantz), mit denen er befreundet war, gestaltete er Anfang der 80er Jahre ein Albumcover und war danach in London auch kreativer Mastermind der animierten Videoclips zu deren Dancefloor-Hits “Genius of Love” und “Pleasure of Love”. Auf YouTube können beide Meilensteine der Musikvideo-Geschichte noch heute bestaunt werden. James wurde dafür mit einem MTV-Award ausgezeichnet.

Neben den 3D-Druckgrafiken gilt Rizzi auch als Erfinder der 3D-Magnetbilder, von denen ebenfalls Werke in Weilburg gezeigt werden.

James Rizzis Schaffenskraft war unerschöpflich. Sein Gesamtwerk umfasst viele tausend Bilder. Das Gros seiner Werke, wie auch die Original-Ausstattung seines Arbeits- und Lebens-Lofts in Soho, sind heute im Besitz von Art 28 in Tübingen.

“Die größte Kunst ist, ein gutes Herz zu haben”, sagte mir mal mein guter Freund und Geschäftspartner James Rizzi”, erzählt Art 28-Geschäftsführer Bernhard Feil.

Die Ausstellung in Weilburg an der Lahn zeigt in beeindruckender Weise, wie modern, wie zeitgemäß, gar wie sehnsuchtsstiftend (Rückkehr in eine friedvolle Welt) Rizzis “Kunst des guten Herzens” heute auf den Betrachter wirkt.

Weilburger Rosenhang Museum: In der Kunsthalle des Museums findet die Rizzi-Ausstellung statt. © Rosenhang Museum

Damit auch möglichst viele Schüler und Schülerinnen Rizzis Kunst genießen können, gibt Susanne Wegner für Lehrer aus Weilburg und Umgebung Einführungskurse in Leben und Werk des Künstlers. So können sich auch Schulen mit ihren Klassen bestens auf den Besuch dieser Ausstellung vorbereiten.

Neben der Rizzi-Retrospektive sind im umfangreichen Museums-Shop weitere rund 100 Werke des New Yorker Pop-Art-Künstlers zu sehen, die auch gekauft werden können. Und ebenso je zirka 100 Werke von Otmar Alt und Janosch, denen die Nachfolge-Ausstellungen gewidmet sind.

Im Eintrittspreis enthalten ist auch der Besuch des Rosenhang Museums, in dessen Kunsthalle die Sonderausstellungen stattfinden. Dieses 2017 eröffnete Museum des Ehepaars Antje Helbig und Joachim Legner ist ein einzigartiger Erlebnisort für zeitgenössische Kunst. Es präsentiert sich auf seinen etwa 3000 Quadratmetern und auf vier Stockwerken wie eine große Wundertüte der Künste: bunt, faszinierend, anregend, kurzweilig und unterhaltsam.

Das Rosenhang Museum zeigt Kunst für alle und ist in jeder Hinsicht barrierefrei zugänglich, wie auch die Kunst von James Rizzi.

“Amazing”, sagte der große New Yorker Pop-Art-Künstler, mehrmals wiederholend, als er 2008 die große Schau seiner Kunst in der Mainzer Rheingoldhalle eröffnete, die damals 50.000 Besucher in ihren Bann zog.

Mit einem “Amazing” würde er sicherlich jetzt im Frühjahr 2024 auch die Gesamtschau und Vielfalt seiner Werke und der von vielen anderen international bekannten Künstlern im Rosenhang Museum staunend kommentieren. Verstärkt auch durch den Eindruck, den die Stadt Weilburg an der Lahn auf ihn machen würde.

Denn die wirkt selbst wie ein überdimensionales Kunstwerk in 3D: Hoch droben, in der Altstadt, thront das Schloss der Nassauer, wo seit 52 Jahren die berühmten Schlosskonzerte stattfinden. Und zu Füßen des Schlosses liegt, mit strahlend gelber Fassade, das Rosenhang Museum, direkt an der idyllischen Lahn. Kultur in 3D.

Der “Tiefe Stollenl” im Stadt- und Bergwerksmuseum © Stadt- und Bergwerksmuseum Weilburg an der Lahn

Und wem das noch nicht 3D-Beweis genug ist, der begebe sich einmal in das Stadt- und Bergwerksmuseum auf dem Schlossberg. In seinem Inneren taucht man ein in den “Tiefen Stollen”, das ist ein naturgetreu nachgebautes Bergwerk mit betriebsbereiten Maschinen auf einer Länge von 200 Metern! Eine weitere Museums-Attraktion ist bis 21. April 2024 die Sonderausstellung “Mathilde von Canossa”.

Der Gang nach Canossa war für König Heinrich IV. Ende 1076 / Anfang 1077 ein Bitt- und Büßer-Gang, bei dem er sich auf der Burg Canossa Papst Gregor VII. unterwerfen musste. Die hoch angesehene Markgräfin Mathilde gewährte dem Büßer eine Bleibe und vermittelte im Streit.

Trotz aktuellem Canossa-Bezug in diesen Wochen: der Gang oder die Fahrt nach Weilburg wäre für Heinrich IV. ein echtes Kontrastprogramm – wohlerhobenen Hauptes ginge seine Reise heute hin zu Kultur und Natur im Übermaß – und live erlebbar in zwei oder gar drei Dimensionen.

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