Rezension von Dr. Aide Rehbaum

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Jonas Jonasson: Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte

© Sara Arnald

Der Journalist Jonasson hat auch schon in seinen anderen Romanen Absurdität auf die Spitze getrieben. Diesmal nimmt er sich den Kunstbetrieb vor. Aufgehängt an Bildern der tatsächlich existierenden Malerin Irma Stern, die 1894 als Tochter deutsch-jüdischer Einwanderer in Südafrika geboren wurde, greift der Autor den frauenfeindlichen, Empathie freien und rassistischen Protagonisten Viktor heraus, der mit einer Galerie zu Geld kommen will und sich die Gier seiner Umgebung zunutze macht. Hochstapelei, Kunstgeschwafel über Banalitäten, Originalität und Kopie sind die Eckpunkte, um die die Geschichte kreist. Das Ganze ist verpackt in eine Rahmenhandlung, in deren Zentrum der Zusammenprall zweier Kulturen entwickelt wird. Viktor wollte vor Jahren seinen angeblichen unehelichen Sohn Kevin loswerden und setzte ihn kurzerhand in Kenia aus, wo er, statt von Löwen gefressen zu werden, von dem Medizinmann Ole Mbatian, einem Massai, aufgezogen wird.

Der Massai besitzt Bilder der Malerin, die diese vor Jahrzehnten als Dank für eine Behandlung in Kenia zurückgelassen hat. Der zum Krieger erzogene Kevin macht sich mit diesen Bildern im Gepäck nach Schweden auf, um sich an seinem Vater zu rächen. Der Medizinmann, der nie zuvor die Savanne verlassen hat, reist ihm hinterher ins kalte Schweden. Nun entsteht ein Feuerwerk rassistischer Klischees, dass einem informierten Leser die Sinne schwinden. Da wird wirklich jeder schlechte Witz auf Kosten der Afrikaner verarbeitet (Unwissenheit, Rückständigkeit, Kinderreichtum, Triebhaftigkeit, Zahlungsmittel, Bürokratie, Technikbewunderung, Kindlichkeit, Beschneidung). Ein afrikanischer Simplicissimus mit einer gehörigen Portion Mutterwitz stolpert durch die westliche Welt und eckt immer wieder an, unter anderem bei dem kurz vor der Rente stehenden Polizeibeamten Carlander, der die letzten Arbeitswochen aussitzen will, ohne den Finger krumm zu machen.

Auf solche Ideen muss man erst einmal kommen. Die Phantasie des Autors sprudelt in einer Weise, als sei er von jeglichem Diskurs zur aktuellen Debatte kolonialer Sprachüberlieferung völlig unbeleckt. Was der Klappentext des Verlages als frech, verrückt und respektlos komisch bezeichnet, stellt diejenigen bloß, die das Buch zum Bestseller hochjubeln. Traurig genug, dass es anscheinend reicht, vorhandene Vorurteile bis zum Äußersten zu überzeichnen, um unsere Gesellschaft zu amüsieren.

 

C. BERTELSMANN
Der Verlag für Spannung und Unterhaltung, für informative Sachbücher und aktuelles Wissen.

ISBN: 978-3-570-10410-1

Hardcover
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