Hilfe bei Fachleuten zu holen, ist am besten beraten © www.velotraum.de

Wie finde ich heraus, ob ein Rad mir passt? Die Frage ist einfach, die Antwort komplex. Wer sie stellt, ist am besten beraten, Hilfe bei Fachleuten zu suchen, die mit Erfahrung und geübtem Blick schnell helfen können. Eine allgemein gültige Antwort kann auch dieser Artikel nicht liefern. Darum erklärt der pressedienst‐fahrrad ein gutes Dutzend Parameter, die ein Grundverständnis für die oft überfordernden Geometrietabellen von Fahrrädern ermöglichen.

Laufradgröße

Unter der Laufradgröße versteht man den Durchmesser der Felge ohne Reifen. Bei Fahrrädern reichen die Größen von zwölf Zoll bei Kinderrädern bis 29 Zoll bei Mountainbikes. Stadträder und Trekkingbikes haben oft 28‐Zoll‐Räder, manchmal aber auch kleinere Räder. Rennräder haben zumeist 28 Zoll, Mountainbikes 26, 27,5 oder 29 Zoll und Falträder zwischen 16 und 20 Zoll.
„Ein sich hartnäckig haltender Mythos ist der, dass Erwachsene 28er fahren. Zum einen gibt die Laufradgröße eine Mindestrahmengröße vor, sodass etwa mit 28‐Zoll‐Rädern kein ergonomisch sinnvolles Fahrrad für 1,60-Meter-Menschen gebaut werden kann. Zum anderen hat sich mit der wiederentdeckten Laufradgröße 27,5 Zoll eine spannende Alternative für alle Bereiche ergeben“, führt Stefan Stiener von Velotraum aus. Merke: Über die Laufradgröße entscheidet zumeist der Einsatzzweck. Die Körpergröße entscheidet über die Rahmengröße.

Rahmengröße und ihre Messweisen

Einen Anhaltspunkt beim Auswählen eines passenden Fahrrads bietet die Größe des Rahmens, auch Rahmenhöhe genannt. Größenangaben wie S, M, L sind jedoch wenig aufschlussreich, vielmehr sollte man auf die Angaben in Zentimetern achten. Oft werden Rahmengrößen auch in Zoll angegeben (1 Zoll = 2,54 Zentimeter). Die Messweisen der Hersteller unterscheiden sich jedoch erheblich. „Üblicherweise wird die Rahmenhöhe von der Mitte der Kurbelwellenschraube am Sitzrohr entlang bis zu dessen Oberkante gemessen. Mitunter finden sich auch Angaben bis Oberkante Oberrohr oder Sitzrohr nominell“, erklärt Volker Dohrmann vom Hersteller Stevens. „Um es einfacher zu machen, schreiben wir alle diese Angaben in unsere Tabellen.“ Dohrmann rät, immer einen Blick auf die meist neben der Geometrietabelle sichtbare Rahmenskizze zu werfen.
Ein Spezialfall sind sogenannte Unisize‐Rahmen, die man bei Falt‐, Kompakt‐ oder Lastenrädern findet. Hier ist ein besonders großer Verstellbereich für Sattel und Lenker gegeben, was den meisten Menschen zwischen 1,50 und 2 Metern Körpergröße gerecht wird.

Sitzhöhe

Ähnlich wie die Rahmengröße wird die Sitzhöhe gemessen: von der Innenlagermitte entlang des Sitzrohrs bis zur Oberkante des Sattels. Die tatsächliche Sitzhöhe entscheidet darüber, ob man ergonomisch richtig pedaliert. „Sitzt man zu hoch, kippt das Becken beim Treten. Sitzt man zu niedrig, ist die Kraftentfaltung suboptimal und die Belastung der Gelenke hoch“, macht Philipp Martin von Cannondale deutlich und ergänzt: „Wenn man die eigene Sitzhöhe im Kopf hat, kann man sich ganz schnell ein neues oder ein Leihrad passend einstellen“. Leichte Abweichungen von der Sitzhöhe können Schuhe mit dicker Sohle, Pedale, besonders flexible Sättel oder federnde Sattelstützen verursachen.

Rahmenlänge

Die Länge des Rahmens ist ein noch aussagekräftigeres Maß für die Passform als die Rahmengröße. Denn Letztere lässt sich per Sitzhöhe leicht variieren, während die Rahmenlänge nur begrenzt mit längerem Vorbau oder anderer Sattelstütze anpassbar ist. Menschen mit langen Beinen benötigen einen eher kurzen Rahmen und „Sitzriesen“ mit langem Rumpf einen eher langen Rahmen, um dieselbe Sitzposition zu erlangen. Bei der Rahmenlänge finden sich zwei Maße: Das entscheidende Maß ist die effektive Rahmenlänge, auch „Oberrohr horizontal“ genannt. Sie verläuft waagerecht von der Mitte des Steuerrohrs bis zur Mitte der Sattelstütze. Angesetzt wird an der Oberkante des Steuerrohrs. Das zweite Maß ist das Oberrohr selbst, denn bei den meisten Fahrradrahmen fällt das Oberrohr nach hinten mehr oder weniger stark ab. Nur bei klassischen Rädern ist das Oberrohr waagerecht.

Stack und Reach

Diese beiden neutralen Werte zur Größenangabe verdeutlichen, wie viel Platz der Radfahrer tatsächlich im Rahmen hat. Sie bilden einen rechten Winkel: Der Stack wird lotrecht vom Mittelpunkt des Innenlagers und Reach horizontal von der Mitte der Oberkante des Steuerrohrs gemessen. „So erhält man unabhängig vom Sitzwinkel (Reach) und von Laufrädern, Vorbau oder Lenker (Stack) direkt vergleichbare Größenangaben der Rahmen und Aufbauten – weshalb Stack und Reach bei sportlichen Rädern in jüngeren Jahren immer wichtiger wurden, in den Angaben der Hersteller und den Tests der Magazine“, sagt Marc Jersch von Haibike.

Überstandshöhe

Die Überstandshöhe ist eines der Maße am Fahrrad mit direkt einleuchtendem Nutzwert. Je niedriger die Höhe, desto mehr Schrittfreiheit bietet das Rad. Sie wird vom Boden bis zur Oberkante des Oberrohrs in dessen Mitte gemessen – weshalb sie nur beim klassischen „Herrenrad“ zum Tragen kommt, während beim klassischen „Damenrad“ Auf‐ und Absteigen durch das tiefe Oberrohr vereinfacht werden. Im direkten Vergleich von Überstandshöhe und Innenbeinlänge des Fahrers sieht man, ob man einfach über dem Rad stehen kann. Nötig wird das, wenn man beim Anhalten absteigt, oder in einer Gefahrensituation aus dem Sattel springen muss.

Sattelüberhöhung

Eine Sattelüberhöhung findet man bei den meisten Sporträdern – sie gibt den Höhenunterschied zwischen Sattel und Lenker an. Je größer die Sattelüberhöhung, desto tiefer ist der Lenker und damit athletischer die Haltung auf dem Rad. Ihr Gegenteil ist die Lenkerüberhöhung, die sich an komfortableren Rädern findet, da sie den Oberkörper in einer sehr aufrechte Position bringt.

Sitzdreieck, Sitzposition und Typenkunde

Das Sitzdreieck am Fahrrad beschreibt das Verhältnis der drei Kontaktpunkte Fahrer/Fahrrad zueinander: Lenker, Sattel, Pedale. „Die Ausrichtung dieses Dreiecks ist ein deutliches Merkmal verschiedener Radtypen“, erklärt Daniel Gareus vom fränkischen Importeur Cosmic Sports. „Beim Triathlon‐ oder Zeitfahrrennrad etwa ist das Dreieck sehr weit nach vorn gedreht: Der Sattel steht direkt über der Kurbel und der Lenker mitunter auf halber Höhe ihres Abstands. Die Folge ist eine athletisch‐aerodynamische Sitzposition mit so gut wie waagerechtem Rücken.“ Beim Cruiser indes ist das Dreieck weit nach hinten gedreht: „Der Lenker ist viel höher als der Sattel und die Kurbel steht sehr weit vorn, fast unter dem Lenker“, so Gareus weiter. Aus dem Sitzdreieck wird u. a. die Gewichtsverteilung auf dem Rad deutlich: Während beim Hollandrad bei sehr aufrechter Sitzposition nahezu das gesamte Gewicht auf dem Sattel liegt, ist es beim Rennrad viel gleichmäßiger auf alle drei Kontaktpunkte verteilt. Das Sitzdreieck wird entscheidend vom Rahmen vorgegeben und lässt sich in geringem Maße durch Komponenten verändern: ein höherer Lenker etwa oder eine gekröpfte Sattelstütze können helfen, das Sitzdreieck anzupassen. „Aber alle Lenkerformen der Welt können aus einem Cruiser kein Rennrad machen und aus einem Mountainbike kein Hollandrad“, so Gareus.

Sitzwinkel

Der Sitzwinkel ist ein Wert aus dem Sitzdreieck, angegeben wird der Winkel der Sitzhöhe zur Horizontalen. Je flacher der Sitzwinkel, desto weiter hinter dem Tretlager sitzt der Radfahrer und desto mehr Gewicht verteilt sich auf das Hinterrad. Flache Sitzwinkel finden sich an Hollandrad und Cruiser. Je steiler der Winkel, desto weiter befindet sich der Sattel über dem Tretlager, desto mehr Körpergewicht setzt man zum Pedalieren ein. Man findet den steilen Winkel an Zeitfahrrädern und moderner MTB‐Geometrie, wo er die mittige Position auf dem Rad begünstigt und Traktion beim Klettern liefert. „Den Sitzwinkel kann man selbst in gewissen Grenzen beeinflussen, indem man den Sattel in der Klemmung der Sattelstütze verschiebt, oder zwischen gekröpfter und gerader Sattelstütze wechselt. So lässt sich die Ergonomie des Pedalierens an die individuelle Länge der Oberschenkel anpassen“, wie Stefan Stiener erklärt.

Radstand

Der Abstand der beiden Radachsen gibt Auskunft über Laufruhe oder Agilität eines Rades. Je länger der Radstand, desto ruhiger und möglicherweise auch behäbiger fährt das Rad und desto höher ist die Traktion. Je kürzer der Radstand, desto agiler, verspielter und auch nervöser ist die Fahrdynamik.

Hinterbaulänge

Gewissermaßen der hintere Teil des Radstandes, misst man die Hinterbaulänge vom Innenlager zur hinteren Achse. „Bei der Konstruktion sportlicher Räder wird oft auf möglichst kurze Hinterbauten geachtet, damit das Rad sich wendig anfühlt“, sagt Anja Knaus vom E‐Bike-Bauer Flyer. Da dies besonders in steilen Anstiegen zulasten der Traktion geht, finden sich mittlerweile auch Mountainbikes mit etwas längeren Hinterbauten.

Vorbaulänge und Lenkerbreite

Die Abmessungen der Komponenten vor dem Rahmen beeinflussen natürlich die Sitzgeometrie entscheidend. Dabei sind nicht nur die Länge und der Winkel des Vorbaus zu nennen. „Auch die Lenkerform macht viel aus“, schildert Markus Riese von Riese & Müller: „Während sich an Stadträdern nicht selten nach hinten gekröpfte Lenker finden, baut der Rennlenker noch einmal bis zu zehn Zentimeter über den Vorbau hinaus.“ Beim Mountainbike ist seit einigen Jahren der Trend zu kürzeren Vorbauten und breiteren Lenkern zu beobachten, was eine deutlich höhere Kontrolle über das Vorderrad bietet.

Innenlagerhöhe (auch: Tretlagerhöhe)

Die Höhe des Innenlagers über dem Boden beeinflusst die Fahrdynamik eines Fahrrads entscheidend. „Je tiefer das Lager, desto besser ist das Handling des Rads“, verallgemeinert Philipp Martin. Allerdings muss sich das Fahrrad auch in Kurven noch pedalieren lassen, ohne dass man mit den Pedalen aufsetzt. Martin ergänzt: „Bei gefederten Geländefahrrädern senkt sich das Tretlager durch das Einfedern sogar noch weiter ab.“ Da man aber gerade in unebenem Gelände nicht mit den Pedalen hängenbleiben will, wird das Innenlager eines MTBs immer höher liegen als das eines Rennrades. Da die Innenlagerhöhe auch direkt von der Laufrad‐ und Reifendimension abhängt, ist auf den Wert der Innenlagerabsenkung (oft engl. „BB drop“) zu achten, der den vertikalen Abstand zwischen Innenlagermitte und der die Achsen verbindenden Waagerechten angibt.

Viele Wege können zum richtigen Rad führen

Fahrradgeometrie und -Ergonomie ist ein diffiziles Zusammenspiel vieler Faktoren. Die Balance aus den verschiedenen Aspekten macht ein gutes und passendes Fahrrad aus. Die meisten Menschen kommen gut mit Rädern „von der Stange“ klar. Andere sind sensibler und müssen viele Einstellungen ändern, bis das Rad passt. Gute Fachhändler beraten ihre Kunden, bis der richtige Sattel, Griff oder Vorbau gefunden ist. „Je mehr Zeit man im Sattel verbringt, desto deutlicher wird, ob ein Rad passt“, beschreibt Stefan Stiener. „Vielfahrer wie Radsportler und Radreisende können sich darum beim Fachhändler vermessen lassen – anhand der Länge von Torso, Schritt und Armen erkennt man schon Besonderheiten. Für die ergonomisch sinnvolle Konfiguration eines Fahrrads haben wir unsere Velotraum‐Messmaschine entwickelt, mit der unsere Händler den Kunden in Bewegung sehen, dieser direkt Feedback geben kann und wir seine subjektiven Bedürfnisse bedienen können.“
Zu guter Letzt haben Menschen mit extremen Bedürfnissen, sehr konkreten Vorstellungen und Exklusivitätswunsch auch noch die Möglichkeit, sich einen Rahmen auf Maß schneidern zu lassen.

Quelle: www.pd-f.de

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