Sechs Fragen zum Ausbruch der geährlichen Infektion an den Arbovirologen Jonas Schmidt-Chanasit.

Die jüngsten Meldungen aus Lateinamerika über das Zika-Virus sind alarmierend. Ist die Empfehlung El Salvadors, mit dem Kinderkriegen bis 2018 zu warten, ernst gemeint oder ein Akt der Hilflosigkeit?

Nein, das ist kein Akt der Hilflosigkeit, sondern zum jetzigen Zeitpunkt eine richtige Empfehlung. Man muss abwarten, bis der Gipfel der Epidemie überschritten ist und Herdenimmunität, also die Immunität gegen das Virus, so verbreitet ist, dass auch nicht-immune Menschen geschützt sind, weil der Erreger sich nicht ausbreiten kann. Dann gibt es nur noch wenige Neuinfektionen und der Infektionsdruck ist somit geringer als jetzt. In den Gebieten, wo das Virus momentan sehr viele Infektionen hervorruft, wird deshalb die Zahl der Neuinfektionen in einigen Monaten sehr stark zurückgehen.

Sind die Gesundheitssysteme in Lateinamerika in der Lage, die Ausbreitung des Virus zu verhindern?

Das ist natürlich von Land zu Land verschieden, aber die vorhandenen Systeme sind sicherlich nicht in der Lage, die generelle Ausbreitung zu verhindern. In einigen Gebieten kann unter Einsatz von vielen Ressourcen (Geld, Soldaten) die Ausbreitung verlangsamt und der Infektionsdruck vermindert werden. Wo dies nicht geschieht, wird ein Großteil der Bevölkerung die Infektion durchmachen und somit steigt dann auch das Risiko für Schwangere in diesen Gebieten, sich mit dem Virus zu infizieren.

In einigen Gebieten kann unter Einsatz von vielen Ressourcen (Geld, Soldaten) die Ausbreitung verlangsamt und der Infektionsdruck vermindert werden.

Wie sinnvoll ist die Maßnahme Brasiliens, die Mücke, die das Virus überträgt, durch das Militär flächendeckend ausrotten zu lassen?

Diese Maßnahme ist sinnvoll, um die Ausbreitung zu verlangsamen und den Infektionsdruck in bestimmten Metropolen (Rio de Janeiro, São Paulo) niedrig zu halten. Das wäre als generelle Maßnahme für alle Länder geeignet und auch durchführbar. Allein mit diesen Maßnahmen wird man jedoch die Stechmücke nicht vollständig ausrotten können.

Sind die Olympischen Spiele in Rio im Sommer gefährdet?

Nein, die Spiele sind nicht gefährdet. Das Auswärtige Amt finanziert in Rio de Janeiro mit über 400 000 Euro ein Überwachungsprogramm, das Biosicherheitsprogramm der Bundesregierung, um die deutschen Athleten und Besucher vor diesen Infektionen zu schützen. Außerdem ist ja dann Winter in Rio de Janeiro und es gibt weniger Stechmücken.

Es sind schon Fälle in Europa gemeldet worden. Was wird von den Gesundheitsbehörden getan, um eine Epidemie wie bei Ebola 2015 zu vermeiden?

In Deutschland gibt es sehr gute Überwachungsprogramme für invasive Stechmückenarten, die durch das Landwirtschaftsministerium und das Umweltbundesamt mit mehreren Millionen Euro jährlich finanziert werden. Dadurch hat man die Situation gut im Griff. Infektionen werden schnell diagnostiziert und die Überträgermücken werden bekämpft.

Die Weltgesundheitsorganisation hat nun den weltweiten Gesundheitsnotstand verhängt. Was bedeutet das?

Die WHO kann jetzt auch nicht-betroffene Länder dazu aufrufen, Maßnahmen zu ergreifen, um die weitere Verbreitung des Virus zu verhindern. Dazu gehören insbesondere die Bekämpfung von Stechmücken und die Entwicklung von Impfstoffen.

ipg-logo-Kopie1-150x92schmidt-chanasitProf. Dr. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit ist Leiter der Virusdiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg.

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