Paestum – eine Zeitreise in die Antike
Von Stefan Unkelbach
Die Stadt Paestum liegt in der süditalienischen Region Kampanien, etwa 50 km südlich von Salerno. Seit 1998 gehört Paestum zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die antike Stadt an der Tyrrhenischen Küste gehörte einst zu den wichtigsten Zentren der Magna Graecia, also zu dem Gebiet Süditaliens, dass seit ca. 800 v.Chr. von Griechenland aus kolonialisiert wurde.

Paestum wurde um 600 v.Chr. von griechischen Siedlern aus Sybaris gegründet und bekam zu Ehren des griechischen Meeresgottes den Namen „Poseidonia“. Die Lage in unmittelbarer Nähe zum Meer, zum Fluß Sele und das sehr fruchtbare Hinterland, eingerahmt vom Cilento-Gebirge, sprach für einen guten Ort der Kultivierung von fruchtbarem Boden bei gleichzeitig günstigen Bedingungen für einen Handelsstützpunkt. Die fruchtbare Landschaft und umfangreicher Handel führten innerhalb weniger Generationen zu Wohlstand, der sich im fünften und sechsten Jahrhundert v.Chr. auch im Bau großer Tempel, deren Ruinen bis heute erhalten sind, ausdrückte. Um 400 v.Chr. wurde die Stadt von den Lukanern besetzt. Die Lukaner waren ein italisches Volk deren Hauptsiedlungsgebiete sich im Gebiet der heutigen Basilikata befand. In der lukanischen Zeit erlebte Poseidonia die Blütezeit und auch die größte territoriale Ausdehnung.
Zu dieser Zeit kam es zur Verschmelzung der von der Heimat Griechenland abgeschnittenen Kolonistenkultur mit einheimischen Kulturformen. 274 v.Chr. wurde die Stadt im Zuge der Eroberung Kampaniens durch die Römer unter dem Namen Paestum zur latinischen Colonia. In der römischen Kaiserzeit verlor Paestum an Bedeutung und Wohlstand. Um 500 n.Chr. versandete das Gelände, die Malaria breitete sich aus und immer mehr Bewohner verließen den Ort. Sarazenen und Normannen plünderten und zerstörten den Rest der Stadt zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert. Im Laufe der Jahrhunderte verwandelte sich das Tempelgelände in eine Art Urwald, die Stadt wurde vergessen.

In der Renaissancezeit zitierten verschiedene Schriftsteller und Dichter Paestum, vor allem aus Zitaten von Vergil und Ovid, kannten aber nicht den genauen Standort der Stadt. Um die Mitte des 17.Jahrhunderts wurde eine Straße gebaut, die das Amphitheater in zwei Teile schnitt. Eine erste frühe karthographische Erfassung der Ruinen erfolgte 1732. Die ersten Drucke mit Darstellungen der Tempel wurden um 1752 hergestellt und veröffentlicht, etwa gleichzeitig mit der Wiederentdeckung von Pompeji und Herculaneum. Eine Expedition in die damals noch verwunschene Sumpflandschaft stand bald schon auf dem Programm der kunstbeflissenen Bildungsreisenden auf der sogenannten Grand Tour. Johann Wolfgang von Goethe besuchte die Ruine im Rahmen seiner Italienreise im Jahr 1787.
Die drei dorischen Tempel

Betritt man die archäologische Zone, ist der Anblick der drei großen erhaltenen Tempel überwältigend. Alle drei, obwohl unterschiedlich von Größe und Ausmaß, strahlen eine ungeheure Wucht, Mächtigkeit und Harmonie aus. An der linken Seite befindet sich der Heratempel, die sogenannte „Basilica“. Dieser älteste der Tempelbauten geht auf die Mitte des 6.Jahrhunderts v.Chr. zurück und ist ein Musterbeispiel für die archaische Baukunst. Neun Säulen an der Front und 18 Säulen an der Längsseite zeugen davon. In der Mitte befindet sich der sogenannte „Poseidontempel“ oder römisch auch „Neptuntempel“ genannt. Er ist der Jüngste von den noch erhaltenen Tempeln Paestums und war aber nicht dem Meeresgott sondern der Stadtgöttin Hera geweiht. Der 24 x 60m messende Tempel ist einer der perfektesten Beispiele dorischer Tempel in der Magna Graecia. Er verfügt über sechs dorische sich nach oben etwas verjüngende Säulen an der Front und jeweils vierzehn an den Längsseiten. Das sehr hoch angebrachte Gebälk unterstreicht den monumentalen Eindruck. Wie bei vielen antiken Tempeln wurde auch hier (mathematisch und in der handwerklichen Umsetzung sehr anspruchsvoll) im Bereich der Waagerechten eine Kurvatur eingeführt um den optischen Gesamteindruck zu verbessern.
Der dritte der Tempel ist der „Athene“- oder auch „Cerestempel genannte. Er ist der kleinste der drei Tempel, wurde im späten 6.Jahrhundert v.Chr. erbaut und besteht aus sechs Vorder- und Hintersäulen sowie dreizehn an den Längsseiten. Aussergewöhnlich ist sein hoher Giebel, der eigentlich so nicht zur dorischen Architektur gehört. Ausserhalb des Tempelbezirks befinden sich noch Reste von kleineren Heiligtümern. Die um die Stadt führende Befestigungsmauer ist fast vollständig erhalten. Die eigentlichen Wohnviertel sind noch nicht ausgegraben und zum Teil sind Fundamente und schöne Mosaikböden sichtbar.

Das Archäologische Nationalmuseum von Paestum
Unbedingt empfehlenswert ist ein Besuch des „Museo Archeologico Nazionale di Paestum“ das unmittelbar an der archäologischen Zone gelegen ist. Dort sind prachtvolle attische und unteritalienische Vasen, wunderschöne Bronzeobjekte etc. zu sehen, die als Grabbeilagen in der zur Stadt gehörigen Nekropole gefunden wurden. Weltberühmt ist das „Grab des Tauchers“, ein Grab, das aus 5 großen Steinplatten besteht, die mit Fresken bemalt sind. Zu sehen sind auf den vier Einfassungsplatten ein sogenanntes „Symposium“, ein Trinkgelage und auf der das Grab abschliessenden Deckelplatte das berühmte Bild des Tauchers, der von einer Säüle springend in das Wasser des Jenseits eindringt. Einige andere Plattengräber sind mit kriegerischen und mythischen Motiven bemalt, deren Qualität einzigartig ist. Dadurch dass die Gräber für immer als verschlossen galten, sprechen hier viele Wissenschaftler von „Malerei für die Ewigkeit“.
HIER GEHTS ZUR FOTOSTRECKE PAESTUM:
Zu Erreichen ist Paestum:
– nächstgelegener internationale Flughafen ist der Flughafen Neapel
– mit der Bahn ab Neapel Hauptbahnhof mit dem Regionalzug der Trenitalia innerhalb
von 1h20min ohne Umsteigen, Paestum Stazione. Von dort führt ein Fußweg in 10 min zum Gelände
– Ab Salerno mit dem Bus der Linie 34 der CSTP
– Mit dem Auto von der Autobahn A2 (Salerno-Reggio di Calabria) ab der Ausfahrt Battaglia die südwärts führende SS18 fahren.
Eintrittspreise:
Erwachsene Dez. – Febr. 6,- €
März-November 12,- €
Museum ist inkludiert
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