Reise: Die Kathedrale von Genua: San Lorenzo
von Sepp Spiegl

Über dem historischen Zentrum der Stadt Genua erheben sich die türkisfarbenen Dächer der Kuppel und des Glockenturms der Kathedrale San Lorenzo. Der riesige Glockenturm überragt die Häuser der Altstadt mit 60 Metern und ist einer der höchsten Türme in der Region Ligurien. Charakteristisch für die Kathedrale San Lorenzo ist die Musterung der Fassade in schwarz-weißem Carrara Marmor. Die Kathedrale San Lorenzo (Kathedrale Sankt Laurentius) ist die Kathedralkirche des Erzbistums Genua und befindet sich im historischen Teil der Stadt in der Nähe zum Porto Antico, dem Touristenhafen von Genua. Sie wurde 1118 von Papst Gelasius II. geweiht. Mit dem Bau der mittelalterlichen Kirche wurde um 1100 begonnen. Fertiggestellt wurde sie jedoch erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Wegen dieser epochenübergreifenden Konstruktionsgeschichte weist die Kathedrale sowohl Merkmale der romanischen wie auch der gotischen Baukunst auf. Die Kathedrale ist dem heiligen Laurentius (San Lorenzo) geweiht, einem der wichtigsten Märtyrer der römisch-katholischen Kirche.
Beginn und Bauzeit

Während Ausgrabungsarbeiten entdeckte man Mauern und Böden aus römischer Zeit. Dies ließ darauf schließen, dass die Kirche bereits aus der Zeit des 5. – 6. Jahrhunderts stammt. Der Baubeginn der Kathedrale datiert auf das 12. Jahrhundert, genauer um das Jahr 1118, als der römische Papst Gelasius II. der bereits bestehenden Kirche den Status einer Kathedrale verlieh. Zuvor stand hier bereits eine frühchristliche Basilika. Der eigentliche Bau der heutigen Kathedrale begann jedoch erst um 1155 und zog sich über mehrere Jahrhunderte hinweg. Die Fertigstellung erfolgte formal im 17. Jahrhundert, wobei auch danach noch Ergänzungen und Restaurierungen stattfanden. Besonders die Kuppel wurde erst im Jahr 1557 vollendet, und einige Innenausstattungen stammen sogar aus dem Barock. Die Fassade fand ihre Vollendung zur Zeit der Gotik zwischen 1307 und 1312. Sie gilt als besonderes Merkmal der Kathedrale San Lorenzo. Hiernach begann der Bau der Glockentürme, jedoch wurde von den zwei geplanten Türmen nur einer fertiggestellt. Beeindruckend ist die Lünette über dem Hauptportal, verziert mit einem Relief, das Christus mit dem heiligen Lorenzo darstellt.
Als Bauherren fungierten sowohl der Erzbischof von Genua als auch der Staat Genua, der im Mittelalter eine mächtige Seerepublik war. Auch wohlhabende Bürgerfamilien wie die Doria, Grimaldi und Fieschi leisteten bedeutende Beiträge zur Ausstattung.
Architektur und Baumaterial
Stil und Materialien

Das Äußere der Kathedrale zeigt gotische Portale, die Ausdruck der Handwerkskunst französischer Künstler sind, und hat eine klassische, schwarz-weiß gestreifte Fassade, eines der Symbole des mittelalterlichen Adels. Der gestreifte Marmor stammt vorwiegend aus Carrara und Lavagna. Im zentralen Portal sind Flach- und Hochreliefs zu bewundern, die den richtenden Christus, umgeben von den Symbolen der Evangelisten und dem Martyrium des Heiligen Laurentius, darstellen. In den Türpfosten befinden sich der Jessebaum, die weibliche Genealogie des Christentums und viele andere Darstellungen, von der Flucht nach Ägypten bis zur Verkündigung. Die Kathedrale ist etwa 85 Meter lang und das Mittelschiff erreicht eine Höhe von rund 27 Metern. Die Kuppel erhebt sich auf über 40 Meter.
Fassade und Innenraum

Wenn du die Kathedrale San Lorenzo in Genua betrittst, eröffnet sich dir ein eindrucksvoller Innenraum, der sowohl in architektonischer Raffinesse als auch in künstlerischer Ausschmückung tief beeindruckt. Du trittst durch eines der drei prachtvollen romanischen Portale ein, unter den kunstvoll gestalteten Löwenstatuen am Hauptportal. Sobald du durch das massive Portal gehst, umfängt dich eine feierliche, gedämpfte Atmosphäre, geprägt vom Lichtspiel bunter Fenster und der Erhabenheit der gewaltigen Raumstruktur.
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Der Innenraum ist eine klassische Basilika mit einem hohen Mittelschiff und zwei niedrigeren Seitenschiffen, getrennt durch massive Säulenarkaden. Die Proportionen sind gewaltig: Das Mittelschiff strebt hoch empor, betont durch spitzbogige Arkaden und darüber liegende Emporen.
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Säulen: Die Säulen bestehen aus poliertem, oft abwechselnd schwarz-weiß gestreiftem Marmor – ein charakteristisches Stilelement ligurischer Sakralarchitektur.
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Decke: Das Gewölbe ist reich bemalt und vergoldet – barock überformt, trotz des romanisch-gotischen Grundbaus. Malereien zeigen biblische Szenen, Engelsfiguren und florale Ornamente. Die Kassettendecke im Vierungsbereich ist besonders kunstvoll gestaltet. Das Licht fällt durch farbenprächtige Glasfenster in den Chorraum und die Apsis. Der Gesamteindruck ist eher gedämpft und mystisch, unterstützt durch die Lichtverhältnisse – ein Wechselspiel aus Hell und Dunkel, das die spirituelle Wirkung des Raums verstärkt.
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Einige Seitenkapellen werden von Kerzen beleuchtet, was einen intimen, fast zeitlosen Eindruck schafft.
Achte auch auf die fein gearbeiteten Kapitelle der Säulen, die teils pflanzliche, teils figürliche Motive zeigen. Einige tragen biblische Szenen oder groteske Fratzen – typisch für die Übergangszeit zwischen Romanik und Gotik. Die Böden sind mit aufwändigen Marmormosaiken belegt – teils mit geometrischen Mustern, teils mit symbolischen Darstellungen.
Ausstattung und Kunstwerke

Der barocke Hochaltar stammt aus dem 17. Jahrhundert und ist mit Silberarbeiten und einem imposanten Baldachin versehen. Er birgt auch eine Reliquie des Heiligen Laurentius. Darüber schwebt ein imposantes Kuppelfresko mit einer Darstellung der Himmelfahrt Mariens oder anderer zentraler christlicher Motive, je nach Perspektive des Betrachters.
Aus der Zeit zwischen dem 14. und 15. Jahrhundert stammt die berühmte Kapelle des Hl. Johannes des Täufers, die im linken Seitenschiff errichtet wurde, um die sterblichen Überreste des Schutzpatrons der Stadt zu beherbergen, der am Ende des ersten Kreuzzuges nach Genua kam. Besonders bekannt ist die Chapel of St. John the Baptist (Cappella di San Giovanni Battista), in der angeblich die Reliquien des Heiligen aufbewahrt werden – in einem aufwändig geschmückten Reliquiar.
Orgel
Die Geschichte der Orgeln reicht zurück bis in das Jahr 1391. Im Laufe der Zeit gab es verschiedene Orgeln. Die heutige Orgel wurde 1932 in Auftrag gegeben und 1936 fertiggestellt, wobei das vorhandene Material der damals bereits vorhandenen Orgeln wiederverwendet wurde. Das Instrument wurde in den Jahren 2002 bis 2003 umfassend restauriert und erweitert. Das Instrument hat 70 klingende Register (und drei transmittierte Register im Pedal) und ein Effektregister auf vier Manualen und Pedal. Die Trakturen sind elektrisch.
Gemälde und Fresken

Die Kathedrale beherbergt Werke namhafter Künstler:
- Unbekannter byzantinischer Maler (um 1300): Fresken am inneren Bogen des Hauptportals (Christus mit den Aposteln beim Abendmahl) und an der Innenseite des linken Kirchenschiffs (Sankt Peter und Sankt Georg)
- Luca Cambiaso: Fresko „Die Himmelfahrt“ am Kapellengewölbe des linken Seitenschiffs
- Federico Barocci: Kruzifix mit Heiligen (Sankt Sebastian), 1596
- Giovanni Andrea Ansaldo: Ante der Orgelkonstruktion mit Episoden aus dem Leben Sankt Laurentius’
- Lazzaro Tavarone: Gewölbe des Presbyteriums (Richtung und Martyrium des Sankt Laurentius)
- Lazzaro Tavarone: Fresko aus dem abgerissenen Krankenhaus Pammatone an der Mauer des rechten Seitenschiffs
- Gaetano Previati (circa 1914): Die Heilige Jungfrau
Skulpturen
- romanische Skulpturen mit erkennbarem Comoer Einfluss, Außenseite Portal San Giovanni, 11. Jahrhundert
- romanische Skulpturen mit erkennbarem Pisaer Einfluss, Außenseite Portal San Gottardo, 12. Jahrhundert
- gotische Skulpturen in den Hauptportalen, Christus mit Sankt Laurentius und Jessebaum in den Torpfosten
- Statuen in der San Giovanni Kapelle, Werke von Domenico Gagini und Matteo Civitali
- Giacomo und Guglielmo della Porta, Kapelle Giuliano Cybo
- Büste des Gottes Janus im Mittelschiff mit darunter angebrachter Inschrift „Jan(us) p(ri)m(us) rex Italie de p(ro)genie gigantiu(m) q(ui) fu(n)davit Jan(uam) t(em)p(o)r(e) Abrahe“ („Janus, erster König
Kapelle des Hl. Johannes des Täufers: Die Kuppel der Kapelle mit den Medaillons der Evangelisten. ©seppspiegl Italiens, aus der Nachkommenschaft der Giganten, der Janua (= Genua) zur Zeit Abrahams gründete“).
Zerstörung und Wiederaufbau
Im Laufe ihrer Geschichte wurde die Kathedrale mehrfach beschädigt – etwa durch Brände, Erdbeben und Kriegseinwirkungen. Am bekanntesten ist der Einschlag einer britischen Granate im Jahr 1941, die jedoch nicht explodierte und heute als Mahnmal im Seitenschiff ausgestellt ist. Nach jeder Beschädigung wurde die Kathedrale sorgfältig restauriert, zuletzt umfassend im 20. Jahrhundert, wobei man sich bemühte, den ursprünglichen Charakter zu bewahren.
Sehenswürdigkeit und Bedeutung

Die Kathedrale San Lorenzo ist eine der größten Sehenswürdigkeiten Genuas und zieht jährlich Tausende von Besuchern an. Neben ihrer religiösen Funktion ist sie auch ein Kunst- und Kulturdenkmal ersten Ranges. Im Inneren der Krypta mit ihren mittelalterlichen Gewölben kann man das Museum des Schatzes von San Lorenzo besichtigen: eine Fundgrube voller Kunstwerke, Reliquien aus Gold und Silber aus dem Mittelalter, der Renaissance und dem Barock. Zu den ikonischsten Stücken gehört die Heilige Schale, ein geheimnisumwittertes Objekt, das die Tradition mit dem Heiligen Gral assoziiert, dem Kelch, den Jesus beim letzten Abendmahl benutzte.
Die Kathedrale San Lorenzo in Genua ist ein faszinierendes Bauwerk mit einer reichen Geschichte, vielfältigen Kunstwerken und bedeutender religiöser und kultureller Symbolkraft. Wer Genua besucht, sollte sich diese Meisterleistung aus Stein, Farbe und Glauben keinesfalls entgehen lassen.
Öffnungszeiten: Die Kathedrale San Lorenzo in Genua ist täglich von 8 bis 12 Uhr und von 15 bis 19 Uhr geöffnet. Das Museo del Tesoro di San Lorenzo ist montags, mittwochs, donnerstags, freitags und samstags von 9 bis 12 Uhr und von 15 bis 18 Uhr sowie sonntags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Dienstag ist Ruhetag. Das Diözesanmuseum hat folgende Öffnungszeiten: montags von 10 bis 13 Uhr, donnerstags, freitags und samstags von 14.30 bis 18 Uhr, dienstags, mittwochs und sonntags geschlossen. Angaben ohne Gewähr, bitte informieren Sie sich online oder vor Ort über die aktuellen Preise und Öffnungszeiten.
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