„Monster“ Sozialstaat zähmen
von Dieter Weirich

Konrad Adenauer, der erste Kanzler der jungen Bundesrepublik, war als freiheitlicher Visionär Europäer und Transatlantiker zugleich, die demographische Krise hat er freilich nicht vorausgesehen.“Kinder bekommen die Leute immer“ soll er gesagt haben. Inzwischen ist der demographische Wandel das zentrale Problem der Bundesregierung , die Republik vergreist immer stärker, von 84 Millionen Einwohnern beziehen 21 Millionen eine Altersrente. Es droht der Kollaps der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Zähmung des „Monsters Sozialstaat“ ist eine Aufgabe von besonderer Priorität. Bundeskanzler Friedrich Merz will den „Sozialstaat wieder vom Kopf auf die Füße stellen“, vielversprechende Reformansätze ist die schwarz-rote Koalition aber bisher schuldig geblieben. An die bei den Deutschen unbeliebte Verlängerung der Lebensarbeitszeit wagt man sich nicht ran, stattdessen soll es mehr Flexibiliät beim Übergang vom Beruf in die Rente geben. Wer freiwillig weiterarbeitet, soll Anreize erhalten, indem beim Verdienst bis zu 2 000 Euro monatlich steuerfrei gestellt werden kann.
Die Deutschen verzehren ihren Wohlstand durch Rente, Militär und Pflege, deren Defizite angesichts von fünfeinhalb Millionen pflegebedürftiger Menschen schon über dreieinhalb Milliarden Euro betragen. Die in der schwarz-roten Koalition vereinbarte Renten-Garantie von 48 Prozent bis 2031 und die teure Mütter-Rente, das Leib-und Magenprojekt der CSU, überfordern die öffentlichen Kassen. Mehr als ein Drittel des Bundeshaushaltes müssen für diese Zwecke aufgewendet werden. Erforderlich wären aber für einen wettbewerbsfähigen Industriestaat stattdessen mehr Investitionen in Bildung und Forschung, Klima und Artenschutz , Digitalisierung und Infrastruktur.
Man fragt sich , warum der Klimawandel so viele junge Menschen auf die Straße treibt, die Sorge um das Siechtum des Generationenvertrages aber nicht. Die vor Zumutungen an den Wahlbürger zurückschreckende Politik muss sich zudem noch mit fragwürdigen Beratungs-Ergebnissen beschäftigen. So hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung jetzt einen Kraftakt der Umverteilung vorgeschlagen. Reiche Rentner sollen für ärmere zur Kasse gebeten werden, einen „Boomer-Soli“, um den Ansturm neuer Rentner-Generationen zu finanzieren.
Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als „liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.
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