Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil vom 27.11.2025

Unfall­ver­si­cherung muss Rente zahlen

Chronisches Fatigue-Syndrom infolge einer Berufskrankheit muss entschädigt werden

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Wer aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit an einem Virus erkrankt – hier einer Infektion mit Ringelröteln – und infolge dieser Erkrankung ein Chronisches Fatigue-Syndrom (CFS) ausbildet, ist hierfür durch die für ihn zuständige gesetzliche Unfall­ver­si­cherung (Berufs­ge­nos­sen­schaft) zu entschädigen. Dies hat das Landes­so­zi­al­gericht Berlin-Brandenburg entschieden.

Die im Jahr 1969 geborene Klägerin war als Erzieherin in einer Grundschule im östlichen Berliner Umland tätig. Dort erkrankten im Januar 2012 sechs Kinder an Ringelröteln. Kurz darauf musste sich die Erzieherin unter anderem wegen Schwellungen und Schmerzen an ihren Gelenken in stationäre ärztliche Behandlung begeben. Labor­dia­gno­stisch konnte ein Parvovirus B19 gesichert werden, der als Auslöser der sogenannten Ringelröteln gilt. Im Jahr 2014 erkannte die Berufs­ge­nos­sen­schaft die von der Erzieherin durchgemachte Infektion im Grundsatz als Berufskrankheit Nr. 3101 an. Zugleich lehnte sie es allerdings ab, eine starke körperliche und geistige Erschöpfung, unter der die Klägerin nach der Infektion litt, auf die Ringelröteln zurückzuführen und zu entschädigen.

CFS als Folge der Berufskrankheit

Die Erzieherin klagte erfolgreich vor dem Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder). Dieses stellte nicht nur das CFS als Folge der Berufskrankheit fest, sondern verurteilte die Berufs­ge­nos­sen­schaft unter anderem auch zur Zahlung einer Rente wegen einer Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit (MdE) von zeitlich gestaffelt 60 bzw. 80 Prozent. Hiergegen legte wiederum die Berufs­ge­nos­sen­schaft Berufung vor dem LSG ein.

Landes­so­zi­al­gericht bestätigt die Feststellung des CFS als Folge der Virusinfektion

Der 3. Senat des LSG hat mit seinem Urteil vom 27. November 2025 die Feststellung des CFS als Folge der Virusinfektion bestätigt, die Höhe der der Klägerin zu zahlenden Rente aber auf 40 Prozent herabgesetzt. Mehrere im Verlauf des Verfahrens eingeholte ärztliche Sachver­stän­di­gen­gut­achten hätten den nicht bloß zeitlichen Zusammenhang zwischen der Infektion mit Ringelröteln und der Entwicklung eines CFS bei der Klägerin überzeugend dargelegt. Im Hinblick auf die Bemessung der Höhe der MdE bestünden beim CFS indes keine qualifizierten unfall­me­di­zi­nischen Erfahrungssätze. Berück­sich­tigung finden könne hier die „Begut­ach­tungs­emp­fehlung Post COVID“ der Deutschen Gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung, nach der eine stärker ausgeprägte Fatigue-Symptomatik generell mit einer MdE von 30 Prozent zu bewerten sei. Treten weitere Symptome hinzu, könne dieser Wert erhöht werden. In Anbetracht der bei der Klägerin virusbedingt bestehenden chronischen Muskel- und Gelenkschmerzen sei es hier gerechtfertigt, der Rente eine MdE von insgesamt 40 Prozent zugrunde zu legen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin und die Beklagte können beim Bundes­so­zi­al­gericht die Zulassung der Revision beantragen.

Quelle: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, ra-online (pm/pt)