Deutsche Redewendung: „Jemandem auf den Busch klopfen“
von Sepp Spiegl
Eine deutsche Redewendung unter der Lupe

Die deutsche Sprache ist reich an Redewendungen, die auf den ersten Blick oft skurril erscheinen, aber bei näherer Betrachtung interessante Einblicke in kulturelle Eigenheiten und historische Zusammenhänge bieten. Eine dieser Redewendungen ist „jemandem auf den Busch klopfen“. Was bedeutet diese Redewendung? Woher stammt sie? Und wie wird sie verwendet? Ein Blick auf Herkunft, Gebrauch und internationale Vergleiche bringt Licht ins Dickicht.
Herkunft der Redewendung
Die Herkunft der Redewendung lässt sich auf das Jagen zurückverfolgen. Im Mittelalter oder früheren Zeiten klopften Jäger oder Treiber mit Stöcken auf Büsche, um Wildtiere aufzuschrecken und aus ihrem Versteck zu locken. Diese Methode war besonders bei der Jagd auf scheues Wild effektiv. Derartige Treibjagden waren nicht nur eine gängige Praxis, um Nahrung zu beschaffen, sondern hatten oft auch soziale und repräsentative Bedeutung. Adlige und Könige organisierten Jagdgesellschaften, bei denen das Aufscheuchen des Wildes durch „auf den Busch klopfen“ Teil des Jagderlebnisses war. Die Übertragung dieses Bildes auf die menschliche Kommunikation liegt nahe: Wer jemanden „auf den Busch klopft“, versucht ebenfalls, Informationen aus einer „versteckten“ Position ans Licht zu bringen. Hierbei bleibt unklar, ob der andere die Taktik durchschaut oder freiwillig Auskunft gibt. Im gesellschaftlichen Kontext des Mittelalters könnte die Redewendung auch darauf hingewiesen haben, wie wichtig es war, indirekt vorzugehen, um keine offene Konfrontation zu riskieren.
Bedeutung und Gebrauch
„Jemandem auf den Busch klopfen“ bedeutet, jemanden vorsichtig auszuhorchen, um Informationen oder Meinungen zu gewinnen, ohne direkt danach zu fragen. Oft wird diese Redewendung in Situationen verwendet, in denen man etwas herausfinden möchte, aber die Antwort nicht erzwingen kann – etwa in Gesprächen, bei Verhandlungen oder in sensiblen sozialen Situationen.
Beispiel:
- „Ich glaube, mein Chef plant eine Beförderung. Ich klopfe ihm mal auf den Busch, um herauszufinden, ob ich gemeint bin.“
Positiver Gebrauch
Die Redewendung kann eine sinnvolle Strategie sein, um Gespräche behutsam zu lenken, ohne den Gegenüber unter Druck zu setzen. Dies ist besonders nützlich in heiklen Situationen, wie etwa bei Gehaltsverhandlungen oder wenn man eine Entscheidung beeinflussen möchte. Indirekte Kommunikation zeigt hier Feingefühl und taktisches Geschick, da sie dem Gegenüber Raum lässt, die eigene Position zu wahren.
Beispiel:
- In zwischenmenschlichen Beziehungen kann das „Auf-den-Busch-klopfen“ dabei helfen, Missverständnisse zu vermeiden, da es die Konfrontation umgeht und dennoch Klarheit schaffen kann.
Negativer Gebrauch
Allerdings kann diese Vorgehensweise auch als manipulativ empfunden werden, wenn sie darauf abzielt, den Gegenüber zu einer unbewussten oder ungewollten Offenlegung von Informationen zu bewegen. In einigen Fällen kann der indirekte Ansatz sogar Misstrauen wecken, insbesondere wenn der andere merkt, dass man ihn ausfragt, ohne ehrlich und direkt zu sein.
Beispiel:
- Wenn jemand bewusst versucht, sensible oder private Informationen auf diese Weise zu gewinnen, kann dies als unehrlich oder taktlos wahrgenommen werden.
Insgesamt erfordert der Gebrauch dieser Redewendung also Fingerspitzengefühl. Ihr Erfolg hängt von der Situation, dem Ziel und dem gegenseitigen Vertrauen ab.
Ausdruck und Stil
Die Redewendung wird oft in umgangssprachlichen, aber auch in gehobenen Kontexten verwendet. Ihre Bildhaftigkeit verleiht ihr eine gewisse Lebhaftigkeit und Flexibilität. Sie eignet sich sowohl für humorvolle als auch für ernste Gespräche.
Synonyme im Deutschen sind beispielsweise:
- „Jemanden aus der Reserve locken“
- „Die Katze aus dem Sack lassen“ (obwohl dies eher die Preisgabe der Information beschreibt)
- „Vorab sondieren“ (formaler Ausdruck)
Vergleiche mit anderen Sprachen
Interessant ist, dass andere Sprachen ähnliche Bilder verwenden, um dasselbe Konzept auszudrücken. In der englischen Sprache gibt es die Redewendung „to beat around the bush“, was wörtlich übersetzt ähnlich klingt, aber inhaltlich leicht abweicht. Im Englischen beschreibt diese Redewendung eher das Umkreisen eines Themas, ohne den Kern direkt anzusprechen – also das Gegenteil von direkter Kommunikation. Im Französischen gibt es den Ausdruck „à mots couverts“ („mit verdeckten Worten“), der eine vorsichtige, indirekte Ausdrucksweise beschreibt. Auch hier geht es darum, Informationen zu gewinnen, ohne direkt zur Sache zu kommen. In asiatischen Kulturen, insbesondere in Japan, findet man hingegen eine viel subtilere Herangehensweise an indirekte Kommunikation, die oft mit dem Konzept von „Tatemae“ (die öffentliche Fassade) und „Honne“ (die echte Meinung) verbunden ist. Die Kunst, zwischen diesen Ebenen zu navigieren, könnte in manchen Situationen dem deutschen „Auf-den-Busch-klopfen“ ähnlich sein.
„Jemandem auf den Busch klopfen“ ist eine Redewendung, die durch ihre Bildhaftigkeit und Vielseitigkeit im Gebrauch besticht. Ihre Ursprünge in der Jagd machen sie zu einem Beispiel dafür, wie historische Praktiken in die Alltagssprache übergehen. Gleichzeitig zeigt der Vergleich mit anderen Sprachen, wie universal der Gedanke ist, indirekt und taktisch Informationen zu gewinnen. Diese Redewendung bleibt ein Schatz der deutschen Sprache – und ein Beweis für die Kreativität und Lebendigkeit von Redensarten.
Schreibe einen Kommentar