„Sprache der Macht“
Sprache der Macht

Die von der deutschen Regierung ausgerufene Zeitenwende bedeutet gleichzeitig einen geopolitischen Wandel. Der sich verschärfende weltweite Wettbewerb zwischen den USA, dem auf internationaler Bühne immer selbstbewusster auftretenden China und Russland hat tiefgreifende Auswirkungen auch auf die Sicherheits-Energie und Wirtschaftspolitik Deutschlands und Europas, das den internationalen Anschluss zu verlieren droht und sich auf die Suche nach neuen Verbündeten begeben muss.
Was läge da näher, als die Zusammenarbeit mit alten Wertepartnern zu beleben? EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits 2019 bei Amtsantritt eine „geopolitische Kommission“ eingesetzt. Das Gewicht und die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union in der Welt sollten im Laufe ihrer Amtszeit deutlich gestärkt werden. Und die EU sollte lernen, die „Sprache der Macht“ einzusetzen. Jüngst war von der Leyen als Werbepartner für die europäische Wirtschaft in Südamerika unterwegs.
Vor diesem Hintergrund kommt der Anfang nächster Woche in Brüssel stattfindenden EU-CELAC-Konferenz mit 30 Staats-und Regierungschefs aus den lateinamerikanischen und karibischen Staaten eine besondere Bedeutung zu. Im Mittelpunkt dürfte die Vorbereitung der Ratifizierung des bereits 2019 final ausgehandelten EU-Mercosur-Abkommens sein. Dabei geht es um die Schaffung einer der größten globalen Freihandelszonen der Welt mit einer Bevölkerung von über 700 Millionen Menschen. Dies umgesetzt, würde eine Stärkung der transatlantischen Beziehungen ebenso wie eine Förderung der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung in beiden Regionen bedeuten und eine intensivere Zusammenarbeit bei Energie, Rohstoffen und Nahrungsmitttel-Sicherheit ermöglichen.
Die spanische EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli ihren Auftakt nahm, hat die Vitalisierung der Beziehungen zu einer Schwerpunkt-Aufgabe erklärt, die EU-Kommission kündigte eine neue Lateinamerika-Offensive an. Der politische Austausch soll intensiviert, mit einigen Ländern sind Partnerschaftsabkommen geplant, mit den „strategischen“ Partnern Brasilien und Mexiko wollen die vereinigten Europäer regelmäßige Gipfel abhalten. Diese Ziele sind des Schweißes der Edlen wert. Dass sie nicht schon viel früher angegangen wurden, war ein großer Fehler.
Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als „liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.