Putin in der Schlechtwetterzone
Monatelang bewegte sich Wladimir Putins Russland in einer scheinbar stabilen Schönwetterzone: Geländegewinne im Donbass, fortschreitende Zerstörung der zivilen Infrastruktur der Ukraine, Zermürbung ihrer militärischen Widerstandskraft, Ernüchterung und Ermüdung bei ihren Unterstützern. Inzwischen hat der Wind gedreht, und die politische Meteorologie notiert für Russland Starkregen mit Sturmböen. Verantwortlich für den Umschlag sind drei weit auseinander liegende Wetterereignisse, die der Despot im Kreml allesamt nicht auf der Rechnung hatte. Zuerst kam die Wende in Washington nach Joe Bidens Rückzugserklärung, dann die Kursk-Offensive der Ukraine, schließlich das Ja der SPD-Parteiführung zur Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland. Vor allem letzteres hat nicht nur Putin überrascht.
Zeitenwende – Modewort oder harte Tatsache?
Deutschland, nein Olaf Scholz, hat die Welt um einen neuen Begriff reicher gemacht: „Zeitenwende“. Nicht mehr nur German „Angst“, oder „Rucksack“, oder „Kindergarten“. Nein, „Zeitenwende“ – vom Kanzler wenige Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 27. Februar 2022 erstmals im deutschen Bundestag ausgerufen - ist längst in den internationalen Sprachgebrauch eingegangen. So ging, zum Beispiel, dem finnischen Verteidigungsminister bei der 75-Jahr-Geburtstagsfeier der NATO in Washington in seiner auf Englisch gehaltenen Rede das deutsche Wort ganz normal über die Lippen. Eigentlich ein Grund zur Freude, dass wir die Welt mal wieder kulturell bereichert haben. Oder etwa doch nicht?
Aufstand der Altersheime
Viel Staat war mit dem „Aufstand für den Frieden“ nicht zu machen. Das Wetter war schön, der Medienrummel gewaltig. Trotzdem versammelten sich am 25. Februar, ein Jahr und einen Tag nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, laut Polizei ganze 17 000 Menschen vor dem Brandenburger Tor. Was Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht, die Hauptmatadorinnen des Events, nicht daran hinderte, von der Geburt einer neuen Bürgerbewegung zu schwärmen. Hat in Berlin eine neue politische Partei, ganz links und ganz rechts vereinend, ihre Credentials abgeliefert? Das wird wohl Wunschdenken bleiben.