Rezension von Dr. Aide Rehbaum

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Francis Breyer: Schwarze Pharaonen. Nubiens Königreiche am Nil

Der ausgewiesene Experte für Schrift in den antiken Kulturen Nubiens und Abessiniens an der Universität Bonn forscht gleichermaßen zur Geschichte Aksums, einem Reich auf äthiopischem Gebiet, der Entzifferung der meroitischen Sprache und zum Land Punt (von Expeditionen ins Goldland berichten die Tempelwände der Herrscherin Hatschepsut in Theben-West).
Ausgehend von der Jungsteinzeit geht Breyer noch den kleinsten Hinweisen in Hinterlassenschaften, inklusive Siedlungen und Grabsitten der wenig bekannten Völker nach. Ergänzend durchgraste er die zeitgenössischen Archive der Nachbarreiche nach Berichten. Besonders interessieren ihn ägyptische Beigaben, weil die eine chronologische Zuordnung erleichtern, aber vor allem Handelskontakte, Auseinandersetzungen, Unterwerfung und Nachahmung belegen. Darstellungen und Inschriften sind über Jahrhunderte inspiriert von Ägypten: der Abbildungskanon mit Göttern und Herrschern wird übernommen, so dass afrikanische Einflüsse fast nur in der Kleidung erkennbar sind. Die Hieroglyphenschrift ist aber immer weniger identisch mit ihrer Vorlage, wurde eventuell vom Schreiber teilweise imitiert, ohne sie zu verstehen. Unsicher ist auch, in wie weit die Götterwelt der Ägypter eine Rolle spielte. Sowohl die Ausdehnung des Einflussgebiets einzelner Dynastien, als auch die Gesellschaftsstruktur und die religiösen Vorstellungen der hochentwickelten napatanischen und christlichen Königreiche und ihrer Nachfolger versucht Breyer bis ins 19. Jahrhundert zu beleuchten.
Nubische Völker nutzten regelmäßig geschwächte Pharaonen, um ihren Einfluss nach Norden auszudehnen oder sich sogar zeitweise auf deren Thron zu setzen. Elephantine bei Assuan und Philae waren offenbar Schnittstellen der Kulte. Phasenweise benutzte man im Süden keine Schrift. Dann ist die Forschung auf ägyptische Texte angewiesen, die aber häufig als tendenziös einzustufen sind.
Die über hundert Pyramiden von Meroe, die von 250 v.Chr. bis 600 n.Chr. datieren, sind kleiner und steiler als die weltbekannten aus dem Alten Reich. Diese Grabform ist nicht ausschließlich Königen vorbehalten, es gibt keine Hinweise auf Mumifizierung. Sie lassen sich nur dann einem Toten zuordnen, wenn in der angebauten Kultkapelle Opfertafeln erhalten sind. Meroe benutzte die Hieroglyphen für eine bis jetzt noch schwer verständliche Sprache. Der reichhaltige Überblick über den derzeitigen Kenntnisstand zum nördlichen Sudan, den Breyer vorlegt, beschreibt die Entwicklung der Forschungsgeschichte und räumt mit überholten Interpretationen auf, zeigt aber auch, wie viele Rätsel noch zu klären sind.

 

Verlag C.H.Beck oHG

978-3-406-77434-8
Erschienen am 26. August 2021

238 S., mit 47 Abbildungen und 2 Karten

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