Schichtwechsel: Ist Code Black das neue Grey’s Anatomy?
Elf Jahre und 269 Folgen. Das ist der Umfang von „Grey’s Anatomy“. Die Serie über die jungen Ärzte im Seattle Grace Hospital kann auf einen erfolgreichen Lauf zurückblicken, der noch nicht zu Ende ist. Konkurrenzlos läuft „Grey’s Anatomy“ aber nicht, denn die erste Staffel von Code Black bietet frischen Wind.
Realismus statt Drama?
Code Black basiert auf einer gleichnamigen Dokumentation des Regisseurs Ryan McGarry. Die Dokumentation zeigt den Alltag der Ärzte im Los Angeles County Hospital, das regelmäßig mit einem überfüllten Notfallraum („Emergency Room“) zu kämpfen hat. In der Serie Code Black ist es das fiktionale Angels Memorial Hospital, in dem es regelmäßig zum sogenannten Code Black kommt: Der Emergency Room ist so überfüllt mit Notfällen, dass eine Gewährleistung alle Aufnahmen nicht mehr gewährleistet ist.
Diesen Stress-Faktor bringt Code Black auch stilistisch auf den Bildschirm. Wackelkamera und gedämpfte Farbtöne sorgen für einen Ton, der sich mit Grey’s Anatomy nur schwer vergleichen lässt. In Grey’s Anatomy gibt es zwar mindestens eine Notsituation pro Staffel, doch haben die Ärzte im Seattle Grace wesentlich mehr Zeit für die Pflege ihrer Beziehungen. Die kommen bei Code Black auch nicht zu kurz, sind dafür aber auch nicht immer romantischer Natur. Eher sind es professionelle Weiterentwicklungen, Vertrauen unter den Kollegen oder kritische Entscheidungen über Leben und Tod, die die Spannung bei Code Black ausmachen.
Team statt Einzelfokus
Auch bei Grey’s Anatomy steht nicht nur eine Person im Fokus. Meredith Grey (Ellen Pompeo) ist aber dennoch der Protagonist, dessen Entwicklung den Hauptplot der Serie ausmacht. Das Schlaglicht ist bei Code Black hingegen folgenweise auf verschiedenen Teammitgliedern gerichtet und zeigt, wie sie an den Notsituationen wachsen. Ein Fokus liegt auf der Stationschefin Dr. Leanne Rorish (Marcia Gay Harden), die eigene Probleme zu bewältigen hat: Ihr Mann und ihre beiden Kinden starben, als ein betrunkener Autofahrer einen Unfall verursachte.
Ihr Team von Assistenzärzten umfasst Christa Lorenson (Bonnie Somerville), Malaya Pineda (Melanie Kannokada), Mario Savetti (Benjamin Hollingsworth) und Angus Leighton (Harry M. Ford). Ebenfalls im Zentrum steht der Oberpfleger Jesse Sallander (Luis Guzman), der das Team am Boden hält und eine der Vertrauenspersonen von Dr. Rorish ist.
Wie geht es weiter?
Während Grey’s Anatomy nach 12 Staffeln um neue Geschichten ringt, kann Code Black bereits in der ersten Staffel mit seiner realistischeren Prämisse interessante neue Situationen weben. Nicht schaden kann auch die Besetzung, die neben dem Publikumsliebling Luis Guzman (Narcos, Magnolia) auch die Oscar-Preisträgerin Marcia Gay Harden (Pollock, Mystic River) umfasst. Der starke personelle Rahmen wird von September an in der zweiten Staffel um Noah Gray-Cabey, Nafessa Williams und Emily Tyraals neue Assistenzärzte ergänzt. Da die Serie auch den häufigen Ärztewechsel in Krankenhäusern zeigen soll, verlassen Bonnie Sommerville und Raza Jaffrey dafür das Team.
Code Black oder Grey’s Anatomy? Erstere rückt eher den Realismus und Grey’s Anatomy ganz klassisch die Ärztebeziehungen in den Vordergrund. Eine Entscheidung fällt da schwer. Oder die Lösung heißt: Einfach beide Serien schauen.
Sepp Spiegl
Titelfoto: Marcia Gay Harden,Bonnie Somerville, Raza Jaffrey, Jillian Murray und Boris Kodjoe © CBS