Nach Tod der Kindesmutter entfällt das Erfordernis ihrer Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung
Kammergericht Berlin, Beschluss vom 03.01.2017
– 1 W 483/16 –
Kein unbedingter Vorrang der biologischen Wahrheit
Nach dem Tod der Kindesmutter entfällt das nach § 1595 Abs. 1 BGB grundsätzliche Erfordernis ihrer Zustimmung zu einer Vaterschaftsanerkennung. Es genügt die Zustimmung des Kindesvaters und des Kindes. Bei der Abstammung komme es nicht zwingend auf die biologische Wahrheit an. Dies hat das Kammergericht Berlin entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2015 wollte ein Mann in Berlin die Vaterschaft zu einer Frau anerkennen. Die Frau war damit einverstanden. Jedoch konnte ihre Mutter nicht mehr der Vaterschaftsanerkennung zustimmen, da sie im Jahr 1982 verstorben war. Das Standesamt sah sich aufgrund dessen außer Stande den Mann als Vater der Frau in das Geburtenregister einzutragen. Sowohl der Mann als auch die Frau schalteten daraufhin das Amtsgericht Schöneberg ein. Dieses wies das Standesamt an, die Vaterschaftsanerkennung zu akzeptieren. Dagegen richtete sich die Beschwerde der standesamtlichen Aufsichtsbehörde.
Zustimmung der verstorbenen Kindesmutter nicht erforderlich
Das Kammergericht Berlin bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Die Zustimmung der verstorbenen Kindesmutter sei nicht erforderlich. Mit ihrem Tod sei das Zustimmungserfordernis aus § 1595 Abs. 1 BGB entfallen. Das Kind habe in der Regel ein schutzwürdiges Interesse daran, zeitnah und effizient einen Vater zu erhalten.
Kein unbedingter Vorrang der biologischen Wahrheit
Bei der Abstammung räume das Gesetz der biologischen Wahrheit keinen unbedingten Vorrang ein, so das Kammergericht. Dies ergebe sich daraus, dass auch im Falle einer Vaterschaftsanerkennung mit Zustimmung der Mutter weder die biologische Vaterschaft noch die Motive der Mutter für ihre Zustimmung geprüft werden.