Legenden: Edmund Hillary
Hillary wurde als zweites von drei Kindern der Eltern Gertrude (geb. Clark) und Percival Augustus geboren. Er ging in Auckland zur Schule, ab zwölf Jahren in die berühmte Auckland Grammar School. Als Kind lernte er das Bergsteigen in den Neuseeländischen Alpen. Seine erste Bergbesteigung war 1933 die des Vulkans Ruapehu in Neuseeland. Er besuchte zwei Jahre lang die Universität von Auckland, bevor er, wie sein Vater, Imker wurde. Im Zweiten Weltkrieg war er von 1944 bis 1945 Navigator bei der Royal New Zealand Air Force. 1948 bestieg er mit Harry Ayres den Aoraki/Mount Cook erstmals über den Südgrat.
Hillary war 1951 Mitglied einer Expedition von vier neuseeländischen Bergsteigern in den indischen Teil des Himalaya. Im Folgejahr schloss er sich einer von Eric Shipton geleiteten britischen Expedition an, die in Nepal eine neue Route am Mount Everest erkundete. Am 29. Mai 1953 gelang ihm zusammen mit Tenzing Norgay (1914–1986) die nachgewiesene Erstbesteigung des 8848 Meter hohen Mount Everest als Mitglied einer von John Hunt geleiteten britischen Expedition. Auf dem letzten Stück des Gipfelgrates überwand er als Seilerster eine hinderliche und gefährliche Steilstufe im Grat, die seither seinen Namen trägt, den Hillary Step: Er ging das Risiko ein, sich rückwärts gegen den Felsen in der Spalte mit der ostseitigen Wechte hochzuspreizen, die sich schlimmstenfalls hätte lösen und ihn 3.000 Meter auf die tibetische Seite hinunter auf den Kangshung-Gletscher reißen können. Das Ereignis wurde mit dem Dokumentarfilm Die Bezwingung des Everest protokolliert.
Jahrelang haben sie davon geträumt, wochenlang sind sie aufgestiegen: Am 29. Mai 1953 um 11.30 Uhr erreichen der Neuseeländer Edmund Hillary und der Sherpa Tenzing Norgay ihr ehrgeiziges Ziel: Sie stehen als die Allerersten auf dem Gipfel des Mount Everest! Seit Anfang Mai hat sich eine britische Expedition zum Gipfelsturm auf den höchsten Berg der Erde bereit gemacht. Ein Dutzend erfahrener Bergsteiger, 35 Bergführer und 350 Träger mit 18 Tonnen Ausrüstung sind seit dem Frühjahr von Katmandu aus auf dem Weg zum Fuß des Everest. Ein erster Angriff auf den Gipfel erfolgt am 26. Mai. Doch die Bergsteiger Tom Bourdillon und Charles Evans scheitern an einem defekten Sauerstoffgerät: Kurz vor dem Ziel müssen die beiden umkehren.
Das ist der Moment für Edmund Hillary und Tenzing Norgay, die im Basislager auf ihre Chance warten. Als zweites Team beginnen sie mit dem gefährlichen Aufstieg. Am 28. Mai verbringen sie in Höhe von 8500 Metern eine eisige Nacht. Am nächsten Morgen um 4 Uhr früh starten sie ihre letzte Etappe: 350 Höhenmeter und eine senkrechte Felsstufe liegen noch vor ihnen – in dieser Höhe kaum zu bewältigen. Doch um 11.30 Uhr haben die beiden es tatsächlich geschafft: Sie stehen auf dem höchsten Punkt der Erde, die Welt liegt ihnen zu Füßen! Tenzing schlingt die Arme um Hillary. Der Neuseeländer zückt den Fotoapparat, um die Situation festzuhalten: Der „dritte Pol“ ist erreicht! Nach 15 Minuten auf dem Gipfel machen sich die beiden Helden an den gefährlichen Abstieg.
Lange Zeit galt der 8848 Meter hohe Mount Everest als unbezwingbar. An dem berüchtigten Riesen im Himalaya waren in den vergangenen Jahrzehnten schon viele Expeditionen gescheitert. Die Briten George Mallory und Andrew Irvine hatten es womöglich sogar vor Hillary und Tenzing geschafft. Sie kamen jedoch beim Abstieg ums Leben und blieben verschollen. Bis heute weiß niemand, ob sie tatsächlich auf dem „Berg der Berge“ standen.
Bevor Edmund Hillary und Tenzing Norgay den Gipfel des Everest erreichten, verbrachten sie eine schreckliche, eisige Nacht. Hillary hat ihre unglaublichen Strapazen so beschrieben:
„Die Nacht war furchtbar. Ein eisiger Sturm fegte über den höchsten Gipfel der Erde. Tenzing nannte es das Gebrüll von tausend Tigern. Unablässig und unbarmherzig fegte der Sturm, heulend und kreischend, über uns hinweg, mit solcher Gewalt, dass die Leinwand unseres Pyramidenzeltes knatterte wie Gewehrsalven. Wir befanden uns auf dem Südsattel, einem gottverlassenen Platz zwischen den Gipfeln des Everest und des Lhotse. Anstatt sich zu legen, nahm der Sturm immer noch an Wucht zu, und ich bekam langsam Angst, unser flatterndes und knarrendes Obdach könne aus seiner Verankerung gerissen werden und uns schutzlos den Elementen preisgeben. Um Gewicht zu sparen, hatten wir die Einlagen unserer Schlafsäcke zurückgelassen, was sich nun als schwerer Fehler erwies. Obwohl ich meine gesamte Daunenkleidung trug, drang mir die Eiseskälte bis auf die Knochen. Ein Gefühl äußerster Angst und Einsamkeit überkam mich. Was für einen Sinn hatte das alles? Man musste doch verrückt sein, um sich so etwas anzutun!“
Nachdem sie die Sturmnacht überstanden hatten, stand der Gipfelsturm unmittelbar bevor: „Wir hatten keine Zeit zu verlieren. Ich schlug wieder Stufen und hielt allmählich etwas besorgt nach dem Gipfel Ausschau. Es schien ewig so weiterzugehen, und wir waren müde und bewegten uns schon langsamer. In der Ferne breitete sich die kahle Hochebene Tibets aus. Ich blickte nach rechts oben und sah eine schneeige Wölbung. Das musste der Gipfel sein! Wir rückten enger zusammen, als Tenzing das Seil zwischen uns straffte. Wieder schlug ich eine Stufe ins Eis. Und im nächsten Augenblick war ich auf einer Schneefläche angekommen, auf der es nichts gab als Luft – in jeder Richtung. Tenzing kam mir schnell nach, und wir schauten uns staunend um. Mit ungeheurer Befriedigung stellten wir fest, dass wir auf dem höchsten Punkt der Erde standen. Es war 11.30 Uhr am 29. Mai 1953.“
Die Nachricht von der erfolgreichen Everest-Ersteigung durch die britische Expedition erreichte am Vorabend der Krönung von Elisabeth II. London; schon beim Rückmarsch erhielt Hillary aus London den ersten Brief, adressiert an „Sir Edmund Hillary, KBE“ (Knight Commander des Order of the British Empire), der gleichzeitig seine Erhebung in den Ritterstand des Vereinigten Königreichs bedeutete. Über die Verkündung seines Erfolges durch die britische BBC sagte Hillary schmunzelnd: „Als ich das hörte, dachte ich: Wir haben es wirklich geschafft. Wenn die BBC es meldet, muss es ja wohl stimmen.“
Auf derselben Rückreise brach bereits in der nepalesischen Öffentlichkeit ein Streit aus, wer von der Zweierseilschaft denn nun zuerst oben war; die Nepalesen forcierten den Primat ihres Landsmannes Tenzing Norgay, den man zu einer Unterschrift unter eine entsprechende Erklärung hatte bewegen können. Tenzing und Hillary aber sagten immer aus, sie seien gemeinsam auf den Gipfel gegangen. Beide hatten ein Schweigegelübde geschlossen. Sie blieben lebenslang befreundet.
Mit seiner Erstbesteigung fand nicht nur eine Wende im hochalpinen Bergsteigersport statt, sondern es begann auch der Bergsteigertourismus am Mount Everest. Dadurch wurde die Welt des nepalesischen Volkes und der Sherpas nachhaltig verändert. In den anschließenden Jahren unternahm Sir Hillary bis 1965 insgesamt 23 Erstbesteigungen im Himalaja-Gebirge. Im Jahr 1956 bis 1958 beteiligte er sich an einer Südpol-Expedition. In einem Wettlauf erreichte Sir Edmund Hillary am 3. Januar 1958 als Leiter der British Commonwealth Trans-Antarctic Expedition vor seinem Konkurrenten Sir Vivian Fuchs, einem Geologen, sein Ziel.Mit seiner Erstbesteigung fand nicht nur eine Wende im hochalpinen Bergsteigersport statt, sondern es begann auch der Bergsteigertourismus am Mount Everest. Dadurch wurde die Welt des nepalesischen Volkes und der Sherpas nachhaltig verändert. In den anschließenden Jahren unternahm Sir Hillary bis 1965 insgesamt 23 Erstbesteigungen im Himalaja-Gebirge. Im Jahr 1956 bis 1958 beteiligte er sich an einer Südpol-Expedition. In einem Wettlauf erreichte Sir Edmund Hillary am 3. Januar 1958 als Leiter der British Commonwealth Trans-Antarctic Expedition vor seinem Konkurrenten Sir Vivian Fuchs, einem Geologen, sein Ziel.
Er wurde Ehrenpräsident der Naturschutzorganisation Mountain Wilderness. Sir Edmund Hillary leistete vor allem in den 1970er Jahren humanitäre Hilfe. Er gründete eine nach ihm benannte Stiftung und unterstützte die Nepalesen und die dortigen Sherpas durch Erlöse aus seinen Vortragsreihen, Filmen und Bücher. Mit Hilfe des Geldes betrieb er Umwelt- und Naturschutz und baute das Schul- und Gesundheitswesen aus. Es wurden Schulen und Kliniken, aber auch Baumschulen, Brücken und Wasserleitungen finanziert. 1977 startete er die erste Rennboot-Expedition ins Quellgebiet des Ganges. Im selben Jahr erfasste ihn ein Höhenkoller, für Hillary Anlass, in den diplomatischen Dienst zu wechseln. Er übernahm die Vertretung seines Landes als Diplomat in Nepal, Bangladesch und Indien. Von 1984 bis 1989 war Sir Edmund Hillary Botschafter Neuseelands in Indien, Bangladesh und Nepal. 1991 wurde er zum UNICEF-Sonderbeauftragten für Kinder im Himalajagebiet ernannt. 2001 erschien die Biographie des legendären Bergsteigers mit dem Titel “Die Abenteuer meines Lebens”.
Im gleichen Jahr, 2001, hielt der bereits 82-Jährige im Rahmen des 5. Symposiums für Bergsteiger im oberbayerischen Bad Tölz einen Diavortrag mit dem Thema “Am Anfang war der Everest – die Abenteuer meines Lebens”. Zu Ehren des 50. Jahrestages der Erstbesteigung des Mount Everest wurde 2003 das Buch “Tribut an Sir Edmund Hillary vom Volk der Sherpa in Nepal” vom Mountain Institute und bei Öko Himal zusammengestellt. Im selben Jahr erhielt er die Ehrenbürgerschaft Nepals.
Am 22. April 2007 stürzte Hillary während einer Reise nach Kathmandu und wurde nach seiner Rückkehr nach Neuseeland ins Krankenhaus eingeliefert. Am 11. Januar 2008 starb er im Auckland City Hospital an Herzversagen. Auf öffentlichen Gebäuden Neuseelands und auf der Scott-Basis in der Antarktis wurden die Flaggen auf Halbmast gesetzt, und Premierministerin Helen Clark bezeichnete Hillarys Tod als einen “tiefen Verlust für Neuseeland”.
Am 21. Januar wurde Hillarys Sarg in die Holy Trinity Cathedral in Auckland gebracht und dort aufgebahrt. Am 22. Januar 2008 fand ein Staatsbegräbnis statt, danach wurde sein Körper eingeäschert. Am 29. Februar 2008 wurde der größte Teil seiner Asche auf seinen Wunsch hin im Hauraki-Golf von Auckland verstreut. Der Rest ging an ein nepalesisches Kloster in der Nähe des Everest; ein Plan, sie auf dem Gipfel zu verstreuen, wurde aber 2010 verworfen.
Titelfoto: Nach ihrer erfolgreichen Rückkehr vom Mount Everest wurden die beiden Bergsteiger Tenzing Norgay und Edmund Hillary vom nepalesischen König empfangen und geehrt.