Übersicht der Ausgrabungen ©seppspiegl

Herculaneum liegt nur 7 Kilometern vom Gipfel des Vesuvs entfernt. Die Stadt war im Vergleich zu Pompeji ein bescheidener Ort, nicht vielmehr als ein Fischerdorf, in dem ein wenig Handel betrieben wurde. Der kleine Hafen war unbedeutend, fehlte hier doch ein schiffbarer Fluss wie der Sarno, der die Verbindung zum Hinterland herstellte. Von Bedeutung war einzig die Küstenstraße zum 8 Kilometer entfernten Neapolis, dem antiken Neapel.

An jenem 24. August im Jahre 79 n.Chr, an dem Pompeji unterging, wurde auch das Schicksal von Herculaneum besiegelt.
Das Bombardement mit Bimssteinen und Lavabrocken, das Pompeji in den ersten Stunden der Katastrophe heimsuchte, erreichte Herculaneum nicht, obwohl es näher am Vesuv liegt, als Pompeji.

Die Ausgrabungen des von der Asche verschütteten Ercolano begannen offiziell im Jahr 1738. Herculaneum war eine kleine Hafenstadt an der Küstenstraße von Neapel nach Pompeji mit einem rechteckigen griechischen Grundriss mit Cardo und Decumano, das von einer Mauer umgeben war. Im Jahr 79 hatte Herculaneum ca. 4000 Einwohner, die in relativem Wohlstand hauptsächlich vom Handwerk und Fischfang lebten. Auch reiche Römer hatten ihre Sommerresidenz in Herculaneum. Im Gegensatz zu Pompeji, hatten die meisten Bewohner von Herculaneum noch Zeit für die Flucht vor dem Ausbruch des Vesuv am 24. August. Lediglich in einem Bootshaus am Ufer wurden ca. 250 Skelette gefunden, von denen man annimmt, dass es sich um Alte und Kranke gehandelt hatte, die nicht mit fliehen konnten.

Ein Brennofen für Keramik ©seppspiegl

Was genau in Herculaneum geschah ist unklar. Klar ist, dass Plinius der Ältere, der Herculaneum gegen 18.00 Uhr mit dem Schiff erreichte, die Küste zerstört vorfand und die Stadt bereits verschüttet war. Unterdessen hielt der Todeskampf Pompejis an. Lange Zeit hielten die Forscher, die bis zu 18 Meter mächtigen Ablagerungen, unter denen Herculaneum begraben war, für einen Schlammstrom. Der Erhaltungszustand vieler Details in Herculaneum war besser als in Pompeji. Zwar waren viele Mauern eingedrückt, doch Möbel, Kleidung, ja gar Papyri blieben in den Häusern erhalten. Holzteile der Häuser wurden zwar verkohlt, zerfielen aber nicht zu Staub wie in Pompeji. Zunächst fand man auch nur wenige Leichen und die Archäologen glaubten, die Anwohner hätten genug Zeit gehabt die Stadt zu verlassen. Doch in den letzten Jahren wurden bei neuen Ausgrabungen mehrere hundert Skelette in einem Bootschuppen am alten Hafen und in einem Gewölbe nahe der Arena gefunden. Die Untersuchung dieser Skelette zeigte nun, dass die Menschen innerhalb weniger Sekunden unter großer Hitzeeinwirkung starben. Sie hatten nicht einmal Zeit eine schützende Hand vor das Gesicht zu legen, wie es bei den Leichenfunden in Pompeji so typisch ist. Die Menschen starben in einer Wolke glühendheißer Gase, bei Temperaturen von über 500 °C, an plötzlichem multiplem Organversagen. Die betonharten Ablagerungen unter denen Herculaneum verschüttet wurde, werden heute als Ignimbrite erkannt, als Ablagerungen eines pyroklastischen Stroms.

Pyroklastische Ströme schießen mit über 100 Stundenkilometer zu Tal und vernichten in ihrer ungeheuren Gewalt alles was in ihrem Weg liegt. In Herculaneum wurden z.B. Bruchstücke einer Statue entlang einer Straße verteilt. Außerdem förderten die Grabungen viele Wertgegenstände zutage, die einfach in den Häusern zurückgelassen wurden. In den Straßen von Pompeji wurden viele Skelette entdeckt, die noch Wertgegenstände in den Armen hielten. Dort versuchten die Menschen zu retten, was noch zu retten war. In Herculaneum deuten alle Indizien für einen plötzlichen Fluchtversuch der Anwohner, ohne lange Vorwarnzeit gehabt zu haben. Vermutlich ereilte das Schicksal die kleine Stadt schon während einer der ersten Ausbruchsphasen, als der Vesuv seinen Gipfel sprengte.

Geriffelte korinthische Saeulen saeumen die roemischen Ueberreste des Palaestra (palestra – Gymnasium) ©seppspiegl

Im Lauf der Jahrhunderte war die exakte Kenntnis der Lage des verschütteten Herculaneum verlorengegangen, dessen Reste im Mittelalter durch das Städtchen Resina (das erst seit 1969 Ercolano heißt) teilweise überbaut wurden. Man hatte zwar schon im 16. Jahrhundert einige Skulpturen und Inschriften gefunden, doch erst 1709 stieß ein Bauer zufällig beim Ausschachten eines Brunnens auf die Reste des Theaters von Herculaneum. Das Areal wurde von Emmanuel Maurice de Lorraine, dem späteren Herzog von Elbeuf, angekauft, einem verbannten französischen Aristokraten, der als Befehlshaber der österreichischen Armee in Neapel stationiert war. In den folgenden Monaten ließ er auf eigene Kosten Ausgrabungen durch Stollenvortrieb vornehmen. Bei diesen Ausgrabungen wurden unter anderem neun Statuen entdeckt, darunter die sog. “Große Herkulanerin” und die zwei „Kleinen Herkulanerinnen“, die Elbeuf dem Prinzen Eugen in Wien schenkte. Aus dessen Nachlass gelangten die Statuen dann 1736 an den Dresdner Hof von Kurfürst Friedrich August II., dessen Tochter Maria Amalia Christina 1738 mit dem König von Neapel und Sizilien, Karl VII., später Karl III. von Spanien, verheiratet wurde. Noch heute befinden sich die “Herkulanerinnen” in der Dresdner Skulpturensammlung.

Dieser König Karl VII. ließ ab 1738 unter anderem durch Soldaten und Zwangsarbeiter systematische Ausgrabungen durchführen. Am 11. Dezember fand man eine Inschrift über das „Theatrum Herculanense“, was die Vermutung des Marchese Don Marcello Venuti untermauerte, dass in der Erde Reste einer Stadt liegen mussten. Man begann damit, im Theater und an anderen Stellen zunächst Schächte bis zum antiken Straßenniveau abzuteufen und anschließend je nach Reichtum an Fundstücken enge Stollen voranzutreiben. Die Ausgrabung erfolgte unter Leitung und Aufsicht des neapolitanischen Militärs. Besonders wertvolle Stücke wurden in einem Flügel des Königspalasts in Portici aufgestellt, wo ab 1758 das Museo Ercolanese untergebracht war.

1750 wurde (ebenfalls bei Anlage eines Brunnens) die Villa dei Papiri entdeckt, was den Grabungen neuen Schwung verlieh. Von 1750 bis 1761 und 1764/65 wurden, hauptsächlich unter der Leitung von Karl Weber, einem Schweizer Militär-Ingenieur, systematische Grabungen auf dem Gelände der Villa und der sogenannten Basilika durchgeführt. Weber fertigte auch genaue Pläne an, die es heute ermöglichen, den Verlauf der Grabungen und Fundorte einzelner Werke zu identifizieren. 1765 erzwang der Austritt von Gas in den Stollen einen Abbruch der Arbeiten und das Versiegeln der Zugänge.

Erst 1983 wurden diese Skelette in den Bootshaeusern ausgegraben

Die Arbeiten wurden erst 1828 durch Franz I. von Bourbon wiederaufgenommen, nunmehr erstmals im Tagebau. Auf einem vom Staat erworbenen, 900 m² großen Areal wurden die Ausgrabungen unter Leitung des Architekten Carlo Bonucci bis 1855 fortgeführt. Fortgesetzt wurden sie mit Unterstützung des italienischen Königs Viktor Emanuel II. in den Jahren 1869 bis 1875, in denen unter großen Mühen in einem kleinen Teil des Grabungsgebiets die gesamte vulkanische Deckschicht abgetragen wurde. Dennoch konnte man bei diesen Ausgrabungen nur die insulae II und VII freilegen.

Wegen der erheblichen Kosten des Abräumens scheiterten in der Folge Versuche, die Grabungen wiederaufzunehmen. Erst im Jahr 1924 begann unter Leitung von Amedeo Maiuri die nächste Grabungsphase, die mit kurzen Unterbrechungen bis heute andauert. Erschwert wird eine vollständige Ausgrabung durch die moderne Überbauung. Unter Maiuri war ein Gebiet von neun Hektar enteignet worden, die weitere Ausdehnung des Grabungsgebiets in nördlicher Richtung stößt an die Bebauungsgrenze von Ercolano.

Von 1982 bis 1988 wurde unter der Leitung der US-amerikanischen Archäologin Sara C. Bisel insbesondere das Gebiet des antiken Hafens und Strandes ausgegraben, wobei in den Bootshäusern die erwähnte große Zahl von Skeletten gefunden wurde, ein Fund, der eine genaue paläopathologische und paläodemografische Analyse eines repräsentativen, gleichzeitig verstorbenen Bevölkerungsquerschnitts einer antiken Stadt ermöglichte.

In den Jahren 1996 bis 1998 wurden im Bereich der Villa dei Papiri Ausgrabungen unter freiem Himmel gemacht, bei denen bis dato unbekannte Untergeschosse der Villa gefunden wurden.

 

Skelett der „Ring-Lady“ ©seppspiegl

Neben zahlreichen, zum Teil gut (einschließlich ihrer Innenausstattung) erhaltenen Privathäusern sind auch einige öffentliche Bauten und vor den Toren der Stadt gelegene Villen freigelegt worden. An manchen Häusern sind noch römische Graffiti zu lesen, in Küchen wurden verkohlte Stücke von Brot, Getreide und Eierschalen gefunden.

Die meisten der in Herculaneum ausgegrabenen antiken Kunstwerke befinden sich heute im Archäologischen Nationalmuseum in Neapel. Dazu gehören u. a. die an verschiedenen Stellen gefundenen Fresken und die 70 großen Bronzeskulpturen aus der Villa dei Papiri. Besonders Wertvolle Fundstücke waren 1800 Schriftrollen aus Papyrus, die in einer Villa gefunden wurden, die seitdem Villa dei Papiri heißt. Die Hitze der pyroklastischen Ströme verkohlte die Schriftrollen zu schwarzen Würsten. Sie drohen bei der leichtesten Berührung zu zerfallen. Doch gerade weil sie durch die Hitze verkohlten überdauerten sie die Jahrtausende im Boden und verfaulten nicht. Natürlich ist es schwierig die Schriftrollen zu lesen, doch mit modernster Infrarottechnik entlockten Wissenschaftler den antiken Schriften bereits einige Textfragmente.

Anfang Februar 1990 verschafften sich zwei maskierte und bewaffnete Diebe Zugang zum Lagerraum der Funde. Nachdem sie die sechs Wachposten überwältigt und in einer Hütte gefesselt hatten, erbeuteten sie mehr als 250 wertvolle Artefakte – Juwelen, Münzen und zahlreiche kleine Bronzestatuetten. Darunter war auch der Schmuck des als „Ring Lady“ bekannt gewordenen Skeletts. Die Stücke sind bis heute verschwunden.

 

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Öffnungszeiten Herculaneum (Ercolano) am Golf von Neapel

Mittwochs geschl.
16.3.-14.10.: Di-Mo 9.30 – 19.30 Uhr (Einlass bis 18 Uhr). Spätestens um 19.00 Uhr muß man die Ausgrabungsstätte verlassen.
15.10.-15.03.: Di-Mo 8.30 -17.00 Uhr (Einlass bis 15.30 Uhr). Spätestens um 16.40 Uhr muß man die Ausgrabungsstätte verlassen.

Geschlossen: 1. Mai, 25. Dezember und 1. Januar

Preise für Eintrittskarten Herculaneum
Tagesticket Herculaneum: 13,00 Euro + 1,50 Euro Online-Reservierungsgebühr
EU-Bürger zwischen 18 und unter 25 Jahren zahlen nur 2,00 Euro (+ 1,50 Euro Online-Reservierungsgebühr)
Kostenloser Eintritt: Für EU-Bürger unter 18 Jahren. 

Ticket-Reservierung und Kauf 
www.ticketone.it oder Kauf vor Ort an der Kasse, Sa/So und Feiertage Kauf nur online möglich

Anreise

Mit dem Flugzeug

Der nächste Flughafen ist derjenige von Flughafen Neapel-Capodichino, alternativ kann auch vom Flughafen Rom-Fiumicino angereist werden.

Mit der Bahn

Aus Neapel ist das archäologische Gelände mit den Zügen der Ferrovia Circumvesuviana bequem erreichbar. Die Haltestelle der Circumvesuviana Ercolano-Scavi liegt an den Linien Napoli – Sorrento und Napoli – Poggiomarino. Das Ausgrabungsgelände ist über die “Via Quattro Novembre” nach Westen erreichbar.

Die Züge der Linie Napoli – Salerno der Trenitalia erreichen die Station Portici – Ercolano F.S. in knapp 15 Minuten. Der Fußweg zum archäologischen Gelände ist etwas weiter und schlecht beschildert.

Auf der Straße

Von der mautpflichtigen A3 A3 Autostrada Napoli – Salerno – Reggio di Calabria aus ist das archäologische Gelände problemlos von der Symbol: AS Ercolano erreichbar. Ausreichende Parkmöglichkeiten bestehen beim Hauptzugang im Süden des Geländes.

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