von Sepp Spiegl

Die Redewendung „sein Fett wegkriegen“ oder „sein Fett wegbekommen“ ist in der deutschen Alltagssprache weit verbreitet. Sie bezeichnet in der Regel eine Art von Strafe oder Tadel, die jemand für ein Fehlverhalten erhält. Doch wie kommt es zu dieser Redewendung, und wie wird sie im täglichen Leben angewendet? In diesem Artikel beleuchten wir die Herkunft, die Bedeutung, den Gebrauch sowie die verschiedenen Kontexten und Beispiele dieser Redewendung.

Ursprung und Herkunft der Redewendung

© Sylwester Lukaszonek auf Pixabay.com

Die genaue Herkunft der Redewendung „sein Fett wegbekommen“ ist nicht eindeutig belegt. Es gibt jedoch verschiedene Theorien, die sich mit der Entstehung dieser Phrase beschäftigen:

  1. Koch- und Metzgertraditionen: Eine Theorie führt die Redewendung auf den Metzger- oder Kochbereich zurück. Im Mittelalter war es üblich, beim Schlachten von Tieren das Fett von Fleischstücken abzutrennen. Dabei konnte das Fleisch (insbesondere bei Rind oder Schwein) fettiger oder weniger fettig sein. Wer „sein Fett wegbekam“, war symbolisch gesehen dem Überfluss des Fetts entledigt worden. Diese „Entfettung“ könnte metaphorisch für eine Strafe oder Zurechtweisung stehen, um jemanden von seinen Schwächen oder Fehlern zu befreien.

  2. Fett als Symbol für Übermaß und Unangemessenheit: Das Wort „Fett“ wird in vielen Kulturen als Symbol für Übermaß, Luxus und Unangemessenheit verwendet. Es könnte also darauf hinweisen, dass jemand „zu viel“ oder „über das Ziel hinaus“ gegangen ist, sodass er nun für sein Verhalten „bezahlen“ muss, indem er „sein Fett wegbekommt“.

  3. Der Einfluss des Jargons der Arbeiterklasse: In der Arbeiterklasse oder in eher rauen Umfeldern könnte „sein Fett wegbekommen“ eine grobe, aber anschauliche Metapher für körperliche Bestrafung oder scharfe Kritik gewesen sein. Besonders in Handwerksberufen, in denen Menschen hart arbeiteten, war es üblich, eine solche Wendung als Synonym für eine Art von Strafmaßnahme oder Abrüstung von Überheblichkeit zu verwenden.

Bedeutung von „Sein Fett wegbekommen“

Die Bedeutung der Redewendung hat sich im Laufe der Zeit nicht wesentlich verändert und beschreibt nach wie vor, dass jemand für sein Verhalten eine entsprechende Reaktion oder Strafe erhält. Im Kern handelt es sich um die Vorstellung, dass jemand für ein Fehlverhalten zur Rechenschaft gezogen wird.

  • Wörtliche Bedeutung: Eine Person bekommt in irgendeiner Form „Fett“ ab, das bedeutet, sie wird für ein Vergehen, einen Fehler oder ein Fehlverhalten bestraft oder ermahnt.
  • Figurative Bedeutung: Auch im übertragenen Sinn beschreibt die Redewendung die Situation, in der jemand für sein unpassendes Verhalten zurechtgewiesen wird. Oft wird damit auch ein energisches Eingreifen oder eine lautstarke Reaktion verbunden.

Gebrauch der Redewendung

Die Redewendung „sein Fett wegbekommen“ wird im Deutschen häufig in Zusammenhang mit Strafen, Tadel oder scharfer Kritik verwendet. Sie ist eher umgangssprachlich und wird selten in formellen Kontexten verwendet. Häufig kann man sie in folgenden Situationen hören:

  • In der Familie: Wenn ein Kind zu viel Unfug gemacht hat und die Eltern eine Strafe androhen, könnte ein Elternteil sagen: „Wenn du nicht aufhörst, wirst du dein Fett schon noch wegbekommen!“

  • Im Beruflichen Umfeld: Ein Chef oder Kollege, der jemanden für ein Fehler zur Rede stellt, könnte ebenfalls sagen: „Hoffentlich hast du jetzt dein Fett wegbekommen und lernst daraus!“

  • Im Freundeskreis: Wenn jemand aufgrund eines Fehlers oder einer schlechten Entscheidung zurechtgewiesen wird, könnte ein Freund sagen: „Jetzt hast du dir dein Fett wirklich abgeholt!“

Die Redewendung hat überwiegend einen negativen Beigeschmack, da sie meist mit Bestrafung oder negativen Konsequenzen verbunden wird. Dennoch gibt es auch Nuancen, in denen sie nicht ausschließlich als negativ empfunden wird:

  • Negative Konnotationen: In den meisten Fällen wird die Redewendung als eine Mahnung oder Tadel verstanden. Sie impliziert, dass jemand für seine Fehler eine unangenehme Konsequenz tragen muss. Zum Beispiel könnte ein Schüler, der sich während der Schulzeit schlecht benommen hat, sagen: „Ich habe mein Fett wegbekommen, als ich von der Lehrerin eine Strafarbeit aufgebrummt bekam.“

  • Positive Wendung: In seltenen Fällen könnte „sein Fett wegbekommen“ auch als eine Art Katharsis verstanden werden, bei der jemand durch eine angemessene Bestrafung von einem Fehler oder einem Fehlverhalten befreit wird. In einem humorvollen oder überspitzten Kontext könnte die Phrase auch weniger ernst gemeint und damit eher als entspannter Kommentar verwendet werden.

Beispiele im Alltag

  1. Familie:
    „Wenn du weiterhin so spät nach Hause kommst, wirst du dir bald dein Fett abholen!“

  2. Beruf:
    „Der Chef hat ihm heute wirklich sein Fett weggegeben, als er den Bericht zu spät abgegeben hat.“

  3. Freunde:
    „Du hast wieder einen Fehler gemacht? Dann hast du dir jetzt wirklich dein Fett abgeholt!“

  4. Sport:
    „Der Trainer hat uns heute richtig angebrüllt – wir haben alle unser Fett wegbekommen!“

Beispiele im Ausland

Obwohl „sein Fett wegbekommen“ eine typisch deutsche Redewendung ist, gibt es ähnliche Ausdrücke in anderen Sprachen, die ebenfalls das Konzept von Bestrafung oder Tadel vermitteln.

  1. Englisch:
    Im Englischen könnte man sagen: „Get a piece of someone’s mind“ (Jemandem die Meinung sagen) oder „Get chewed out“ (Abgekanzelt werden), was ungefähr dem deutschen „sein Fett wegbekommen“ entspricht. Beide Ausdrücke bedeuten, dass jemand eine harte oder kritische Ansprache erhält.

  2. Französisch:
    In Frankreich gibt es die Redewendung „se faire remonter les bretelles“ (wörtlich: „sich die Hosenträger hochziehen lassen“), was ähnlich wie „eine Standpauke bekommen“ oder „in die Schranken gewiesen werden“ bedeutet.

  3. Spanisch:
    Im Spanischen könnte man „ser reprendido“ (zurechtgewiesen werden)  oder „recibir una reprimenda“ (einen Verweis erhalten) verwenden, was bedeutet, dass man zurechtgewiesen oder getadelt wird.

„Sein Fett wegbekommen“ ist eine lebendige und ausdrucksvolle Redewendung in der deutschen Sprache, die ihre Wurzeln in der Tradition des Metzgerhandwerks und in der Symbolik des Übermaßes hat. Sie wird vor allem in informellen Kontexten verwendet, um die Vorstellung von Strafe oder Zurechtweisung zu vermitteln. Der Ausdruck ist fest im deutschen Alltag verankert, sowohl in der Familie, im Beruf als auch im Freundeskreis. Obwohl die Redewendung meistens eine negative Konnotation hat, gibt es auch humorvolle oder leicht positive Anwendungen, je nach Kontext und Tonfall.

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