Dieter Weirich @seppspiegl

Viele politische Lobpreisungen dürften morgen bei der 76.Wiederkehr des Jahrestages der Verabschiedung des Grundgesetzes erklingen. Die freiheitlichste Verfassung in der deutschen Geschichte hat dieses Hoch verdient.

Die Verfassung eines Landes gibt aber noch keine Auskunft über dessen aktuelle Verfassung. Die demokratische Mitte hat sich in diesen Tagen gerade noch in eine Regierungskoalition gerettet, die Erneuerung und Aufbruch verspricht.

Mit dem besorgniserregenden Erstarken der politischen Ränder wird vor allem an die christdemokratische Regierungspartei die Frage gestellt, wie sie es künftig mit Brandmauern hält. Der Begriff für dieses Konstrukt fragwürdiger politischer Ingenieurskunst gilt manchen als heiliges Abwehr-Gelöbnis gegen die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestufte AfD.

Dabei hat die Union nicht nur zur AfD einen Unvereinbarkeitsbeschluss, auch die Linke fällt unter dieses Verdikt. Freilich droht die Brandmauer in diese Richtung zur Ruine zu verkommen, verdankte man dieser Gruppierung doch die Verhinderung der Schmach einer um Tage verzögerten Kanzlerwahl, die Minderheitsregierung in Thüringen ist wie die fragile Allianz in Sachsen auf Kooperationen angewiesen. Einige, wenige Unions-Politiker plädieren deshalb für Tauwetter, obwohl die Linke plump antisemitisch agiert und mit der Eigentumsgarantie im Grundgesetz hadert, was mehr als das Etikett „verfassungsbedenklich“ verdient. Sehenden Auges streben solche Unionspolitiker in die Abhängigkeit von der Linken.

Gleichzeitig nehmen die törichten Rufe nach einem Verbot der AfD zu, in Städten formieren sich dazu Demonstrationen. Manche Forderungen dieser Partei sind verstörend, viele Reden empörend, der Verfassungsschutz hat mit seinem Extremismus-Gutachten aber nur eine Fleißarbeit im Sammeln von Zitaten abgeliefert, ist den Nachweis einer „aggressiv-kämpferischen AfD-Grundhaltung gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung „eher schuldig geblieben.

Es gibt zu Recht hohe Hürden für ein Parteiverbot. Die Waffen einer wehrhaften Demokratie sind nicht Verbote, sondern Argumente. Auf den Streit über Inhalte und Pragmatismus im Umgang mit den Rändern kommt es an.

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