von Dieter Weirich

Dieter Weirich ©seppspiegl

Mitten in der heißen Phase des Wahlkampfes verabreichte uns die neue US-Administration auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine kalte Dusche. Vizepräsident J.D.Vance war gekommen, um „uns – so Ex-Außenminister Sigmar Gabriel – den Mittelfinger zu zeigen“.

Seit dem Wochenende ist der letzte Rest von transatlantischer Romantik verflogen. Der Schutzpatron hat uns wissen lassen, dass die Europäer künftig selbst für ihre eigene Sicherheit sorgen sollen, ein zu verhandelnder Frieden in der Ukraine ohne Beteiligung von US-Truppen abgesichert werden solle und der von Krieg und Elend geschundene Staat keinesfalls in die NATO aufgenommen werden könne.

Der eigentlich nicht ganz unerwartete Vorstoß Washingtons trifft auf ein rat-und orientierungsloses Europa mit den zwei Schwergewichten Deutschland und Frankreich, die für eine politische Führung augenblicklich ausfallen. Wie ein aufgeregter Hühnerhaufen versuchen die Staats-und Regierungschefs wenigstens noch ein Plätzchen am Verhandlungstisch für einen Frieden in der Ukraine zu erreichen.

Nun aber ist die Zeit für die eigentliche Zeitenwende gekommen. Was wir jetzt brauchen, ist entschlossenes europäisches Krisenmanagement, die massive Aufstockung der Beiträge für die unter Merkel und Scholz kaputt gesparte Bundeswehr, nicht kriegstüchtig, sondern verteidigungsfähig müssen wir werden.

Was seit den fünfziger Jahren ein Thema ist, sollte jetzt angegangen werden, die Schaffung einer europäischen Armee im Rahmen eines Stufenplans in der westlichen Verteidigungsallianz. Das ist die historische Mission der Zeitenwende. Europa ist heute nicht in der Lage, seine Bürger und seine äußeren Grenzen zu schützen. Es gibt im Kleinen schon gut funktionierende Beispiele, das deutsch-niederländische Korps oder die deutsch-französische Brigade. Auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht sollte zum Thema werden, muss doch der Schutz der Heimat in der Bewusstseinsbildung auch unserer Jugend verstärkt verankert werden.

Stellt sich Europa nach dem Weckruf Trumps nicht den neuen Herausforderungen, wird es in der künftigen multipolaren Weltordnung marginalisiert. Das sollte zum Zentralthema des Wahlkampfes werden.