von Dieter Weirich

Dieter Weirich ©seppspiegl

In der „Koalitions-Semantik“ gibt es keine Wahlgeschenke oder Zumutungen mehr, es werden vielmehr Pakete angeboten, sie bilden die unterschiedlichen Wünsche und Versprechen der Partner ab, dienen der innerparteilichen Befriedigung im Bündnis und sollen Handlungsfähigkeit zeigen. So gibt es rechtzeitig zum Nikolaustag mit dem „Rentenpaket“ eine vorweihnachtliche „Bescherung“ mit einer Festschreibung der Haltelinie für die SPD, einer teuren Mütterrente für die CSU, der Aktivrente für den umtriebigen CDU-Generalsekretär, einer Beruhigungspille für die jungen Rebellen durch die Ankündigung, in der Rentenkommission alles auf den Prüfstand zu stellen und die Zusage eines Zehn-Milliarden-Aktienpakts zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge für junge Leute.

Dass die Renegaten um Johannes Winkel und Pascal Reddig die Koalition ohne Rücksicht auf Verluste platzen lassen würden, war nicht zu erwarten. Das einst enge Vertrauensverhältnis zum Kanzler ist aber massiv gestört, zu wenig verständnisvoll war die Kommunikation des einstigen Hoffnungsträgers mit seinem Parteinachwuchs. Die ohnehin schwache Autorität des Kanzlers sollte aber nicht weiter reduziert werden, was nur die Ränder gestärkt hätte.

So erhalten wir ein Rentenpaket, das für die Bürger teurer wird, die notwendige Strukturreforn verschiebt und den Wunsch von CSU-Chef, mit einer Mütterrente noch Kosten von fünf Milliarden Euro draufzusatteln, erfüllt. Rechtzeitig zur bayerischen Kommunalwahl im Frühjahr 2026 will der etatistisch gestrickte Ministerpräsident sein „Müttertagspaket“ öffnen. Die klamme Finanzlage der überschuldeten Nation hindert ihn nicht daran, auch noch mit der Agrardiesel-Subvention und der Gastro-Steuersenkung die Spendierhosen anzuziehen

Nun sollen Experten eine große Rentenreform richten. Dabei gibt es zukunftsweisende Vorschläge en masse , zuletzt von der OECD mit der Forderung nach Abschaffung von Frühverrentung und einer längeren Lebensarbeitszeit. Was fehlt, ist der Mut zur Umsetzung.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als „liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.