Sprachlich im Kampfanzug

Dieter Weirich

Wenn „Sprache die Kleidung von Gedanken ist“, wie der englische Gelehrte und Schriftsteller Samuel Johnson einmal formulierte, dann scheint Bundeskanzler Olaf Scholz in Krisenzeiten den „semantischen Kampfanzug“ zu bevorzugen. All das, was ihm in Umfragen von der Bevölkerung nicht zugetraut wird, nämlich Energie, Durchschlagskraft und Führungswillen, soll offenkundig durch eine militante Sprache kompensiert werden. Die Lieblings-Vokabel „Wumms“   entstammt freilich Comic-Heften.

Angefangen hatte der sprachliche Angriffskrieg freilich mit der Bazooka, mit der er als Finanzminister mit Konjunkturpaketen die Probleme in der Pandemie zu überwinden versuchte. Dass ihm als Kampfinstrument ausgerechnet die aus den USA stammende, raketenangetriebene Infanteriewaffe einfiel, bei Deutschen als Panzerfaust bekannt, dürfte sprachsensiblen Genossen vom pazifistischen Flügel nicht gefallen haben.

Dabei hatte sich Scholz eher rhetorische Nachhilfe beim ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi geholt, der in der Finanzkrise die große Bazooka ausgepackt hatte. Gemeint war der Einsatz riesiger Geldmengen durch die Europäische Zentralbank, um die Märkte zu beruhigen. Moderne Panzer haben sich übrigens auf diese Abwehrwaffen inzwischen besser eingestellt, ihren Schrecken haben sie dennoch nicht verloren.

Nun setzt Scholz also auf den „Wumms“ und seine 200 Milliarden schweren Entlastungspakete im Kampf gegen die Energiekrise. In Wörterbüchern wird ein „Wumms“ als „Geräusch eines Schlages, Explosion oder Aufprall“ bezeichnet. Da die Bürger die Befreiungsschläge noch nicht mit ausreichender Zustimmung aufgenommen haben, hat sich der „Wumms“ verzweifacht. In einen „Doppel-Wumms“.

Für die Redenschreiber des Regierungschefs gibt es damit Stoppschilder. „Wumms“ ist nämlich Einzahl und Mehrzahl zugleich, Steigerungen sind schwierig.  Bei weiteren Lobpreisungen könnte man geistige Anleihen aus dem „Wumms“, dem satirischen Sportformat einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, nehmen. Die dort vermittelte Antwort heißt „Bums“, was im Fußballjargon für die Fähigkeit steht, hart und platziert zu schießen. Dass die Ampel in dieser Kunst noch Nachholbedarf hat, ist nicht zu bezweifeln.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als “liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.

 

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