von Dieter Weirich

Dieter Weirich ©seppspiegl

Ein schwerer innerparteilicher Gang steht Bundeskanzler Friedrich Merz bei dem morgen im Freizeitpark Rust beginnenden Deutschlandtag der Jungen Union (JU) bevor. Will er den ihm gewogenen jungen Anhang in die Zukunft mitnehmen, muss er endlich mit den Sozialstaatsreformen beginnen und das vom Parteinachwuchs als „teuerstes Sozialgesetz dieses Jahrhunderts“ bezeichnete Rentengesetz stoppen. Beim Koalitionspartner SPD würde er dabei auf „roten Granit“ stoßen, die Rente kann zum bedrohlichen Sprengsatz werden.

Man möchte nicht in der Haut des Regierungschefs stecken. Einerseits ist er um Harmonie in der schwarz-roten Koalition bemüht, andererseits teilt er die Besorgnisse der Jungen Union, die mit ihrem konfliktbereiten Vorsitzenden Johannes Winkel und weiteren 17 Abgeordneten im neuen Deutschen Bundestag ein Machtfaktor ist. Merz habe – so Winkel- sogar gesagt, dass er den Protest sogar als Pflicht der JU ansehe ,womit er die Rente zur Chefsache erklärt habe. Noch vertraue man dem Kanzler, die Reformen mutig anzugehen.

Die Renegaten stehen zwar zur Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2031, der Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bas gehe aber in seinem Leistungsumfang über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag hinaus. Die dauerhaften Milliardenlasten überforderten die junge Generation, engten den Spielraum für Investitionen und Innovationen ein. Weitere Milliarden in ein überholtes System zu pumpen, sei unverantwortlich.

Ein Prognos-Gutachten zum geplanten Rentenpaket warnt vor zusätzlichen Kosten von 479 Milliarden Euro bis 2050. Die jährlichen Mehrkosten stiegen von 18,3 Milliarden Euro in 2031 auf 27 Milliarden Euro bis 2050.

Was müsste bei der Rente im Rahmen der Sozialstaatsreform passieren ? Weg mit der Frühverrentung wie der Rente mit 63, eine Anpassung des Renteneintrittsalters an die steigende Lebenserwartung und künftige Rentenanpassungen nur noch am Inflationsausgleich, nicht an der Lohnsteigerung orientiert, das wäre die bei Wählern sicherlich unpopuläre, aber ordnungspolitisch richtige Marschrichtung.

An Glaubwürdigkeit fehlt es der JU nicht. So tritt sie auch entschieden dafür ein, auf die teure Mütterrente, das Leib-und Magenprojekt von CSU-Chef Markus Söder ,zu verzichten.

Dieter Weirich (Jg. 1944), gelernter Journalist, kommentiert jede Woche mit spitzer Feder seine Sicht auf das aktuelle Geschehen in rantlos; mit freundlicher Genehmigung der “Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO)”. Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle. Zuvor gehörte er eineinhalb Jahrzehnte als CDU-Abgeordneter dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher seiner Partei und als Wegbereiter des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst als „liberalkonservativen Streiter” sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig.