»Slainte is Saol«, Gesundheit und ein langes Leben, hallt es allabendlich durch den Festsaal von Bunratty Castle, wenn die Gäste ihre Gläser zum Toast erheben. Das altehrwürdige Gemäuer bietet knapp 100 Menschen Platz, vor allem aber eine Atmosphäre, die an die schönen Seiten des sonst eher ungemütlichen Mittelalters erinnert.

Es begann 1250 mit einer Holzfestung

Blick auf Bunratty Castle ©seppspiegl

Die erste Holzfestung entstand ab 1250, als der Normanne Robert de Muscegros an dieser Stelle einen alten Handelsplatz der Wikinger überbauen ließ. Der Name der Burg leitet sich vom Irischen »Bhun Raithe« ab, was soviel wie Burg in der Mündung des Flusses Ratty bedeutet. Damals befand sich die Festung noch auf einer Insel im Shannon, der sein Flussbett dann aber nach Süden verlagert hat. Nur 20 Jahre später ließ Thomas de Clare die aus 200 Bäumen errichtete Holzfestung durch eine steinerne Burg ersetzen. Was allerdings wenig nutzte: nach Kämpfen zwischen Iren und Normannen lagen die Burg wie auch die benachbarte Siedlung 1318 in Trümmern. Auch der sofort begonnene Wiederaufbau hielt nur wenige Jahre. Er wurde 1332 von Truppen der O’Briens und MacNamaras zerstört. Anfang der 1980er Jahre wurde ein Museum in der normannischen Burg eingerichtet, Wandteppiche aufgehängt und die Schlaf- und Arbeitsräume mit historischen Möbeln ausstaffiert. Das allein hätte wohl gereicht, um Touristen anzulocken. Die ganz große Idee aber war, das Mittelalter in der Burg zu neuem Leben zu erwecken.

Wandteppiche aus dem 15. und 16. Jahrhundert. ©seppspiegl

Danach zeigte sich, dass englische Ausdauer und Hartnäckigkeit nicht immer vom Erfolg gekrönt wird. Als Sir Thomas Rokeby 1353 auf den Ruinen einen Neubau errichten ließ, gelang es den Iren unmittelbar nach der Fertigstellung, die neue Burg in ihre Gewalt zu bringen. 1425 wurde die inzwischen vierte Burg durch die MacNamaras fertiggestellt, fiel dann aber in die Hände der aus Munster stammenden O’Briens. Auch wenn diese Burg ebenfalls belagert und im Krieg der drei Königreiche abermals durch irische Truppen eingenommen wurde (um später durch Heinrich VIII. an die O’Brien’s zurückgegeben zu werden), überstand diese die Jahrhunderte. 1690 fiel die Burg schließlich erneut in die Hand der Briten, die in den katholischen Gebieten Irlands gezielt britische Protestanten ansiedelten.

Die ruhigen Zeiten auf der Burg

Mit den neuen Pächtern kehrten endlich ruhigere Zeiten ein. Allerdings kamen Burgen allmählich aus der Mode und konnten die kalten und zugigen Gemäuer nicht mit den Ansprüchen der Moderne mithalten. Als Folge ließ die Besitzerfamilie Studderts nahe der Burg das Bunratty House bauen. Nachdem sie 1804 in ihr neues Haus umgezogen waren, verfiel Bunratty Castle. Nachdem das Dach bereits Ende des 19. Jahrhunderts eingestürzt war, übernahm Lord Gort die Festung 1950 und ließ sie innerhalb von zehn Jahren nach den alten Plänen restaurieren. Ihm, sowie auch der Unterstützung durch den Staat, haben wir es zu verdanken, dass Bunratty Castle heute die vollständigste mittelalterliche Festung Irlands ist.

Blick in die Küche ©seppspiegl

In den 1980er Jahren richtete sich ein Museum in den Gebäuden ein; gezeigt werden Möbel, Wandteppiche sowie Arbeits- und Schlafräume aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Die einstige Bankett- und Audienzhalle der Burg (Great Hall) kann für besondere Anlässe gemietet werden. Wie beim Schloss Blarney gilt auch im Bunratty Castle: The early bird catches the worm (der frühe Vogel fängt den Wurm). Denn täglich strömen um die 1.000 Besucher durch die Kassen auf das Burgareal, sodass es im Schloss schnell eng werden kann. Dies gilt insbesondere in den schmalen Gängen und auf den Treppen. So werden die Besucher vor Ort zur Vorsicht ermahnt. Als historisches Gebäude gibt es im Bunratty Castle eines reichlich: unebene Stufen und Böden sowie niedrige Decken. Wer schon um 10 Uhr beim Schloss ist, kann die Holztreppe zum Haupteingang hingegen in Ruhe hinaufsteigen und findet auch danach genug Platz. 

Heute befindet sich in der Hauptwache die Galerie der Minnesänger. Bekannter ist die Gewölbehalle jedoch durch die mittelalterlichen Festbankette. Diese werden von geschichtlichen Erzählungen über die Burg und Tafelmusik der »Bunratty Singers« begleitet. Die Werbeträgerin, eine bildhübsche Harfnerin, zielt dabei offensichlich auf männliche Besucher. Das ist vielleicht auch ganz gut so. Denn gegessen wird in mittelalterlicher Manier, was heißt: mit den Fingern.
Im Quartier des Hauptmanns beansprucht den größten Teil des winzigen Raums ein Himmelbett für sich. Daneben sind Waffen, Brustpanzer, Stiefel und weitere schützende Kleidungsstücke zu sehen. Wie hoch das Ansehen des Hauptmanns war, lässt sich an der verzierten Decke und dem eigenen Klo erkennen. Letzteres befindet sich hinter einem Mauervorsprung und besteht aus einem einfachen Loch im Boden.  In der Küche des Grafen gibt es eine Besonderheit, hier hängen große Schildkrötenpanzer an der Wand. Diese wurden damals als Suppenschüsseln und Abdeckungen verwendet. Ebenfalls an der Wand hängen typische Gerichte der »guten alten Zeit«: Fasane, Enten und Kaninchen. Direkt über der Hauptwache befindet sich der Große Saal. Er ist der ursprüngliche Bankett- und Audienzsaal der Earls of Thomond, diente dem Grafen aber auch als Gerichtssaal. Bemerkenswert sind die belgischen und flämischen Wandteppiche und die Standarte, welche das Wappen der Familie zeigt.

Barbusige Kronleuchter in Bunratty Castle ©seppspiegl

Vom Großen Saal aus erreicht man die private Kapelle des Grafen und den Nordflügel der Burg. In den privaten Räumen gilt dem Tisch besonderes Interesse. Angeblich soll er aus dem Wrack eines Armada-Schiffes stammen. Sicher ist hingegen, dass die barbusigen »Leuchterweibchen«, als Kronleuchter genutzte Holzfiguren, aus Deutschland stammen.

Um die Burg herum wurden verschiedene traditionelle irische Bauern- und Stadthäuser errichtet, die Touristen ein nostalgisches Flair vermitteln sollen. Teilweise wurden Gebäude an anderen Stellen oder Orten abgetragen und im Bunratty Folk Park wieder aufgebaut. So sind sogar ganze historische Dorfstraßen mit Läden, Schmiede, Gasthäusern, einem Schulgebäude entstanden. Eines der Gebäude stand zuvor auf dem Rollfeld des Flughafens Shannon. Traditionelle irische Handwerke werden vorgestellt und auch vor Ort ausgeübt.
 

Touristisch ist Bunratty Castle zu Beginn des 21. Jahrhunderts erfolgreich, weil insbesondere viele Amerikaner die nahe gelegene Stadt Limerick besuchen, da die gut verkaufte Autobiographie Die Asche meiner Mutter von Frank McCourt das Interesse an dieser Region geweckt hat. Dennoch bleibt die Popularität von Bunratty Castle und dem Freiluftmuseum noch weit hinter der anderer irischer Burgen wie beispielsweise Blarney Castle zurück.

 

 
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