Die Etruskergräber von Cerveteri
von Sepp Spiegl
Eintauchen in eine versunkene Kultur

Die Etrusker, die vor den Römern das zentrale Italien bewohnten, hinterließen faszinierende kulturelle Überreste, insbesondere ihre Gräber. Cerveteri, eine der wichtigsten etruskischen Städte, beeindruckt mit beeindruckenden Grabanlagen dieser antiken Zivilisation. Die Nekropolen von Cerveteri, besonders die „Necropoli della Banditaccia“, bieten heute faszinierende Einblicke in etruskisches Leben, Glauben und Bestattungspraktiken. Der folgende Artikel beleuchtet die Herkunft, das Alter, die Lage und den aktuellen Zustand dieser Gräber.
Geschichte und Ursprung der Etruskergräber in Cerveteri
Das antike Cerveteri, auch als „Caere“ bekannt, zählte zu den mächtigsten Städten der etruskischen Zwölfstädte. Über Jahrhunderte, angefangen im 9. Jahrhundert v. Chr., entwickelten sich die Nekropolen in Cerveteri. Die Etrusker waren berühmt für ihre komplexen Bestattungssitten, die stark mit ihrem Glauben an ein Leben nach dem Tod verbunden waren. Sie schufen monumentale Gräber, die wie kleine Häuser angelegt waren, um das irdische Leben der Verstorbenen zu symbolisieren. Die Ursprünge der Etrusker sind immer noch Gegenstand von Debatten. Einige Historiker vermuten eine Einwanderung aus Kleinasien, während andere sie als Ureinwohner Italiens betrachten. Ihre Kultur stand in engem Austausch mit benachbarten Zivilisationen wie den Griechen und Phöniziern, was sich in ihrer Architektur und Kunst widerspiegelt. Die Gräber in Cerveteri belegen das technische und künstlerische Können der Etrusker. Oft aus regionalem Tuffstein gemeißelt, unterscheiden sie sich in Form und Größe, was die sozialen Unterschiede der etruskischen Gesellschaft widerspiegelt. Einfachere Schachtgräber dienen weniger wohlhabenden Bürgern, während wohlhabende Familien prachtvolle Grabanlagen mit Malereien und kostbaren Beigaben errichteten. Die Gräber der Nekropole von Cerveteri sind bekannt für ihre monumentale Größe und Vielfalt an architektonischen Formen. Die „Necropoli della Banditaccia“ erstreckt sich über 400 Hektar, wobei der besterhaltene Teil gut 10 Hektar einnimmt. Diese Nekropole umfasst Tausende Gräber, die über Jahrhunderte entstanden. Die Unterschiede in Größe und Architektur der Gräber spiegeln wieder den sozialen Status der Toten wider.
Die Tumulus-Gräber von Cerveteri

In der Nekropole von Cerveteri stehen die Tumulus-Gräber im Mittelpunkt. Diese monumentalen Grabbauten erscheinen wie riesige Erdhügel und erreichen oft einen Durchmesser von 40 Metern oder mehr. Im Inneren dieser Hügel liegen mehrere aus dem weichen Tuffstein gehauene Grabkammern. Sie imitieren das Zuhause der Verstorbenen und übertragen das irdische Leben in den Tod. Einige der großen Gräber bieten Raum für ganze Familiengenerationen. Sie bestehen aus mehreren Räumen mit steinernen Nachbildungen von Möbeln und Alltagsgegenständen. Besonders hervorzuheben ist das Tomba dei Rilievi („Grab der Reliefs“), das aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. stammt. Er umfasst mehrere Kammern, die durch Korridore verbunden sind, und ist mit gravierten Steinreliefs geschmückt. Diese Reliefs zeigen Szenen aus dem Leben der Verstorbenen. Die Gräber sind oft in mehrere Stockwerke unterteilt und verfügen über Treppen und Gänge, die zu verschiedenen Grabkammern führen.
Die reich ausgestatteten Gräber in Cerveteri spiegeln das große handwerkliche Können der Etrusker wider. In den Grabkammern finden sich aufwendige Nachbildungen von Möbeln, Waffen, Schmuck und anderen Alltagsgegenständen. Diese Objekte sind nicht nur symbolisch für das Leben im Jenseits. Sie drücken auch den Reichtum und Status der Verstorbenen aus. Besonders aufwendig ist das Tomba dei Rilievi aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Dieses Grab zeichnet sich durch feine Stuckarbeiten und bemalte Reliefs aus. Sie stellen Haushaltsgegenstände wie Waffen, Helme, Schilde, Geschirr und Tiere dar. Die Grabausstattung sollte dem Verstorbenen im Jenseits dienen und seine Stellung im Leben unterstreichen. In den Gräbern von Cerveteri fand man wertvolle Grabbeigaben wie Bronzen, Keramiken und Goldschmuck. Viele dieser Funde sind heute in Museen ausgestellt, darunter im Vatikanischen Museum und im Archäologischen Nationalmuseum von Cerveteri.
Vergleich mit den Gräbern in Tarquinia
Obwohl Tarquinia eine ähnliche Bedeutung wie Cerveteri für die etruskische Kultur hatte, unterscheiden sich die dortigen Gräber deutlich. Die Nekropole von Tarquinia, bekannt als „Necropoli dei Monterozzi“, ist berühmt für reich bemalte Wandgräber. Während die Gräber in Cerveteri durch ihre Architektur beeindrucken, bestechen die Gräber in Tarquinia durch außergewöhnliche Fresken. Diese Fresken zeigen oft Szenen aus dem Leben und der Mythologie.

In Tarquinia meißelten die Etrusker die Grabkammern direkt in den Felsen, anders als die Hügelgräber von Cerveteri. Die Innenwände bemalten sie mit farbenfrohen Fresken. Diese Wandmalereien gewähren uns einzigartige Einblicke in das Leben der Etrusker. Während die Gräber in Cerveteri oft wie Häuser gestaltet sind, zeigen die Wandbilder in Tarquinia lebendige Szenen. Bankette, Tänze, Jagden und sportliche Wettkämpfe sind dargestellt. Ein berühmtes Beispiel ist das Grab der Leoparden (Tomba dei Leopardi) aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. Es zeigt eine fröhliche Festgesellschaft mit Musik und Tanz. Die Fresken in Tarquinia vermitteln ein stark spirituelles und lebensbejahendes Jenseits. Der Tod erschien nicht als tragisches Ende, sondern als Übergang in ein neues Leben. Die Malereien besitzen oft hohe künstlerische Qualität. Sie zeigen stilisierte menschliche Figuren, mythologische Wesen und Naturmotive.
In Tarquinia legten die Etrusker den Schwerpunkt auf dekorative Wandmalereien. In Cerveteri standen steinerne Nachbildungen von Alltagsgegenständen und Grabbeigaben im Vordergrund. Beide Städte statteten die Gräber mit wertvollen Beigaben aus, darunter Schmuck, Keramiken und Waffen. Die Kunst der Wandmalerei ist jedoch ein besonderes Merkmal der Nekropole von Tarquinia. Ein weiterer Unterschied ist die Größe der Gräber. In Tarquinia sind die Gräber meist kleiner als die monumentalen Tumulusgräber von Cerveteri. Sie bestehen aus einzelnen Kammern, die weniger Platz für große Familien bieten, aber künstlerisch ausgefeilter sind.
Der symbolische Unterschied zwischen Cerveteri und Tarquinia

Die Bestattungskultur von Cerveteri und Tarquinia spiegelt unterschiedliche religiöse und soziale Auffassungen wider. In Cerveteri stand das Grab als repräsentativer Ort der Familie im Fokus. Die Gräber waren dauerhafte Wohnstätten der Verstorbenen. Ihre Architektur betonte den sozialen Status der Familie. Die Ausstattung mit steinernen Möbeln und symbolischen Gegenständen zeigt, dass die Etrusker in Cerveteri großen Wert darauf legten, das Jenseits realistisch nachzuempfinden. In Tarquinia standen künstlerische Darstellungen von Leben und Mythen im Vordergrund. Die Fresken zeigen ein fröhliches, lebendiges Jenseits. Die Verstorbenen nehmen an Festen und Zeremonien teil. Die Betonung liegt mehr auf der spirituellen Vorstellung vom Tod als auf dem sozialen Status. Diese Wandmalereien spiegeln eine optimistische Sicht auf das Leben nach dem Tod wider. Die Verstorbenen leben in einer freudigen Umgebung weiter. Die Gräber von Cerveteri und Tarquinia zeigen uns ein vielschichtiges Bild der etruskischen Kultur. Cerveteri beeindruckt mit seinen monumentalen und architektonisch anspruchsvollen Gräbern. Tarquinia hingegen ist bekannt für seine kunstvollen Wandmalereien, die das Leben der Etrusker in lebendigen Farben abbilden. Beide Nekropolen zusammen vermitteln ein umfassendes Bild der religiösen und kulturellen Vorstellungen dieser faszinierenden Zivilisation, die das Land lange vor den Römern prägte. Heute gehören beide Stätten zum UNESCO-Weltkulturerbe und sind wesentliche Schlüssel zum Verständnis der etruskischen Kultur, deren Vielfalt und Raffinesse bis heute beeindrucken.
Lage der Nekropole von Cerveteri

Die bedeutendste und größte Nekropole von Cerveteri ist die „Necropoli della Banditaccia“. Diese gewaltige Gräberstadt erstreckt sich über etwa 400 Hektar. Allerdings ist nur ein kleiner Teil für Besucher zugänglich. Sie befindet sich auf einem sanften Hügel oberhalb der Stadt Cerveteri und bietet einen atemberaubenden Blick auf die umliegende Landschaft Latiums. Die Banditaccia-Nekropole ist in verschiedene Bereiche gegliedert, die sich nach Epoche und sozialer Schicht der Bestatteten unterscheiden. Besucher können über die gepflasterten Straßen der Nekropole schlendern, die zwischen den monumentalen Grabhügeln verlaufen. Einige Gräber sind in das weiche Tuffgestein gegraben, während andere als freistehende Hügel mit darunterliegenden Grabkammern gestaltet sind. Bedeutende Gräber erreicht man durch lange Tunnel, die in den Stein gehauen sind und zu prächtig dekorierten Grabkammern führen. Diese Gräber zeigen den Reichtum und Einfluss der etruskischen Aristokratie, die in Cerveteri über Jahrhunderte ihre Macht festigte.
Bedeutung und Zustand der Gräber heute

Heute gehört die Nekropole von Cerveteri zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist ein bedeutendes touristisches und archäologisches Ziel. Dank ihrer außergewöhnlich gut erhaltenen Gräber gewährt die Nekropole tiefe Einblicke in die Bestattungssitten und religiösen Vorstellungen der Etrusker. Die „Necropoli della Banditaccia“ wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder untersucht und erforscht. Besonders die Funde von Grabbeigaben wie Keramiken, Bronzen und Goldschmuck sind von unschätzbarem Wert. Viele dieser Artefakte befinden sich heute in Museen, darunter das Vatikanische Museum und das Archäologische Nationalmuseum von Cerveteri. Obwohl die Gräber von Cerveteri über Jahrtausende erstaunlich gut erhalten geblieben sind, sind sie dennoch den natürlichen Einflüssen ausgesetzt. Um die Gräber für zukünftige Generationen zu bewahren, wurden in den letzten Jahren verschiedene Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen ergriffen. Gleichzeitig bemüht sich die Gemeinde Cerveteri, die Nekropole als touristisches Highlight bekannter zu machen, ohne jedoch den archäologischen Wert zu gefährden. Die Etruskergräber von Cerveteri sind nicht nur architektonische Meisterwerke, sondern auch Schlüssel zur Entschlüsselung einer faszinierenden und bis heute rätselhaften Kultur. Ihre aufwendigen Grabstätten spiegeln das Leben und die religiösen Vorstellungen der Etrusker wider, deren Einfluss auf die römische Kultur und darüber hinaus unübersehbar ist. Dank der Bemühungen um den Erhalt und die Erforschung dieser Stätten können wir auch heute noch in die Welt der Etrusker eintauchen und mehr über diese bedeutende Zivilisation erfahren, die den Grundstein für viele Aspekte der westlichen Kultur legte.
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Anfahrt:
Die Nekropole von Cerveteri, die „Necropoli della Banditaccia“, liegt etwa 40 Kilometer nordwestlich von Rom in der Region Latium. Sie ist gut zu erreichen, sowohl mit dem Auto als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Hier sind die gängigsten Möglichkeiten, um die Gräber von Cerveteri zu besuchen:
1. Anfahrt mit dem Auto
Die bequemste und flexibelste Möglichkeit, Cerveteri zu erreichen, ist mit dem Auto. Von Rom aus dauert die Fahrt je nach Verkehrslage etwa eine Stunde.
- Von Rom (aus dem Zentrum oder Flughafen Fiumicino):
- Nehmen Sie die Autobahn A12 (Autostrada Roma-Civitavecchia) in Richtung Civitavecchia.
- Verlassen Sie die Autobahn an der Ausfahrt „Cerveteri-Ladispoli“.
- Folgen Sie der Beschilderung nach Cerveteri und dann den Hinweisschildern zur „Necropoli della Banditaccia“.
Es gibt einen Parkplatz in der Nähe des Haupteingangs zur Nekropole, wo Besucher ihre Fahrzeuge abstellen können.
2. Anreise mit dem Zug
Eine andere bequeme Möglichkeit, Cerveteri zu erreichen, ist mit dem Zug von Rom aus.
- Zugverbindung:
- Vom Bahnhof Roma Termini oder Roma San Pietro fahren Regionalzüge (Trenitalia) in Richtung Civitavecchia oder Pisa.
- Steigen Sie am Bahnhof Cerveteri-Ladispoli aus. Die Fahrt dauert etwa 40 bis 50 Minuten.
- Weiterfahrt zur Nekropole:
- Vom Bahnhof Cerveteri-Ladispoli können Sie entweder ein Taxi nehmen oder den Bus (COTRAL) in Richtung Cerveteri Zentrum nehmen. Die Fahrt dauert etwa 15 Minuten, und von der Bushaltestelle sind es etwa 10 Minuten zu Fuß bis zur Nekropole.
3. Anreise mit dem Bus
Es gibt auch direkte Busverbindungen von Rom nach Cerveteri, die von der COTRAL-Buslinie betrieben werden.
- Bus ab Rom:
- Die Busse fahren vom Piazzale della Stazione Cornelia in Rom (Metro Linie A, Station Cornelia) ab.
- Nehmen Sie den COTRAL-Bus in Richtung Cerveteri, die Fahrt dauert etwa 1 Stunde.
- Ankunft in Cerveteri:
- Der Bus hält in der Nähe des historischen Zentrums von Cerveteri. Von dort aus können Sie zu Fuß zur Nekropole gehen (ca. 15-20 Minuten) oder ein Taxi nehmen.
4. Organisierte Touren
Es gibt auch zahlreiche organisierte Touren, die von Rom aus starten und geführte Besichtigungen der Gräber von Cerveteri anbieten. Diese Touren beinhalten in der Regel den Transport mit einem Reisebus und eine Führung durch die Nekropole sowie einen Besuch des Archäologischen Museums von Cerveteri. Dies ist eine praktische Option, wenn Sie die Planung und Organisation einer individuellen Anreise umgehen möchten.
Öffnungszeiten und Eintritt
Die Nekropole ist das ganze Jahr über geöffnet, allerdings variieren die Öffnungszeiten je nach Saison. Es ist ratsam, sich vor dem Besuch über die aktuellen Zeiten und eventuelle Schließtage zu informieren. Der Eintrittspreis liegt in der Regel bei etwa 8 bis 10 Euro für Erwachsene, wobei Ermäßigungen für Kinder, Studenten und Senioren angeboten werden.
Egal, ob Sie sich für eine individuelle Anreise oder eine organisierte Tour entscheiden, der Besuch der Etruskergräber in Cerveteri ist eine faszinierende Reise in die antike Vergangenheit Italiens, die sowohl historisch als auch landschaftlich beeindruckend ist.
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