Schon von Kindesbeinen an machten Barry, Maurice und Robin gemeinsam Musik. In einem Kino in Manchester gab es die Möglichkeit, auf der Bühne zu einer mitgebrachten Schallplatte – quasi als Playback – zu singen. Doch auf dem Weg dorthin geschah ein Missgeschick und die Platte ging zu Bruch. Sie entschlossen sich dennoch aufzutreten und sangen live den Hit “Lollipop” der Chordettes. Tags drauf erschien über das Trio der erste Zeitungsbericht.
Zu jener Zeit gab es ein Programm der Regierung, wonach Familien für 20 Dollar nach Australien auswandern konnten. 1958 fasste ihr Vater den Entschluss, dies aus wirtschaftlichen Gründen zu tun. In Brisbane bastelten die Kids weiter an ihrer Karriere. Ihre ersten öffentlichen Auftritte hatten sie dort auf einer Motorradrennstrecke, wo sie zwischen den Rennen für das Publikum sangen.
Der australische Disc-Jockey Bill Gates lud die Brüder in seine Radio-Show ein: “Wir hatten als Brüder Gibb die gleichen Initialen und so verpasste er uns den Namen “Bee Gees”. Das ging damals alles ganz schnell”, erinnerte sich Robin Gibb im Interview. 1963 kam der erste Schallplattenvertrag zustande. Als sie ins Aufnahmestudio kamen, bot sich dort ein vertrautes Bild: die Toilette diente als Hallkammer.
Der Kinderband maß niemand rechtes Potential zu, was die Verantwortlichen auch offen aussprachen. Das Familienunternehmen Gibb – der Papa Manager, die Mutter Garderobiere, Barry als Bandleader und seine Zwillingsbrüder Maurice und Robin – wollte nicht richtig zünden. Als die “Beatlemania” Australien erreichte, veränderte dies auch den musikalischen Stil der Brüder. Und sie wollten nach London, in jenen Tagen das Zentrum der Popmusik, um ihre Karriere voranzutreiben.

Gerade als sie das Schiff nach England bestiegen hatten, kam die Nachricht, dass sie in Australien mit “Spicks and specks” auf Platz 1 der Hitparade standen. Doch ihre Entscheidung stand fest. Sie nahmen dies als gutes Zeichen für den Start in die neue Zukunft. In London machte der Manager Robert Stigwood in kurzer Zeit aus den drei Brüdern Popstars, die es vermochten, eine wahre Hysterie unter den Teenagern auszulösen.

1969 kommt es zum Bruch – Robin Gibb macht es solo

Sie waren jedoch nicht nur Brüder, sondern auch untereinander Konkurrenten. “Ähnlich wie bei den Beatles gab es einen Wettstreit, wessen Song zur A-Seite einer Single wird und wem die B-Seite vorbehalten bleibt”, erklärte Robin Gibb. 1969 kam es zum Bruch und Robin startete mit “Saved by the bell” erfolgsversprechend eine Solo-Karriere.

Barry und Maurice machten zu zweit weiter. Doch bald wurde klar, dass für ein komplettes Klangbild die Stimme von Robin fehlte. Erfolge blieben aus und sie versuchten sich sogar als Schauspieler in dem recht schrägen Film “Cucumber Castle”. Rund eineinhalb Jahre dauerte die Trennung an, bevor sich die Brüder wieder vertrugen. Doch die Glanzzeiten waren vorüber.

Durchbruch mit einem Song über ein Minenunglück

“New York Mining Disaster 1941”, ein düsteres Lied über ein Grubenunglück, bedeutete 1967 den kommerziellen Durchbruch. Nicht nur in England, sondern in ganz Europa. Vor allem in Deutschland entwickelte sich über die Jahre eine ganz besonders treue Fangemeinde. Hit reihte sich an Hit und die Mädchenherzen schmolzen nur so dahin. Darüber hinaus waren sie mit ihrem eigenwilligen Erscheinungsbild Trendsetter in Sachen Mode.
Erst als sie nach Amerika gingen, wendete sich das Blatt. Der in den USA lebende türkische Musikproduzent Arif Mardin schlug ihnen vor, eine Oktave höher zu singen. Der sogenannte Falsettgesang hatte 1975 auf dem Album “Main Course” Premiere und verhalf den Gibb-Brüdern zu einem weltweiten Comeback.
Zwei Jahre später bekamen sie den Auftrag, die Musik für den Film “Saturday Night Fever” zu schreiben. Innerhalb von zwei Wochen arbeiteten sie den Soundtrack aus, ohne vorher das Drehbuch gelesen zu haben. „Die Musik zu “Night Fever” schrieben wir auf einer Farm in Albertville in Frankreich“, erzählte Robin Gibb. Die Songs aus dem Tanzfilm wurden Welthits und die Gebrüder Gibb zu Ikonen der Disco-Ära.
Das nachfolgende Album “Spirits having flown” brach ebenfalls Rekorde. Für die Tournee mieteten die Brüder ein Flugzeug an, das sie speziell bemalen ließen. Die Einnahmen aus dem Song “Too much heaven” stellten sie der UNICEF zur Verfügung und konnten die Organisation mit sieben Millionen US-Dollar unterstützen. Neben dem UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim dankte ihnen auch der US-Präsident Jimmy Carter und lud sie ins Weiße Haus ein.

Anfang der 1980er Jahre war der Disco-Hype vorüber und das Publikum hatte genug von den Bee Gees. Ihre Platten fanden kaum noch Zuspruch und sie versuchten sich erneut als Solisten. Recht erfolgreich gelang dies Robin Gibb in Europa. Mit “Juliet” stand er 1983 in Deutschland, Italien und in der Schweiz auf Platz 1 der Hitparaden.

Zwar waren die Bee Gees als Band erfolglos geworden, dafür konnten sie in dieser Zeit als Songwriter ihre größten Hits landen. “Islands in the stream” (Dolly Parton & Kenny Rogers), “Chain Reaction” (Diana Ross), “Heartbreaker” (Dionne Warwick) oder “Woman in love” (Barbra Streisand) waren die Meilensteine der Popmusik, die sie in ihrer Hitschmiede fertigten.

Sechs Jahre waren seit ihrem letzten Album vergangen, als ihnen 1987 mit “You win again” ein fulminantes Comeback gelang. Doch in die Freude platzte die Todesnachricht von ihrem jüngsten Bruder Andy. Ein schwerer Schock, der auch bewusst machte, dass das Alter an Barry, Maurice und Robin nicht spurlos vorüber gegangen war. Die vielen Anstrengungen der vergangenen Jahrzehnte blieben nicht ohne gesundheitliche Folgen.

Ungeachtet dessen setzten sie während der 1990er Jahre mit ihren Auftritten und Produktionen neue Maßstäbe. Die einstige Boygroup inspirierte die Boygroups der Neuzeit wie Take That, Boyzone oder US5 dazu, die alten Hits neu aufzunehmen und der jungen Generation bekannt zu machen.

2001 erschien ihr letztes Studioalbum “This is where I came in”. Als am 12. Januar 2003 Maurice völlig unerwartet nach einer Operation verstarb, waren alle weiteren Planungen obsolet. Am 20. Mai 2012 starb Robin an den Folgen einer Krebserkrankung. Barry lebt seit vielen Jahren in Florida. 2018 wurde er von Prince Charles zum Ritter geschlagen. 2006 wurde das offizielle Ende der Bee Gees bekannt gegeben. Ihre Musik bleibt für immer, ist – um es mit ihren Worten zu sagen – “immortality”.

The Bee Gees – To Love Somebody

- ANZEIGE -