Margarethe Tiesel, Christine Ostermayer © ORBROCK TIVOLI, 2024

Ein Film über den Tod – und das Leben. Genauer gesagt geht es um den selbstbestimmten Tod, den Helene (Christine Ostermayer), jene einst gefeierte Theaterdiva, sich wünscht. Mit weit über 80 und der Diagnose Krebs will sie sich alles weitere Leid ersparen. In der Schweiz hat Helene bereits einen Termin in einer Sterbeklinik organisiert. Nur mit der Anreise gibt es Probleme, schließlich hat Madame keinen Führerschein. Der Neffe verweigert jede Hilfe als Chauffeur für die letzte Reise, als konservativen Politiker muss er schließlich auf seine Karriere achten. Dafür bringt das Schicksal unerwartet Toni (Margarethe Tiesel) ins Spiel. Die Frührentnerin muss sich nach einem Sturz vorübergehend in der Seniorenresidenz erholen. Die anfängliche Abneigung der ungleichen Zimmernachbarn weicht bald einer ziemlich besten Freundschaft. Bald sitzt das ungleiche Damen-Duo im stattlichen Oldtimer und fährt gen Schweiz – dass Toni gleichfalls die Fahrerlaubnis fehlt, bleibt ihr kleines Geheimnis.

Auf die ganz große Dramatik im Stil des modernen Klassikers Thelma & Louise (1991) verzichtet Toni und Helene ganz bewusst – und beweist stattdessen, dass sehr viel Können vonnöten ist, um mit Leichtigkeit schwere Themen zu behandeln. Der Film widmet sich dem Wunsch, das eigene Leben bis zum Schluss selbstbestimmt führen zu können. Alter, Krankheit, Sterbehilfe – das Skript und die Inszenierung zeigen Feingefühl im Umgang mit den „letzten Fragen“, die sich Menschen zwangsläufig stellen müssen.

Der Humor relativiert die Ernsthaftigkeit nicht, sondern erobert sich stimmig seinen Platz in diesen Reflexionen. Gelungen ist auch, wie hier immer wieder auf Altersdiskriminierung hingewiesen wird – und wie die beiden Titelheldinnen mit zunehmendem Mut Wege entdecken, darauf zu reagieren. So machen sich Toni und Helene ihr Alter und die damit verknüpften (häufig stereotypen) Vorstellungen in der Gesellschaft wiederholt zunutze, um ihrem Ziel näherzukommen – wodurch sie etwa bewirken, dass sie in einer kniffligen Situation von einem Polizisten eskortiert werden und so deutlich schneller unterwegs sind.

Christine Ostermayer und Margarethe Tiesel legen in ihren betont gegensätzlich, aber stets glaubhaft gezeichneten Figuren reichlich Spielfreude an den Tag; das Drehbuch liefert den erforderlichen Wortwitz. Hinzu kommen überraschende Kurzauftritte, beispielsweise von der Schriftstellerin und Cartoonistin Stefanie Sargnagel, die als Tramperin ihre dezidierte Meinung über das Konzept, „in Würde“ zu altern, kundtut.

 

Tragikomödie, Drama
Regie: Gerhard Ertl, Sabine Hiebler

Drehbuch: Gerhard Ertl, Sabine Hiebler

Besetzung: Christine Ostermayer, Margarethe Tiesel, Julia Koschitz
Originaltitel: 80 plus

 

 

 

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