Das Gebäude, das der Bauhaus-Gründer Walter Gropius in der Oberpfalz schuf, gilt als architektonische Meisterleistung und als einmaliges Industriedenkmal.  

Amberg (obx) – Walter Gropius war zwar kein Amberger. Für die Stadt in der Oberpfalz aber schuf er mit der 1970 eröffneten, so genannten Glaskathedrale ein Bauwerk, das bis heute fasziniert. Pünktlich zum 50. Geburtstag im Jahr 2020 entstand der Ausstellungsraum “Erlebnis Glaskathedrale Amberg”. Dort können Besucher die Geschichte des Gebäudes in einer moderierten Multimedia-Show erleben. Das Herzstück der Anlage ist die über 100 Meter lange Schmelzofenhalle. Die markante Form des Daches und des Giebels waren gemeinsam mit dem verarbeiteten Werkstoff der Namensgeber für den Beinamen “Glaskathedrale”. Die Dachflächen und das Mittelschiff sind aus Beton und Glas. Sie erheben sich – durch die die bewusste Anböschung und Aufschüttung unmittelbar an den Flachbauten – aus der Rasenfläche bis zum Giebel. Durch diese Bauweise gelangt viel Tageslicht in das Glaswerk. Das Industriebauwerk ist ein Paradebeispiel für das Gestaltungsprinzip “form follows function”. Ursprünglich wurde die “gläserne Kathedrale” als Firmengebäude der Firma Rosenthal gebaut.

© Foto: obx-news/Stadtmuseum Amberg/Erich Spahn
 
Ausgangspunkte für die Planung des 1970 eröffneten Glaswerkes mit einer bebauten Fläche von 11.500 Quadratmetern und 44.500 Kubikmetern umbautem Raum waren drei Forderungen, wie in der Ausgabe 1/1971 des Architekturmagazins “DETAIL” nachzulesen ist: “1. Hier sind alle technischen Stufen der Glasproduktion, von der Herstellung des mundgeblasenen Glases über die Press- und Halbautomatik bis zur vollautomatischen Erzeugung von Wirtschaftsgläsern, vereint. 2. Die Produktion von 24%-igem Bleikristall, Kaliglas und Farbglas sowie die Dosierung und Mischung des Gemenges in einer elektronisch gesteuerten Anlage setzt einen reibungslosen Materialfluss und damit auch klare Arbeitsabläufe voraus. Ebenso erfordert die vollautomatische Regelung der Temperaturen und Ofenatmosphären besondere Voraussetzungen. 3. Für den Arbeitnehmer waren Umweltbedingungen zu schaffen, die sich entscheidend abheben von den überkommenen, stark belastenden Bedingungen in der Glasindustrie, wo bisher die Belastungen des Arbeitnehmers, bedingt durch die extremen Temperaturen, außerordentlich hoch waren.”
 
Im Mittelpunkt des Baus stand auch eine rasche und störungsfreie Wärmeabfuhr. Diese sollte den Glasbläsern die schweißtreibende Arbeit etwas erleichtern. Architekturhistoriker sind sich heute einig: Gropius schuf hier ein herausragendes Beispiel an modernem Funktionalismus. Heute befindet sich das Firmengebäude im Besitz der Firma Riedel Glas. Für das Umfeld der Produktionsstätte entwarf Gropius auch einen Wohngebäudekomplex mit fünf Häusern – gebaut wurden hier jedoch nur zwei. Die Kathedrale ist das letzte Werk des weltweit tätigen Architekten und Bauhaus-Gründers, der 1969 in Boston in den USA verstarb. 
 
Ein Besuch der Glaskathedrale ist mit vorheriger Anmeldung im Rahmen einer Führung möglich.
 
www.dieglasstrasse.de
https://tourismus.amberg.de
https://www.stadtmuseum-amberg.de/de/glaskathedrale/fuehrungen-guided-tours 
- ANZEIGE -