Vor 100 Jahren – Werbung 1921:

Drei Jahre nach Kriegsende, in einer Zeit der anhaltenden Wirtschaftskrise im Deutschen Reich, beschränkt sich die Werbung in den Zeitungen und Zeitschriften auf ein bescheidenes Maß und verzichtet weitgehend auf vielversprechende Werbeslogans. Geworben wird hauptsächlich für Produkte des alltäglichen Bedarfs.

Besonders die Frau spielt in der Werbung eine immer herausragendere Rolle. Sie wirbt vor allem für Kosmetikprodukte, Wasch- und Putzmittel, technische Haushaltsgeräte und Kleidung. Der Mann hingegen ist dominierender Werbeträger für Zigaretten, Zigarren und alkoholische Getränke.

Die Vermarktung der Frauengestalt in der Reklame basiert einerseits auf dem Bild der fleißigen Hausfrau und Mutter, die z. B. für Haferflocken oder Kakao Reklame macht. Andererseits orientiert sich die Werbung am Bild der modernen, schönen, verführerischen Frau, die vornehmlich für Kleidung, Parfüm, Kosmetika und Körperpflegemittel für eine »zarte weiße Haut« und Schlankheitskuren wirbt. Diese beiden Rollenideale treten als wesentliche Merkmale in der Werbung hervor und sind bevorzugte Themen der Werbegrafiker.

Das Plakat als Werbemittel setzt sich mehr und mehr durch. Bekannte Firmen wie Henkel, Persil, Nivea, Steiff, Deinhardt, Odol oder Leibniz werben für ihre Qualitätsprodukte in Zeitungen oder auf Plakaten ohne jegliche Zusatzinformationen für den Verbraucher. Allein der traditionsreiche Name steht im Vordergrund. Auch für den Normalverbraucher unerschwingliche Güter wie Autos oder Klaviere werden nur mit den Firmennamen präsentiert, da genaue Kenntnisse des Wertes des Produkts beim Kunden vorausgesetzt werden.

Dominierend im Anzeigenteil der Zeitungen sind nicht die großflächigen Anzeigen bekannter Firmen, sondern die kleinformatigen Angebote der örtlichen Händler. Angesichts der schlechten Ernährungssituation wird auffallend häufig für sog. Ersatz- und Vitaminprodukte, die eine unzureichende Ernährung ausgleichen sollen, geworben. So wird Kindern, Kranken und Unterernährten das Stärkungsmittel »Viscitin«, das die Abwehrkräfte und die Leistungsfähigkeit aufbaut, empfohlen. Auch der Verband deutscher Schokoladenfabrikanten empfiehlt seine Waren als Ersatzprodukte. Gute Schokolade wird als altbewährtes Mittel dargestellt, um zu jeder Tageszeit den ermüdeten Körper zu stärken und ihm das Hungergefühl zu nehmen.

Medizinische Produkte bilden einen weiteren Schwerpunkt in der Werbung. Erfolgversprechende Mittel werden z. B. zum Abgewöhnen des Rauchens angepriesen, gegen lästigen Haarwuchs wie den Damenbart, Haarausfall, Stuhlverstopfung oder Mitesser. Orthopädische Geräte wie beispielsweise ein Beinkorrektionsapparat zur Heilung von O- und X-Beinen oder ein Nasenformer werden in Annoncen offeriert, die auf Abbildungen gänzlich verzichten und trotzdem den größten Teil der Anzeigenseiten in den Tageszeitungen einnehmen. Die allgemeine Zurückhaltung in der Produktwerbung spiegelt sich in der Vielzahl dieser kleinformatigen Inserate wieder.

Firmen entdecken Kunstplakate als Werbeträger für den gehobenen Kundengeschmack

Das künstlerisch gestaltete Plakat nimmt in der Werbelandschaft einen immer höheren Stellenwert ein. Neben Anzeigen für Ausstellungen, Theater- oder Kinovorstellungen wird vorrangig für Luxusartikel, wie etwa Zigarren, Sekt, Whisky, Schmuck, Pelze oder Parfüm mit unkonventionellen Plakaten geworben, die sich von der üblichen, rein gegenständlichen Abbildung des Verkaufsobjekts abheben.

Die Art der Werbung ist mitentscheidend für den Verkaufserfolg. Hochwertige Produkte für einen zahlungskräftigen Kundenkreis müssen auf dem Niveau des Käufers präsentiert werden. Auffällige Formen und Farben, die den künstlerischen Aspekt häufig in den Mittelpunkt stellen, wirken entsprechend und heben den elitären Stellenwert des Werbeobjekts hervor. Der Markenname ersetzt den Slogan.

Außenwerbung setzt sich durch

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Ein neuer Trend ist die Verlagerung der Werbung von den konventionellen Werbeträgern wie Zeitungen und Zeitschriften nach außen an Häuserwände, Straßenbahnen und Telefonzellen. Aufwendig gestaltete Lichtreklame verbreitet sich. Mit dieser Entwicklung erreicht die Werbung einen größeren Bevölkerungskreis, und das Geschäft der Firmen, die immer mehr in Werbung investieren, wird angeregt. Auffallend ist auch der verstärkte Einsatz von Kindern oder Studenten bei den Werbeanstrengungen größerer Unternehmen im Einzelhandel. Junge Leute, die wie in einem Demonstrationszug Schilder mit den Sonderangeboten der Warenhäuser tragen, gehören in den Großstädten ebenso zum Straßenbild wie die wandelnde Litfaßsäule.

Titelfoto: ©Henkel

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