Danzig, deine Kirchen
Die Kirchen in Danzig, heute bekannt als Gdańsk, haben eine faszinierende und wechselvolle Geschichte, die eng mit den politischen, sozialen und religiösen Entwicklungen der Stadt und der Region verknüpft ist. Vom Mittelalter bis in die Gegenwart haben diese Kirchen verschiedene Epochen und Kulturen erlebt, die ihre Architektur und Nutzung geprägt haben. Diese Kirchen spiegeln die bewegte Vergangenheit der Stadt wider und gehören zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Hier ein Überblick über die bemerkenswertesten Kirchen in Danzig, ihre Bauweise, ihre historischen Hintergründe und ihre Lage.
1. Marienkirche (Bazylika Mariacka)
Die Geschichte der Marienkirche, der größten Kirche Danzigs und einer der größten Backsteinkirchen der Welt, ist untrennbar mit der Blütezeit der Stadt im Mittelalter verbunden. Ihr Bau begann 1343 unter der Leitung der deutschsprachigen Kaufleute und Handwerker der Hansestadt und wurde über mehr als 150 Jahre hinweg bis 1502 abgeschlossen. Die Kirche spiegelt das Selbstbewusstsein und den Wohlstand Danzigs wider, das im Mittelalter als wichtiges Mitglied der Hanse einen bedeutenden Handelsplatz darstellte. Während der Reformationszeit wechselte die Kirche zur lutherischen Lehre, blieb jedoch formal im Besitz der katholischen Kirche. Im 16. Jahrhundert, mit dem zunehmenden Einfluss des Protestantismus, diente sie als zentrale protestantische Kirche Danzigs. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem die Kirche schwer beschädigt wurde, begann eine lange Phase des Wiederaufbaus, bei der die meisten Kunstwerke und Strukturen restauriert wurden. Heute ist die Marienkirche wieder katholisch und eine bedeutende Touristenattraktion sowie ein Zentrum religiösen Lebens.
- Bauart und Architektur: Die Marienkirche ist eine der größten Backsteinkirchen weltweit und ein bedeutendes Beispiel für die norddeutsche Backsteingotik. Ihr Bau begann 1343 und wurde 1502 abgeschlossen. Die Kirche ist eine dreischiffige Basilika, deren massiver, unverputzter Ziegelbau durch imposante Strebepfeiler und einen großen Turm charakterisiert wird.
- Alter: Bauzeit von 1343 bis 1502, also über 650 Jahre alt.
- Sehenswürdigkeiten und Innenausstattung: Die Marienkirche beherbergt eine beeindruckende Sammlung mittelalterlicher Kunstwerke. Zu den wichtigsten zählen das prächtige Hochaltar-Triptychon, das Jüngste Gericht von Hans Memling und die astronomische Uhr aus dem 15. Jahrhundert, die eine komplizierte Mechanik und symbolträchtige Figuren zeigt.
- Lage: Die Marienkirche befindet sich im Zentrum der Danziger Altstadt, in der Nähe des Langen Marktes und des Krantors.
2. St. Katharinenkirche (Kościół św. Katarzyny)
Die St. Katharinenkirche, die älteste Pfarrkirche der Stadt, wurde im 13. Jahrhundert gegründet. Sie gilt als Zeugnis der frühesten Stadtgeschichte, als Danzig eine kleine Siedlung war, die sich später zu einer Handelsstadt entwickelte. Ursprünglich als katholische Kirche erbaut, wechselte auch sie während der Reformation zum Protestantismus und diente den lutherischen Gläubigen der Stadt als Gemeindekirche. Im 20. Jahrhundert, insbesondere im Zweiten Weltkrieg, wurde die Kirche teilweise zerstört, jedoch sorgfältig wieder aufgebaut. Ein wichtiger historischer Aspekt ist, dass Johannes Hevelius, der bekannte Danziger Astronom, hier beigesetzt wurde. Heute ist die Kirche wieder katholisch und beherbergt ein Museum für Turmuhren, das an die Bedeutung der Uhrmacherkunst in Danzig erinnert.
- Bauart und Architektur: Die St. Katharinenkirche ist die älteste Pfarrkirche der Stadt, erbaut in der gotischen Stilrichtung mit typischem roten Backstein. Besonders markant ist ihr hoher, schlanker Glockenturm mit einem Spitzturm und einer barocken Haube.
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Alter: Die Kirche wurde im 13. Jahrhundert erbaut und ist damit über 700 Jahre alt.
- Sehenswürdigkeiten und Innenausstattung: Berühmt ist die Kirche für ihre einzigartige Turmuhr und das Grabdenkmal des berühmten Astronomen Johannes Hevelius. Außerdem befindet sich in der Kirche ein Museum für Turmuhren.
- Lage: Die St. Katharinenkirche liegt im Stadtteil Altstadt, etwa 10 Gehminuten von der Marienkirche entfernt.
3. St. Johanniskirche (Kościół św. Jana)
Die St. Johanniskirche wurde im 14. Jahrhundert erbaut und diente lange Zeit als Kirche der Kaufmannsgilde. Sie spiegelt den Reichtum der Danziger Kaufleute und ihre Bedeutung im hanseatischen Handel wider. Auch diese Kirche wurde während der Reformationszeit lutherisch und blieb es über mehrere Jahrhunderte. Im Zweiten Weltkrieg wurde die St. Johanniskirche stark beschädigt, und erst nach dem Krieg begann ein langwieriger Wiederaufbau, der sich bis in die 1990er-Jahre zog. Die Kirche wurde als eine Art Kulturkirche wieder eröffnet und dient heute als kultureller Veranstaltungsort für Konzerte und Ausstellungen. Ihr sakraler Charakter ist teilweise erhalten, doch die Kirche hat sich auch der kulturellen Nutzung geöffnet, was sie einzigartig in der Danziger Kirchenlandschaft macht.
- Bauart und Architektur: Diese gotische Kirche ist ein weiteres Beispiel der Backsteinarchitektur in Danzig. Sie wurde im 14. Jahrhundert erbaut und beeindruckt durch ihren langen, rechteckigen Innenraum und das gotische Maßwerk in den Fenstern.
- Alter: Der Bau begann im 14. Jahrhundert.
- Sehenswürdigkeiten und Innenausstattung: Besonders sehenswert sind die barocken Elemente im Inneren, darunter ein großer Hauptaltar und das Gewölbe mit Fresken. Auch das historische Orgelgehäuse und die Kapellenkunstwerke sind einen Blick wert.
- Lage: Die St. Johanniskirche befindet sich in der Nähe des Flusses Motława, unweit des berühmten Krantors.
4. St. Nikolaikirche (Kościół św. Mikołaja)
Die St. Nikolaikirche ist eine der wenigen Kirchen in Danzig, die den Zweiten Weltkrieg ohne große Zerstörung überstanden hat. Ursprünglich im 12. Jahrhundert gegründet, erlebte die Kirche im 14. Jahrhundert eine umfassende Erweiterung im gotischen Stil. Sie ist traditionell mit der Gemeinschaft der Seeleute und Fischer verbunden und war bekannt als Kirche des heiligen Nikolaus, des Schutzpatrons der Seefahrer. Während der Reformation blieb die Kirche im Gegensatz zu den anderen großen Kirchen in Danzig katholisch, da sie dem Dominikanerorden gehörte. Bis heute ist sie ein wichtiger Ort für die katholische Gemeinschaft in Danzig. Die St. Nikolaikirche hat eine besondere historische Bedeutung, da sie eine enge Bindung zur katholischen Bevölkerung der Stadt pflegte, selbst als Danzig überwiegend protestantisch geprägt war.
- Bauart und Architektur: Die St. Nikolaikirche ist die einzige große Kirche in Danzig, die die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs weitgehend unbeschadet überstanden hat. Sie wurde im 12. Jahrhundert gegründet, doch die heutige gotische Gestalt stammt aus dem 14. Jahrhundert. Auffällig ist die strenge Backsteinarchitektur und das hohe Mittelschiff.
- Alter: Die Kirche hat eine über 800-jährige Geschichte und ist damit eine der ältesten der Stadt.
- Sehenswürdigkeiten und Innenausstattung: Die Kirche enthält barocke Altäre und eine wertvolle Orgel. Sie war lange Zeit das spirituelle Zentrum für Seeleute und Fischer, weshalb die Inneneinrichtung auch maritime Motive aufweist.
- Lage: Die St. Nikolaikirche liegt im westlichen Teil der Altstadt, nahe des Danziger Hauptbahnhofs.
5. St. Brigittenkirche (Kościół św. Brygidy)
Die Geschichte der St. Brigittenkirche ist eng mit dem Brigittenorden verbunden, der im 14. Jahrhundert in Danzig gegründet wurde. Sie diente ursprünglich als Klosterkirche und war für die Gemeinschaft der Ordensfrauen ein wichtiges Zentrum spirituellen Lebens. Die Kirche spielte in der polnischen Geschichte eine besondere Rolle während der Solidarność-Bewegung in den 1980er-Jahren, da sie zu einem symbolträchtigen Ort für den Widerstand gegen das kommunistische Regime wurde. Insbesondere der Bau des Bernsteinaltars als Andenken an diese Zeit macht die St. Brigittenkirche zu einem bedeutsamen Ort im modernen Danzig. Der Altar ist eine Hommage an die Arbeiterbewegung und die polnische Unabhängigkeitsbewegung und wurde mit polnischem Bernstein, dem „Gold der Ostsee“, gestaltet.
- Bauart und Architektur: Die St. Brigittenkirche ist ein gotisches Bauwerk, das im 14. Jahrhundert als Klosterkirche der Brigittenorden errichtet wurde. Die Backsteingotik ist auch hier dominierend, allerdings wurden zahlreiche barocke Elemente im Laufe der Jahrhunderte hinzugefügt.
- Alter: Die Kirche stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist somit rund 600 Jahre alt.
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Sehenswürdigkeiten und Innenausstattung: Die Kirche ist heute bekannt für ihren Bernsteinaltar, der erst in den letzten Jahrzehnten geschaffen wurde und aus Danziger Bernstein besteht. Außerdem gibt es zahlreiche Reliquien und Andachtsgegenstände zu sehen.
- Lage: Die St. Brigittenkirche liegt am Rand der Danziger Altstadt und ist zu Fuß vom Hauptbahnhof aus zu erreichen.
6. St. Jakobi-Kirche (Kościół św. Jakuba)
Die St. Jakobi-Kirche, erbaut im 15. Jahrhundert, war eine kleine Kirche für Reisende und Pilger, da sie sich am Rande der Stadt befand. Die Kirche war nicht so bedeutend wie die großen Basiliken, diente aber der wachsenden Bevölkerung am Stadtrand. Sie wurde während der Reformation ebenfalls protestantisch, blieb jedoch weniger im Zentrum des religiösen Lebens der Stadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg und den Zerstörungen vieler Kirchen erlangte sie wieder an Bedeutung und wurde restauriert. Heute ist die St. Jakobi-Kirche eine ruhige und bescheidene Kirche, die Pilger anzieht, die auf den Spuren des heiligen Jakobus wandern.
- Bauart und Architektur: Diese Kirche, erbaut im 15. Jahrhundert, ist etwas kleiner als die anderen und zeigt gotische Elemente mit barocken Erweiterungen. Die Architektur ist schlicht und zurückhaltend, was die Kirche für eine stille Besinnung besonders geeignet macht.
- Alter: Die Kirche wurde im 15. Jahrhundert erbaut.
- Sehenswürdigkeiten und Innenausstattung: Die St. Jakobi-Kirche enthält einige interessante Gemälde und Skulpturen aus der Gotik und dem Barock. Sie ist weniger bekannt als die großen Kirchen, bietet jedoch eine friedliche
und besinnliche Atmosphäre.
- Lage: Die Kirche befindet sich am nördlichen Rand der Altstadt von Danzig und ist ein wenig abseits der Haupttouristenpfade.
Die Kirchen in Danzig sind ein beeindruckendes Zeugnis der Backsteingotik und der religiösen Geschichte der Stadt. Jede Kirche erzählt ihre eigene Geschichte und bietet Besuchern einzigartige Einblicke in Kunst, Architektur und die kulturellen Einflüsse, die Danzig im Laufe der Jahrhunderte geprägt haben. Die Marienkirche ist die imposanteste und beliebteste Kirche unter den Touristen, während andere wie die St. Katharinen- und die St. Brigittenkirche durch ihre besonderen Merkmale wie die Turmuhr oder den Bernsteinaltar beeindrucken. Die Kirchen Danzigs waren nicht nur religiöse Stätten, sondern auch Orte politischer und kultureller Bedeutung. Während der Reformation spiegelten sie die religiösen Umbrüche wider, die Danzig in einen protestantischen Stadtstaat verwandelten. Mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und der Wiederherstellung vieler Kirchen wurde Danzigs kulturelles und historisches Erbe bewahrt. Heute sind die Kirchen Zeugnisse einer wechselvollen Vergangenheit und vereinen Einflüsse aus deutscher, polnischer und hanseatischer Tradition. Sie verkörpern die Identität Danzigs als kulturelle und religiöse Schnittstelle in der Geschichte Mitteleuropas.
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