Silke Ellenbeck: Im Leiden beginnt mein Sterben
Rezension von Dr. Aide Rehbaum
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Die Autorin hat sich auf Romanbiografien wenig bekannter Prinzessinnen aus kleineren und größeren adligen Familien spezialisiert. Der Leser hört praktisch die elternlose Caroline selbst erzählen, die 1903 von kaiserlichem und familiären Drängen völlig überrumpelt, den Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach heiratete. Pubertär und unreif nimmt sie hin, was andere für sie entscheiden.
Der typische Preuße Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach hatte als Militarist wenig Verständnis für die kunstsinnigen Interessen seiner allzu jungen Gattin, die aus der Ablehnung seiner Vergnügungen keinen Hehl machte. Auf den im Buch gedruckten Fotos wirkt sie alles andere als glücklich, allen fiel ihre Miene auf, sogar der Kaiser redete ihr ins Gewissen. Mit dem üblichen Rollenbild steht sie auf Kriegsfuß, will auch bei politischen Themen mitreden und nicht nur hübsch bei Hofschranzen sitzen oder karitative Aufgaben übernehmen. Sie kämpft jedoch nicht als einzige in der kurzen Ehe mit Anpassungsschwierigkeiten. Der Ehemann hatte eine freudlose Kindheit ohne warmes Nest, wie soll er ein solches dann einrichten?
Zumindest toleriert er ihre enge Beziehung zu den Schwestern, ihr Bruder ist geistig behindert und unfähig, die Thronfolge anzutreten, weshalb der Besitz an eine jüngere Linie fällt und ein Onkel alles arrangiert. Ihre Schwester wird später den abgedankten Kaiser Wilhelm II. im Exil heiraten, für den sie schon als Kind schwärmte.
Historisch belegt ist, dass der Bräutigam sein eheliches Recht mit Brutalität einfordert. Gegenüber der ungewohnten Etikette am Weimarer Hof fühlt sie sich eingeengt und Intrigen steht sie hilflos gegenüber. Zwar bahnt sich eine Annäherung der Eheleute an, aber Caroline stirbt mit einundzwanzig Jahren nach achtzehnmonatiger Ehe, bevor das entscheidend greifen kann. Die Distanz zwischen den beiden befeuerte nach ihrem Tode den Verdacht, der Großherzog habe sie entweder ermorden lassen oder sie habe Suizid begangen. Das wurde durch die Obduktion entkräftet. Der Vater starb an TBc, die Großmutter an einer Erkältung, Bruder, Großvater und Gattin an einer Lungenentzündung.
Im Falle der Großherzogin Caroline geborene Reuß zu Greiz ist es Silke Ellenbeck gelungen, eigenhändige Briefe der jungen Frau, Archivalien und Zeitzeugenberichte einzubeziehen und sie zu einem fiktiven Tagebuch umzugestalten. Dadurch entsteht ein anschauliches Bild sowohl der Persönlichkeit als auch den Begleiterscheinungen arrangierter Ehen und der Vernetzung adliger Verwandtschaft dieser Zeit. Der Text hätte ein sorgfältigeres Lektorat verdient gehabt.
Verlag DeBehr
Silke Ellenbeck: Im Leiden beginnt mein Sterben
ISBN: 9783957534378
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