Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.11.2021
– 2 O 127/21 –

Schwerpunkt der Lebensverhältnisse kann an mehreren Orten sein

Blick auf die Kranhäuser in Köln ©seppspiegl

Der regelmäßige Aufenthalt in einer Wohnimmobilie spricht dafür, dass es sich um einen Zweitwohnsitz im Sinne von § 7 Abs. 2 BGB handelt. Der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse kann an mehreren Orten sein. Dies hat das Ober­verwaltungs­gericht Sachsen-Anhalt entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen einer Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Halle wurde im Jahr 2021 ein Obergerichtsvollzieher beim Amtsgericht Naumburg beauftragt. Dagegen richtete sich die Erinnerung der Schuldnerin. Sie gab an, sie wohne in der Schweiz. Der beauftragte Gerichtsvollzieher sei daher unzuständig.

Verwaltungsgericht lehnte Erinnerung ab

Das Verwaltungsgericht Halle lehnte die Erinnerung ab. Der beauftragte Gerichtsvollzieher sei zuständig. Denn die Schuldnerin habe in Naumburg einen Zweitwohnsitz. Sie halte sich dort nach eigenen Angaben mindestens alle drei Wochen in einer ausschließlich durch sie genutzten Immobilie auf. Zudem habe sie die dortige Anschrift selbst als „Zweitwohnsitz“ bezeichnet. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde der Schuldnerin.

Oberverwaltungsgericht bejaht ebenfalls Zweitwohnsitz in Naumburg

Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Es sei davon auszugehen, dass die Schuldnerin in Naumburg einen Zweitwohnsitz habe. Der Wohnsitz des Schuldners im Sinne des § 802 e Abs. 1 ZPO bestimme sich nach den §§ 7-11 BGB. Der Wohnsitz sei der räumliche Mittelpunkt des gesamten Lebens einer Person. Nach § 7 Abs. 2 BGB könne der Wohnsitz gleichzeitig an mehreren Orten sein. Dies setze voraus, dass der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse sich gleichermaßen an mehreren Orten befindet. Vor dem Hintergrund des regelmäßigen Aufenthalts der Schuldnerin in Naumburg und der Angabe der dortigen Anschrift als „Zweitwohnsitz“ sei nicht zweifelhaft, dass sich der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse der Schuldnerin abwechselnd entweder in der Schweiz oder in Naumburg befindet.

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