Die Marienburg ©seppspiegl

Der größte Backsteinbau Europas steht in Polen. Rund 60 Kilometer südöstlich von Danzig liegt die Stadt Malbork, welche auf deutsch den Namen Marienburg trägt. Die gleichnamige Ordensburg, an der Nogat, einem Mündungsarm der Weichsel gelegen, war von 1309 bis zum Jahre 1454 im Deutschordensstaat der Sitz der Hochmeister des Deutschen Ordens. Nachdem sie im zweiten Weltkrieg größtenteils zerstört wurde, ließ der polnische Staat die Marienburg wieder aufbauen. Seit dem 7. Dezember 1997 zählt die gesamte Marienburg in Malbork zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die mittelalterliche Burganlage kann heute das ganze Jahr über besichtigt werden. Die Marienburg kann in drei große Baugruppen unterteilt werden, wobei den Gebäuden der jeweiligen Baugruppe unterschiedliche Aufgaben zugeordnet waren. Deshalb sind das Vorschloss, das Mittelschloss und das Hochschloss auch aus architektonischer Sicht sehr unterschiedlich gestaltet worden.

Die Geschichte der Marienburg ist eng mit dem Deutschen Orden verbunden, einem christlichen Ritterorden, auch bekannt als „Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem“ (lateinisch: Ordo Domus Sanctae Mariae Teutonicorum Hierosolymitanorum), war ein religiöser und militärischer Ritterorden, der im Mittelalter eine bedeutende Rolle in Europa spielte. Der Bau der Marienburg begann im Jahr 1274, nachdem der Deutsche Orden das Gebiet erobert hatte, um seine Macht im nördlichen Europa auszuweiten und die heidnischen Pruzzen zu missionieren. Die strategische Lage der Burg an der Nogat, einem Mündungsarm der Weichsel, machte sie zu einem wichtigen militärischen und administrativen Zentrum. Die Festung Marienburg galt als Hauptsitz des Ordens und das Zentrum seines Machtbereichs.

Der Deutsche Orden wurde im Jahr 1190 während des Dritten Kreuzzugs in Akkon (heutiges Israel) gegründet. Ursprünglich als Krankenpflegeorden für deutsche Pilger und Kreuzritter konzipiert, entwickelte sich der Orden im Laufe der Zeit zu einem militärischen Ritterorden. 1198 erhielt der Orden vom Papst die Erlaubnis, auch kriegerische Aufgaben zu übernehmen, ähnlich wie die Templer und Johanniter. Der primäre Auftrag des Deutschen Ordens war die Verteidigung des Christentums gegen nicht-christliche Völker sowie die Sicherung und Versorgung der Pilger im Heiligen Land. Im Unterschied zu anderen Ritterorden verfolgte der Deutsche Orden jedoch später verstärkt politische und territoriale Ziele, besonders in Osteuropa, wo er als christliche Macht gegen die heidnischen Pruzzen und Litauer auftrat. Nach dem Verlust von Akkon im Jahr 1291 und dem Rückzug der Kreuzfahrer aus dem Heiligen Land verlegte der Deutsche Orden seine Aktivitäten zunehmend nach Osteuropa. Sein größter Erfolg war die Eroberung des heidnischen Pruzzenlandes im heutigen Nordpolen und Litauen.

Der Ruf des Herzogs von Masowien

Fahnen im historischen Museum ©seppspiegl

Im Jahr 1226 lud Herzog Konrad von Masowien den Deutschen Orden ein, um ihm im Kampf gegen die heidnischen Pruzzen zu helfen, die seine Gebiete bedrohten. Im Gegenzug bot er dem Orden das Gebiet von Kulm als Lehen an. Dies markierte den Beginn der territorialen Expansion des Ordens in der Region, die bald das Kernland des späteren Ordensstaates werden sollte. In den folgenden Jahrzehnten führte der Deutsche Orden erbitterte Kriege gegen die Pruzzen und zwang sie, das Christentum anzunehmen. Diese gewaltsame Christianisierung war Teil der sogenannten “Nordischen Kreuzzüge”, die im Gegensatz zu den Kreuzzügen im Nahen Osten in Europa selbst stattfanden. Mit der Eroberung des Pruzzenlandes konnte der Orden ein großes, zusammenhängendes Territorium schaffen.

Die Gründung der Marienburg

Die Festung Marienburg wurde im Jahr 1274 vom Deutschen Orden gegründet und nach der Jungfrau Maria benannt, der Schutzpatronin des Ordens. Die Wahl der Lage war strategisch: Marienburg liegt am Fluss Nogat, einem Nebenfluss der Weichsel, und bot daher eine hervorragende natürliche Verteidigung und Zugang zu Wasserstraßen. Die Entscheidung, den Hauptsitz des Deutschen Ordens von Venedig nach Marienburg zu verlegen, erfolgte im Jahr 1309 unter Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen. Diese Verlegung markierte einen Wendepunkt in der Geschichte des Ordens, da Marienburg nun das politische, militärische und geistliche Zentrum des Ordensstaates wurde. Der Hochmeister, der Anführer des Ordens, residierte in der Burg und regierte von dort aus die weiten Gebiete des Ordensstaates, der sich über große Teile des heutigen Polen, Litauen und Lettland erstreckte. Marienburg wurde zum Herzstück eines gut organisierten Staates, der streng hierarchisch geführt wurde. Die Ordensritter, die auch die Verwaltung und die militärische Führung des Staates übernahmen, waren zugleich Mönche. Sie lebten nach den Regeln des Augustinerordens, was bedeutete, dass sie zölibatär lebten und sich der Verteidigung des Christentums verschrieben hatten. Neben seiner militärischen und politischen Rolle war Marienburg auch ein kulturelles und wirtschaftliches Zentrum. Der Deutsche Orden förderte den Handel und das Handwerk, was den Wohlstand der Region steigerte. Die Festung entwickelte sich zu einem Zentrum der Backsteingotik, was bis heute in den erhaltenen Bauwerken sichtbar ist.

Der Höhepunkt der Macht und die Schlacht von Tannenberg

Mittelalterliche Waffen im historischen Museum ©seppspiegl

Im 14. Jahrhundert erreichte der Deutsche Orden den Höhepunkt seiner Macht. Der Ordensstaat kontrollierte große Teile des Baltikums und des heutigen Polens. Dieser Machtzuwachs führte jedoch zu Spannungen mit den benachbarten Reichen Polen und Litauen. Der bedeutendste Konflikt war der Krieg mit Polen und Litauen, der 1410 in der Schlacht bei Tannenberg (polnisch: Bitwa pod Grunwaldem) gipfelte. Diese Schlacht war eine der größten mittelalterlichen Schlachten und endete mit einer schweren Niederlage des Deutschen Ordens. Obwohl die Marienburg von den siegreichen polnischen und litauischen Truppen belagert wurde, konnte sie aufgrund ihrer starken Befestigungsanlagen gehalten werden. Der Orden erholte sich jedoch nie vollständig von dieser Niederlage, und in den folgenden Jahrzehnten begann der langsame Niedergang.

Der Dreizehnjährige Krieg (1454–1466) zwischen dem Deutschen Orden und dem Königreich Polen führte schließlich zum Fall der Marienburg. Die finanzielle Lage des Ordens verschlechterte sich zunehmend, und der Hochmeister sah sich gezwungen, Söldner anzuheuern, um den Krieg fortzusetzen. Als der Orden die Bezahlung der Söldner nicht mehr leisten konnte, verkauften diese die Marienburg 1457 an den polnischen König Kasimir IV. Andreas. Damit ging die Burg in den Besitz der polnischen Krone über, und der Ordensstaat verlor seine zentrale Festung.

Der Niedergang des Deutschen Ordens

Nach dem Verlust der Marienburg und weiterer Gebiete verlor der Deutsche Orden zunehmend an Einfluss. 1525 säkularisierte der letzte Hochmeister des Ordens, Albrecht von Hohenzollern, den verbliebenen Ordensstaat und konvertierte zum Protestantismus. Der Ordensstaat wurde in das Herzogtum Preußen umgewandelt und unterstand von nun an der polnischen Krone. Mit der zweiten Teilung Polens im Jahr 1793 gelangte Marienburg in preußischen Besitz und wurde später Teil des Deutschen Reiches. Obwohl der Deutsche Orden als territorialer Machtfaktor im Baltikum verschwand, überlebte er als religiöser Orden. Er blieb in Deutschland und Österreich aktiv und konzentrierte sich nach der Reformation auf karitative und medizinische Aufgaben. Der Orden existiert bis heute, hat jedoch keine politische Macht mehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg, während dessen die Burg erhebliche Schäden erlitt, fiel sie 1945 an Polen zurück.

Architektur der Marienburg

Eingang zum Burggelände ©seppspiegl

Die Festung Marienburg ist ein herausragendes Beispiel für Backsteingotik und ein beeindruckendes Zeugnis mittelalterlicher Wehrarchitektur. Sie ist in drei Hauptteile unterteilt: die Vorburg, das Mittelschloss und das Hochmeisterschloss.

Die Vorburg war der erste Verteidigungsring und umfasste Wirtschaftsgebäude, Stallungen und Werkstätten. Hier lebten und arbeiteten die Bediensteten der Burg. Sie war durch starke Mauern und Türme geschützt, die im Notfall als erste Verteidigungslinie dienten. Das Mittelschloss war das eigentliche Zentrum der Verwaltung und bot Platz für den Ordensstaat. Es umfasste repräsentative Gebäude wie den Kapitelsaal, in dem wichtige Entscheidungen getroffen wurden, sowie die Burgkapelle. Im Mittelschloss wurden auch große Festbankette und Zeremonien abgehalten. Das Hochmeisterschloss war das Herzstück der Festung und diente als Residenz des Hochmeisters. Es war der am stärksten befestigte Teil der Burg und durch seine hohen Mauern und Türme nahezu uneinnehmbar. Besonders bekannt ist die Marienkirche, die zum Hochmeisterschloss gehört und eines der beeindruckendsten Bauwerke des Komplexes darstellt.

Innovative Verteidigungsanlagen

Die Marienburg war mit innovativen Verteidigungsanlagen ausgestattet, die sie fast uneinnehmbar machten. Dazu gehörten dicke Mauern, Wehrgänge und Türme sowie eine durchdachte Wasserversorgung, die es ermöglichte, die Burg auch während längerer Belagerungen zu halten. Die Marienburg war nicht nur ein militärischer Stützpunkt, sondern auch ein politisches und spirituelles Zentrum des Deutschen Ordens. Sie symbolisierte die Macht des Ordens und spielte eine zentrale Rolle in der Geschichte Nordosteuropas.

Der Konventssaal ©seppspiegl

Als Sitz des Hochmeisters war die Marienburg das Zentrum des Ordensstaates, von dem aus große Teile des heutigen Baltikums und Polens regiert wurden. Der Deutsche Orden war sowohl ein militärischer als auch ein religiöser Orden, und die Marienburg verkörperte diese doppelte Rolle. Die Marienburg war auch ein Zentrum des kulturellen Austauschs und des Handwerks. Die Burg beherbergte bedeutende Kunstwerke und war ein Ort, an dem Architektur, Bildhauerei und Malerei gefördert wurden. Durch die vielen Kontakte des Ordens mit dem restlichen Europa wurde die Marienburg zu einem Knotenpunkt für Ideen und Wissen. Während des Zweiten Weltkriegs erlitt die Marienburg schwere Zerstörungen durch Bombardierungen und Kämpfe. Nach dem Krieg wurde die Burg von polnischen Restauratoren wieder aufgebaut. Heute ist sie ein beliebtes Reiseziel und beherbergt ein Museum, das die Geschichte des Deutschen Ordens und die Burg selbst dokumentiert. Die Marienburg ist heute eines der meistbesuchten touristischen Ziele in Polen. Jährlich strömen Tausende von Besuchern nach Malbork, um die gewaltige Burganlage zu besichtigen und mehr über die faszinierende Geschichte des Deutschen Ordens zu erfahren.

Das Museum und die Ausstellung

Das Museum der Marienburg bietet eine umfangreiche Ausstellung zur Geschichte des Deutschen Ordens, zur mittelalterlichen Kriegsführung und zum Alltag auf der Burg. Es zeigt Artefakte wie Waffen, Rüstungen, Kunstgegenstände und Alltagsgegenstände aus der Zeit des Ordens. Die Marienburg ist auch ein Veranstaltungsort für kulturelle Events wie Mittelalterfeste, Ritterturniere und Konzerte. Diese Veranstaltungen bieten den Besuchern die Möglichkeit, in das mittelalterliche Leben einzutauchen und die Geschichte hautnah zu erleben. Die Festung Marienburg ist ein beeindruckendes Relikt aus der Zeit des Mittelalters und ein herausragendes Beispiel für die Wehrarchitektur des Deutschen Ordens. Sie hat eine bewegte Geschichte hinter sich und war Schauplatz wichtiger politischer und militärischer Ereignisse. Heute steht sie als ein Symbol der Geschichte Polens und des mittelalterlichen Europas und ist ein wertvolles Kulturerbe, das sowohl Touristen als auch Historiker gleichermaßen fasziniert.

Sepp Spiegl

 

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Öffnungszeiten und Eintrittspreise der Marienburg

Die Marienburg ist das ganze Jahr über geöffnet, wobei die Öffnungszeiten je nach Saison variieren.

Öffnungszeiten

Von Mai bis September kannst du die Burg täglich von 9:00 bis 20:00 Uhr besichtigen, der letzte Einlass ist um 17:00 Uhr. In den Monaten Oktober bis April sind die Öffnungszeiten kürzer, hier ist die Burg von 10:00 bis 15:00 Uhr geöffnet.

Eintrittspreise

Für die Besichtigung stehen zwei Routen zur Verfügung:

  • Grüne Route (ca. 1,5 Stunden): Erwachsene: 35 zł, Ermäßigt: 25 zł
  • Historische Route (ca. 3,5 Stunden): Erwachsene: 80 zł, Ermäßigt: 60 zł
    Kinder bis 7 Jahre haben freien Eintritt.
    Ein Tipp: Kaufe dein Ticket am besten vorher online, um Wartezeiten zu vermeiden.

Anreise zur Marienburg und Parkmöglichkeiten

Die Marienburg ist leicht mit dem Auto, Zug oder Bus erreichbar. Sie liegt an den Straßen Nr. 22 und 55 und ist etwa 50 Minuten Fahrt von Danzig entfernt. Mit dem Zug dauert die Fahrt ebenfalls ca. 45 Minuten, und vom Bahnhof in Malbork sind es nur etwa 15 Minuten Fußweg bis zur Burg​.

Parkmöglichkeiten vor Ort

Es gibt mehrere Parkplätze rund um die Marienburg. Ein beliebter Parkplatz befindet sich an der Sierakowskich-Straße, direkt in der Nähe der Burg. Weitere kostenpflichtige Parkmöglichkeiten findest du auf dem Plac Słowiański und in der Kopernika-Straße. Es gibt auch einen Parkplatz an der Dworcowa-Straße nahe dem Bahnhof, falls du mit dem Zug ankommst. Eine weitere Option ist der kostenlose Parkplatz am städtischen Stadion in der Toruńska-Straße, was eine gute Wahl ist, wenn du längere Zeit parken möchtest.

Es empfiehlt sich, frühzeitig anzureisen, da die Parkplätze besonders in der Hauptsaison schnell belegt sind.

 

 

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