Die Frau nebenan
Yewande Omotoso: Die Frau nebenan

Die hauptberufliche Architektin und Designerin verarbeitet in ihrem Roman verschiedene Stationen ihres eigenen Lebens. Die in Barbados geborene, in Nigeria aufgewachsene und nun in Südafrika lebende Autorin kennt als Insiderin sowohl die Schauplätze wie die Berufe der Protagonistinnen. Ihr zweiter Roman spielt vor dem Hintergrund der gerade überwundenen Apartheid in Südafrika und blickt zurück auf London und Ibadan. Letzteres spiegelt sich nur andeutungsweise als Kulisse einer schwierigen Ehe, wird aber nur wenig beschrieben.
Die Geschichte dreht sich um festgefahrene Verhaltensmuster, die sowohl bei Schwarzen wie Weißen nicht hinterfragt wurden/werden. Austragungsort ist eine wohlhabende Vorstadtsiedlung von Kapstadt. Dort leben die beiden Hauptfiguren, jenseits der 80, die auf ein beruflich sehr erfolgreiches Leben zurückschauen.
Marion, weiße Architektin, ist hoch verschuldete Witwe, die dem Verkauf ihres Hauses entgegensieht. In ihrer Nachbarschaft lebt die ehemalige Designerin Hortensia, einzige Schwarze der Siedlung und dazu noch verheiratet mit einem weißen Engländer. Sie bewohnen ausgerechnet Marions Erstlingsbauwerk, in das diese all ihr Herzblut gesteckt hatte, aber dessen Verkauf Marion wiederholt durch die Lappen gegangen war.
Mit zunehmendem Alter lauert Hortensia stärker auf jede Andeutung von Rassendiskriminierung und legt jede Spur davon schonungslos bloß. Nachdem Hortensias Mann gestorben ist, werden die Frauen, die sich eigentlich nicht riechen können und seit Jahrzehnten gehässig beobachten, durch einen Unglücksfall zu einer befristeten Wohngemeinschaft genötigt. Beide sind aus unterschiedlichen Gründen verbittert und enttäuscht vom Leben. Trotzdem müssen sie Entscheidungen treffen, die ihnen neue Perspektiven eröffnen.
Für den amüsant metaphorischen Stil greift die Autorin u.a. auf ihren Fachjargon zurück, eine gute Entscheidung. Die Damen beharken zielgenau die gegenseitigen Schwachstellen und stellen gleichzeitig die gesellschaftlichen mit trockenem Humor, Boshaftigkeit und brutaler Offenheit an den Pranger. Am Ende finden sie zu einer Art Koexistenz zusammen. Zwar verschlägt es einem mitunter den Atem ob der Frechheiten, die sie sich an den Kopf werfen, und keine der Heldinnen wird sympathisch oder verlockt zur Identifikation, aber dennoch ist das Buch außer unterhaltsamer Lektüre auch Nachdenkens wert.
Rezension von Dr. Aide Rehbaum
- Internationale Literatur
- ePub
- 272 Seiten
- The Woman next Door
- Aus dem Englischen übersetzt von Susanne Hornfeck.
- ISBN-13 9783843714761
- Erschienen: 10.03.2017
- € 14,99 [D] € 14,99 [A]