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Kettenreaktion
Russlands militärische Aggression gegen die Ukraine war ein Schock für die arabischen Staaten. Denn die meisten von ihnen unterhalten enge wirtschaftliche Beziehungen sowohl zu Moskau als auch zu Kiew. In vielen Staaten droht als Folge der Invasion und der gegen Russland verhängten Sanktionen eine schwere Nahrungsmittelkrise. Etwa 70 Prozent der russischen und 40 Prozent der ukrainischen Exporte von Weizen, Mais und Sonnenblumenöl gehen in den Nahen Osten und nach Afrika. In Ägypten steigt der Brotpreis derzeit so stark, dass das Land – auch vor dem Hintergrund der Abwertung des Ägyptischen Pfunds gegenüber dem US-Dollar um etwa 18 Prozent – bereits den IWF um Hilfe gebeten hat.
Burgfrieden
Bulgarien gilt als der EU-Mitgliedstaat, der traditionell die stärksten Sympathien für Russland hegt. Diese sind historisch begründet – nicht nur durch die Tatsache, dass Russland einen entscheidenden Beitrag zur Befreiung Bulgariens von der osmanischen Herrschaft geleistet hat, sondern auch in Form einer gewissen Nostalgie für die Zeit des real existierenden Sozialismus, als die Rolle der Sowjetunion von vielen in Bulgarien als die eines Modernisierers wahrgenommen wurde.
Widerlegt
In den Augen der politischen Führung im Kreml bestand die grundlegende Voraussetzung für einen erfolgreichen Krieg gegen die Ukraine nicht allein in der unterstellten Übermacht und Überlegenheit der russischen Streitkräfte gegenüber der ukrainischen Armee. Nein: Die in zahlreichen vor dem Krieg abgegebenen Erklärungen deutlich herauszuhörende Vorstellung war, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer nicht kämpfen, sondern die Russen freudig empfangen würden, und dass die ukrainische Bevölkerung „befreit“ und „beschützt“ werden müsse.
Vor der eigenen Haustür
Die internationale Gemeinschaft hat mit einer Mischung aus Schock, Wut und Angst auf den Einmarsch der russischen Truppen am 24. Februar in die Ukraine reagiert und debattiert die Auswirkungen dieser Invasion auf die internationale Sicherheit. Das subsaharische Afrika, das lange als Randfigur in der Weltpolitik gesehen wurde, ist da keine Ausnahme.
Keine Sippenhaft
Die Liste der europäischen Unternehmen, die sich an der Isolation Russlands beteiligen, scheint länger als die derjenigen, die es (noch) nicht tun. Die Auswirkungen auf Russland sind weitreichend. Für in Bälde ehemalige Zulieferer, Arbeitnehmerinnen, Verbraucher geht es um hunderttausende Arbeitsplätze und eine fundamentale Veränderung der russischen Wirtschaft. Wir werden Zeugen einer selbstverschuldeten, gewaltsamen Entflechtung, quasi einer Deglobalisierung der russischen Wirtschaft. Es ist mehr als fraglich, ob letztere das überleben kann.
Wenn der Staat sein Volk nicht kennt
Die russische Gesellschaft hat keinen guten Ruf. Politik und Wissenschaft im Westen unterstellen ihr, sich passiv gegenüber dem Staat zu verhalten – und das seit Jahrhunderten. Sie stelle kein Gegengewicht gegenüber dem Staat dar, von Widerstand ganz zu schweigen. Böse akademische Zungen behaupten, es sei einfacher, sich Russland ohne Gesellschaft vorzustellen als ohne Staat. Diese Sicht hat ihren Ursprung im 18. Jahrhundert, als die russische Gesellschaft als „eine staatliche Angelegenheit“ charakterisiert wurde. Bis heute schreiben ihr Beobachter einen bäuerlichen Charakter und damit einen gewissen Fatalismus zu.
German Wunderkind
Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine scheint die Zeit im Eiltempo zu vergehen: Jeder Tag bringt neue Schreckensnachrichten über die Realität des Krieges vor Ort – mit Fotos und Videos tapferer Ukrainerinnen und Ukrainer, die um ihr Leben und für ihr Land kämpfen. Bei ihrer Reaktion auf diesen Krieg waren sich die EU und die Vereinigten Staaten weitgehend einig: Sie verhängten strenge Sanktionen gegen Russland. Sie ließen den russischen Rubel einbrechen, schlossen Russland vom weltweiten Bankensystem aus und machten das Land zu einem weltweit geächteten Staat.
Video
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat in Deutschland und vielen anderen Staaten Wut und Bestürzung ausgelöst. Rund um den Globus gingen Demonstranten aus Solidarität zu dem osteuropäischen Land auf die Straße. Gebäude und Monumente wurden in den blau-gelben Farben der ukrainischen Flagge beleuchtet - vom Brandenburger Tor über das römische Kolosseum und Downing Street 10 in London bis zur Flinders Street Station im australischen Melbourne.
Brandbeschleuniger
Die Ukrainekrise lässt die Gefahr eines Krieges in Europa real werden. Hyperschallwaffen vergrößern das Risiko, dass solche regionalen Konflikte außer Kontrolle geraten. Ihr Einsatz kann zu verhängnisvollen Fehleinschätzungen führen. So steigt die Gefahr einer direkten militärischen Auseinandersetzung zwischen den Atommächten Russland und USA. Die neue Bundesregierung hat sich daher das Ziel gesetzt, frühzeitig Initiativen zur Kontrolle dieser Waffen zu ergreifen und ein Wettrüsten zu verhindern. Einfache rüstungskontrollpolitische Antworten auf die militärtechnologische Herausforderung durch Hyperschallwaffen gibt es nicht.
Der heiße Stuhlkreis
Warum nehmen es Länder heutzutage freiwillig auf sich, für den Sicherheitsrat zu kandidieren, wo der Rat doch in so einer schlechten Verfassung ist? Nach sieben Jahren Auseinandersetzungen um Syrien haben Russland und die führenden westlichen Mitglieder im Sicherheitsrat einen fast vollständigen Vertrauensverlust erlitten. Unter Präsident Donald Trump zeigen sich die Vereinigten Staaten in den UN-Debatten um den Iran und Israel zunehmend aggressiv. Ein Land, das für zwei Jahre einen Sitz im Sicherheitsrat bekommt, riskiert, in eine Falle zu tappen. Deutschland wurde am 8. Juni 2018 für 2019 und 2020 als eines der beiden nichtständigen Mitglieder der Gruppe Westeuropäischer und anderer Staaten (WEOG), neben Belgien in den UN-Sicherheitsrat gewählt.
