Rezension von Dr. Aide Rehbaum
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Anthony McCarten: Going Zero

© privat

Bei diesem Roman handelt es sich nicht etwa um einen Science Fiction, sondern um eine Szenerie, die zwar an Orwells 1984 erinnert, aber zum überwiegenden Teil die Realität abbildet. Anthony McCarten nimmt sich die heutige Technologie vor und spielt mit deren Möglichkeiten.

Es soll ein Test für ein Sicherheitssystem sein, so die offizielle Lesart. Zehn Bewerber, die einen Querschnitt durch Amerikas Gesellschaft repräsentieren sollen, und zwar hinsichtlich ihrer Lebenserfahrung, Modernität und beruflichem Background, sollen sich einen Monat lang versteckt halten. Gelingt ihnen das, dann gewinnen sie 3 Millionen Dollar. Veranstalter des Tests sind die Firma FUSION mit ihrem Chef Cy Baxter, das CIA und der NSA, die erstmals zusammenarbeiten wollen und doch jeder ihr eigenes Süppchen kochen.

Geblasen wird zur Jagd auf die Teilnehmer mit allen Daten, derer sie habhaft werden können. Sie wähnen sich dem gläsernen Menschen überlegen, der freiwillig oder unabsichtlich Unmengen Informationen über sich selbst preisgibt. Oberflächlich soll sich das Land in Zukunft besser vor Kriminellen vorbeugend schützen können, aber das eigentliche Ziel ist die komplette Überwachung der Welt.

Kaitlyn Day, die schüchterne, altmodische und alleinstehende Bibliothekarin, scheint das leichteste Ziel zu sein. Sie verbindet aber andere Ziele mit ihrer Teilnahme, die sie verbissen verfolgt. Der Autor stellt nun die verschiedenen Teilnehmer dar, mit welchen Tricks sie den Test zu bewältigen versuchen und doch nacheinander aufgespürt werden. Bei jedem fußen die Recherchen auf anderen Datenbasen, die von dem Hightech-Team eingegeben und vom Rechner verknüpft werden. Hängt es wirklich nur noch von der Rechnerleistung ab, damit Einkaufsverhalten, Gewohnheiten, Suchmaschinen, Social Accounts, Gangart, Gesichtserkennung, Versicherungsdaten und Krankenakten über jeden von uns abrufbar sind, um Persönlichkeitsprofile zu erstellen? Jedes internetfähige Gerät wird extern steuer- und abrufbar und da ist Alexa noch nicht mal einbezogen. Die Software in Fernsehern und Autos wird bei Bedarf extern durch KI gesteuert und für Abhörmöglichkeiten genutzt.

Wie lachhaft sind unsere Datenschutzbestimmungen, wenn die Maschinen in Amerika stehen? Wie menschenverachtend und überzeugend allein die Gespräche, die sich McCarten für diese Technologiegläubigen ausdenkt, denen gerichtlich nicht beizukommen ist.

Der Roman geht einem derart spannend unter die Haut, dass man ihn nicht aus der Hand legen kann.

 

Anthony McCarten, geboren 1961 in New Plymouth/Neuseeland, schrieb als 25-Jähriger mit Stephen Sinclair den Theaterhit ›Ladies Night‹. Es folgten Romane und Drehbücher, für die er schon mehrere Male für einen Oscar nominiert war (u.a. zu den internationalen Filmen ›The Theory of Everything‹ und ›Darkest Hour‹ und ›Bohemian Rhapsody‹). Er lebt in London.

 

Diogenes Verlag AG

Hardcover Leinen
464 Seiten
erschienen am 26. April 2023

978-3-257-07192-4
€ (D) 25.00 / sFr 34.00* / € (A) 25.70

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