Raquel Welch gekreuzigt im Zeichen des Feminismus
BikiniARTmuseum zeigt Hollywoods erstes #MeToo-Kunstwerk
Open – Neue Inszenierung zum Restart des 1. Internationalen Museums für Bademode und Badekultur: Im steinzeitlichen Fell-Bikini ans Kreuz genagelt, so die provokante Werbefotografie des britischen Fotografen Terry O`Neill für den 1966 erschienenen Film „One Million Years B.C.“, in dem die US-amerikanische Schauspielerin Raquel Welch in der Hauptrolle zu sehen ist. Jedoch wurde das Filmplakat nicht veröffentlicht. Konservative Moralvorstellungen und strenge Zensurgesetze verhinderten damals eine „gekreuzigte“ Schauspielerin. Erst Jahre später erreichte das Kunstwerk die Öffentlichkeit und erregte noch immer großes Aufsehen. Raquel Welch, die sich ständig um seriöse Schauspielerei bewarb, wurde in der Filmmetropole Hollywood nur auf ihren Körper reduziert. Terry O´Neills progressiver Entwurf beinhaltete bereits 1966 die Kritik an der amerikanischen Filmproduktionsmaschinerie. So ist „Raquel Welch On The Cross“ wohl das erste bekannte „#MeToo“-Kunstwerk. Einer der wenigen signierten Originaldrucke zieht nun inszeniert zum Weltfrauentag am 08. März 2021 in das BikiniARTmuseum in Bad Rappenau ein.
Die Kreuzigung, eine um 1000 v. Chr. von den Phöniziern popularisierte Hinrichtungsart, die sich vor allem durch einen besonders langsamen und grausamen Sterbeprozess auszeichnet und zur Abschreckung dienen sollte. Hierbei eine Brücke von der Todesursache Jesu Christi zur Rolle der Frau in der Filmindustrie zu schlagen, scheint zunächst abstrus. Dass im metaphorischen Sinne durchaus von einer „Kreuzigung“ vieler Schauspielerinnen gesprochen werden kann, veranschaulicht die im Jahr 1966 gefertigte Werbefotografie für die britische Filmproduktion „One Million Years B.C.“.
Im Bikini am Kreuz, zu provokativ für die 1960er Jahre
Die Idee für die Aufnahmen entstand in einem Gespräch zwischen der Schauspielerin Raquel Welch und dem Fotografen Terry O’Neill. Welch äußerte die Sorge, von der Presse für ihre Darstellung im besagten Fantasy-Film 1966 „gekreuzigt“ zu werden. Die Schauspielerin trug darin einen steinzeitlich anmutenden Fell-Bikini, der von dem preisgekrönten Kostümdesigner Carl Toms entworfen wurde. Wenngleich die strengen Zensurgesetze in der Filmindustrie zu dieser Zeit beinahe überwunden waren, stellte das Zurschaustellen des unbekleideten weiblichen Körpers noch immer eine Provokation dar. Inspiriert von dieser Metapher überzeugte O’Neill die „20th Fox Film Studios“ dazu, ein kolossales Kreuz aufzustellen und Welch daran im Bikini in Szene zu setzen. Nachdem die Negative entwickelt worden waren, hielten Welch und O’Neill die Aufnahmen zwar für gelungen, dennoch befürchteten beide, dass ihre Botschaft missverstanden werden könnte. Letztendlich entschieden sich Welch und O’Neill aufgrund dessen gegen eine Veröffentlichung. Erst 30 Jahre später entdeckte der Herausgeber des Londoner „Sunday Times Magazine“ die Fotografien in O’Neills Atelier und beschloss, diese gemeinsam mit dem Künstler zu veröffentlichen.
Aktuelle Botschaft in einer alten Fotografie: „Gekreuzigte“ Frauen in Hollywood
55 Jahre nach Entstehung der Fotografie scheint die darin transportierte Botschaft aktueller denn je: Raquel Welchs Biografie steht stellvertretend für das Schicksal vieler prominenter Frauen, deren Karrieren geprägt von Objektifizierung und Machtmissbrauch verliefen. Trotz ihres großen schauspielerischen und komödiantischen Talents litt Welch Zeit ihres Lebens darunter, von den Medien zugleich stigmatisiert und auf ihr Äußeres reduziert zu werden. Die Situation im Filmgeschäft scheint sich heute, wenn überhaupt, nur bedingt gebessert zu haben. Realitätsferne Schönheitsideale und Erfolgsdruck sind nach wie vor en vogue und untrennbar mit einer Karriere im Filmgeschäft verwoben.
Feministische Kunst am Weltfrauentag 2021 im BikiniARTmuseum
Ähnlich wie der Tod am Kreuz erfolgt auch die Auflösung hierarchischer Strukturen nur langsam und zäh. Vor allem für junge Frauen stellt die symbolisch gekreuzigte Raquel Welch deshalb ein Stück feministischer Kunst dar. Bewegungen wie #MeToo schufen nicht zuletzt ein neues Bewusstsein für Machtmissbrauch und einen selbstbestimmten Umgang mit dem eigenen Körper.
Passend zum internationalen Frauentag am 08. März 2021 möchte das BikiniARTmuseum im Rahmen seiner Ausstellung das Licht auf den langen Siegeszug der Frauen gegen konservative Moralvorstellungen und Sexismus richten. Der 2019 verstorbene Fotograf Terry O’Neill signierte nur wenige Exemplare der Kreuzigungsauflage. Eines dieser Original-Exemplare ist nun im Bereich „Woman Power“ des weltweit ersten und einzigen Museums für Bademode und Badekultur zu sehen und zusätzlicher Mittelpunkt für eine lebhafte Diskussion. Der Woman-Power-Bereich des Museums versteht sich als Forum zur Förderung konstruktiver Diskurse rund um die gesellschaftlich relevanten Themenfelder Feminismus, Befreiung versus Sexismus sowie Body Positivity und unterstützt die Verbreitung eines vielfältigen Körperbildes.
Quelle: www.bikiniartmuseum.com
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