Rezension von Dr. Aide Rehbaum

Jürgen von der Lippe: Nudel im Wind

Jürgen von der Lippe © André Kowalski

So lustig auch die Literatursendungen und Shows Jürgen von der Lippes sind, so angestrengt wirkt die Darstellung, die als Satire auf den Fernsehbereich gedacht ist. Wortspiele, Witze und Bilder bleiben klischeehaft, z.T. schon bekannt, und Charaktere bewusst überzeichnet.

Es ist ein Wagnis, sich als überaus erfolgreicher Comedian in einem anderen Medium zu versuchen. Trotzdem wird sich das Buch gerade deshalb vermutlich gut verkaufen. Es wird anderen auch so gehen: zum Kauf verführte der geniale Titel in Kombination mit einer Hörprobe. Dabei hatte die Vortragsweise des Autors Einfluss auf die Erwartungshaltung. Lippes Spezialität sind Subtext, Gestik und Mimik und vor allem Andeutungen, Pausen an der richtigen Stelle und Auslassungen. Das alles nur mit Text umzusetzen, ist eine Herausforderung. Humor, Ironie und Satire sind per se schon schwieriger als Dramatisches.

Nudel im Wind von Juergen Lippe

Im Zentrum des Themas stehen unsägliche Dschungelpeinlichkeiten und Gameshows, in denen das Bloßstellen der Teilnehmer nicht nur einkalkuliert sondern im Drehbuch provoziert wird. Auch die Sieger und die Reaktionen des Publikums sind im Roman, inklusive der Gefühlausbrüche, die der Sender hervorrufen will, gezielt geplant und wahrscheinlich gar nicht so an Haaren herbeigezogen, wie man meint. Dem Leser wird gezeigt, welche Überlegungen zum Entstehen einer Sendung führen. Hinter den Kulissen der Sendeanstalten werden Ideen gesammelt, das Casting läuft und Intrigen werden gesponnen. Zur Quotenerhöhung kennt man keine Scham.

Es könnte sein, dass Kollegen eher lachen werden, weil sie das eine oder andere Vorbild für die Protagonisten wieder erkennen. Über zwei Seiten reicht die Mitwirkendenliste mit kurzer Charakterisierung. Die Kapitel sind mit dem Namen desjenigen überschrieben, dessen Sichtweise und Handlungsstrang gerade folgt. Im Klappentext verspricht v.d. Lippe eine „ausgebuffte Mischung aus Action und Reflexion, Gesellschaftskritik und psychologischen Tiefgang.“ Das ist hoch gegriffen. Durch die Bank ist der Stil flapsig, keine Persönlichkeit tiefer beleuchtet, es bleibt kein Raum für ein eigenes Kopfkino. Kurzgeschichten oder Anekdoten mögen noch angehen. Ein Roman verlangt mehr. Das ist diesmal ins Auge gegangen.

 

 
 
 
Jürgen von der Lippe

„Nudel im Wind“

Roman

Hardcover mit Schutzumschlag, 240 Seiten, 12,5 x 20,0 cm
ISBN: 978-3-328-60077-0
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