Rezension von Dr. Aide Rehbaum

Ulrike Draesner: Eine Frau wird älter

Ulrike Draesner ©laif – agentur für photos & reportagen-Dominik Butzmann

Der Klappentext behauptet, die Autorin (Jahrgang 1962) sei eine der profiliertesten deutschsprachigen Gegenwartsautorinnen. Wenn man sich so versteht, muss man natürlich auch bei diesem Thema seinen Senf dazugeben. Erschöpfend wird jedes Klischee beleuchtet, die Leserin soll sich schließlich wiedererkennen. Das gelingt mit persönlichen, zusammenhanglosen (banalen) Geschichtchen, die sich zumindest unterhaltsam lesen lassen. Die Leserin sollte jedoch keinen Leitfaden erwarten, mit welchen Tricks und Möglichkeiten man am besten durch die Wechseljahre kommt oder welche Perspektive auf das Geschehen zweckmäßig ist.

Vermutlich kommt es auf die Kreise an, in denen man sich bewegt, ob man Erfahrungen mit der biologischen Uhr austauschen kann. Draesner gelingt das noch nicht einmal mit der Mutter, obwohl die noch lebt. Klar, dass man als junger Mensch nicht nach den Wechseljahren fragt, weil es einen noch nicht betrifft. Wer die Großelterngeneration nur flüchtig kennt, weil er z.B. weit entfernt wohnt, wird auch nur oberflächliches Interesse für deren Befindlichkeit empfinden. Zwar haben sich Einstellungen, Informationszugang, Stimmungen im Verhältnis zum eigenen Körper seit 1950 geändert, aber solche Sprachlosigkeit erstaunt heutzutage. Gerade, wo doch Gesundheit ein beliebtes Gesprächsthema ist, aber eben eher unter Gleichaltrigen.

Die Autorin leidet darunter, dass man sie im öffentlichen Raum übergeht und führt das auf ihr Alter zurück. Das wird kaum der einzige Grund sein. Generation Beige, olle Kamelle. Wer vorher das Pfeifen von Bauarbeitern auf sich bezogen hat, vermisst es vielleicht. Manche Betroffene wird zum Buch greifen, weil sie sich fragt, ob und wie Frau körperliche Veränderungen mit sexuellen Bedürfnissen in Einklang bringt. Das Thema spart Draesner aus, denn sie sitzt in der klassischen Situation, vom Ehemann gegen eine jüngere Frau ausgetauscht worden zu sein.

Am hilfreichsten scheint das Fazit: man sollte das Leben nicht als eine Treppe mit einem Höhepunkt und einem langen Abweg auffassen, sondern als Weg durch eine Ebene mit vielen möglichen Umwegen, Sackgassen und Korrekturen.

 

Verlagsgruppe Random House GmbH

 


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Gebundenes Buch mit Schutzumschlag

ISBN: 978-3-328-60002-2

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