Rezension von Dr. Aide Rehbaum

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Barack Obama: Ein verheißenes Land

Der 44. Präsident der USA, Barack Obama, legt keine Autobiografie, sondern einen sehr detaillierten Bericht über die erste Hälfte seiner Amtszeit vor. Gerade von ihm, der mit seinen vielschichtigen Kindheitsjahren auf Hawaii und in Indonesien prädestiniert war zum Katalysator zwischen unterschiedlichen Mentalitäten, hätten sich Leser*innen gewünscht, wenn er ausführlicher auf die formenden Jahre seines Lebens eingegangen wäre. Man ahnt natürlich, dass seine Hautfarbe ihm mehr Empathie für Minderheiten in die Wiege gelegt hat. Aber hatten Vater oder Stiefvater irgendeinen Vorbildcharakter? Wie arrangierte er sich mit den Entscheidungen seiner Mutter? Welche Vergleiche kann er ziehen zwischen Hawaii, der Gesellschaft auf dem amerikanischen Festland und Indonesien?

Ausführlich geht er auf das umständliche amerikanische Wahlsystem, das Anwachsen seiner Phalanx an Zuarbeitern, die Zusammenstellung der Regierungsmannschaft zu einem inklusiven Team ein. Das Hineinwachsen in die Präsidentenrolle stellt Obama anschaulich dar. Die Führungsrolle Amerikas in der Welt setzt er als selbstverständlich voraus. Daraus zieht er das Selbstbewusstsein als junger Politiker, mit Staatsmännern und Diktatoren Tacheles zu reden oder als Zivilist mit Generälen zu verhandeln.

Sein Ringen mit sich um den Einsatz zusätzlicher Soldaten in Afghanistan ist die äußerliche Seite des Entscheidungsträgers. Dennoch scheint sein Gewissen von den Toten wenig belastet. Sicherlich erfahren wir nur einen Teil der Wahrheit und erst Historiker in späteren Jahrzehnten werden aus den Akten weitere Puzzlesteinchen zusammentragen, die Obama noch nicht veröffentlichen darf. Deutlich benennt der Autor Fehler der Vergangenheit, wo Autokraten oder sogar demokratisch gewählte Volksvertreter in Entwicklungsländern mit Beteiligung des CIA gestürzt wurden, weil es Amerika vorteilhafter erschien, als den Wünschen der drangsalierten Bevölkerung nachzugeben. Die Vorgeschichte der Beziehung zum Iran fasst er genauso verständlich zusammen, wie seine Befürchtungen hinsichtlich Ägypten, als 2011 das Volk in Kairo demonstrierte. Mubarak nach Jahrzehnten der Förderung zum Rücktritt zu zwingen, konnte den Glauben an die Verlässlichkeit Amerikas als Bündnispartner erschüttern.

Warum abstruse Behauptungen seiner Gegner in der amerikanischen Gesellschaft so leichtgläubig aufgegriffen werden, bleibt ihm selbst ein Rätsel. Unterhaltsam lupft er den Vorhang und gewährt einen Blick hinter die Kulissen der globalen Konferenzen. Einerseits können Leser*innen die Suche nach Konfliktlösung mitverfolgen, andererseits kennen die Deutschen unter ihnen die wenigsten genannten Personen. Das überladene Namedropping ermüdet und wirkt, als habe Obama Sorge, irgendjemand, dem er Entscheidendes zu verdanken hat, könnte sich übergangen fühlen. Eine Straffung hätte sicherlich der Spannung gutgetan.

 

 

 

 

ISBN: 978-3-328-60062-6

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