Rezension von Dr. Aide Rehbaum

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“Die lodernde Lotte und andere matriarchale Märchen”

Die Recherche nach den Urhebern dieser Veröffentlichung gestaltete sich ungewöhnlich. Das optisch ansprechende Büchlein in Hardcover war in Amazon unauffindbar. Das Internet brachte dennoch Aufklärung. Die Aufmachung der Webseite „Burschenschaft Furia“ in Innsbruck, aus deren Archiven die Texte angeblich stammen, erweckt Assoziationen ans Dritte Reich. Die Burschenschaft, die sich wie etliche andere feministische Gruppen in Österreich und Deutschland, antifaschistisch und antirassistisch gibt, zelebriert sich im selben Stil wie die deutschnationalen elitären, antisemitischen und antifeministischen Männerbünde und hält ihnen parodierend den Spiegel vor. Ihr Wahlspruch lautet Freiheit, Aufstand, Mutterland.
Ihre Ziele sind die internationale Errichtung des Matriarchats und der Abschied vom „alten weißen Mann“. Das schwache männliche Geschlecht müsse geschützt werden. Die Gruppe steht der österreichischen Kulturszene und dem Institut für Germanistik an der Uni Innsbruck nahe (AEP-Informationen Heft 3, 2019). Ob der 2018 gegründete Ableger in Berlin mit der AfD sympathisiert, wie die Abbildung in „Monitor Nr.87, Dez.2018“ suggeriert, bleibt unklar.

Das vorliegende Buch will weithin bekannte patriarchale „Verfälschungen“ der überlieferten Märchen rückgängig machen. Der Stil ist dieser traditionellen Textform angenähert, springt aber teilweise in flapsige Sprache. Der Ursprung etlicher Märchen, wie Rapunzel oder Froschkönig, bleibt erkennbar, wird aber mit entgegengesetzten Vorzeichen verändert, männliche Privilegien in Frage gestellt. Das gelingt bei einigen recht originell, bei anderen, na ja. Erfolgreiche Protagonistinnen sind in jedem Fall die Frauen, während die Männer ans Haus gebunden, depressiv, machtlos, hilfsbedürftig und unbedarft dargestellt werden. Sie müssen erzogen und belehrt werden, so wie früher die Frauen. Hier befragt der Schneewitterich den Spiegel, ob es einen schöneren Mann im Reich gibt. Wie auch in einigen der Märchen wird gezaubert, aber diesmal mit Menstruationsblut. Das mag der eine oder andere unappetitlich oder sogar schockierend finden.
Der Text kann Diskussionen anstoßen. Ob man den literarischen Versuch mag, bleibt Geschmackssache.

 

Titel:  Die lodernde Lotte und andere matriarchale Märchen
Verlag:  Divers – Kleinverlag
ISBN-13: 978-3-200-07895-6
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