Lars Kraume macht den Versuch, dem deutschen Völkermord an den Herero und Nama ein filmisches Mahnmal zu setzen: „Der vermessene Mensch“.

Leonard Scheicher, Girley Charlene Jazama © Studiocanal GmbH / Julia Terjung

Die vielgelobte deutsche „Erinnerungskultur“ – am ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts versagte sie kläglich. Erst 2015 nannte ihn Bundestagspräsident Norbert Lammert beim Namen, doch nur in einem Interview und nicht im Parlament. Deutsche Regierungen scheuen bis heute dessen offizielle Anerkennung wegen möglicher Rechtsfolgen; vergeblich verklagten Nachfahren der Ovaherero die Bundesrepublik vor US-Gerichten auf Entschädigung. Auch gegen eine von Deutschland und Namibia zuletzt verhandelte Versöhnungserklärung wird von Ovaherero und Nama zur Zeit in Windhoek geklagt – die beiden Völker verloren zwischen 1904 und 1908 durch die Massaker deutscher Truppen 40 000 bis 60 000 beziehungsweise etwa 10 000 Angehörige.

Sven Schelker, Max Koch, Leonard Scheicher © Studiocanal GmbH / Willem Vrey

Berlin, Ende des 19. Jahrhunderts: Alexander Hoffmann (Leonard Scheicher) ist ein ehrgeiziger Ethnologie-Doktorand an der Friedrich-Wilhelms-Universität. Als im Zuge der „Deutschen Kolonial-Ausstellung” eine Delegation von Herero und Nama aus der Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“ nach Berlin reist, lernt Hoffmann die Dolmetscherin der Gruppe, Kezia Kambazembi (Girley Charlene Jazama), kennen. Hoffmann entwickelt ein intensives Interesse an den Herero und Nama – und widerspricht nach den Begegnungen und Gesprächen mit ihnen der gängigen evolutionistischen Rassentheorie. Nachdem der Aufstand der Herero und Nama in der Kolonie niedergeschlagen wird und die Kolonialherren einen blutigen Vernichtungskrieg beginnen, reist Hoffmann im Schutz der kaiserlichen Armee durch das Land und sammelt für das Berliner Völkerkundemuseum zurückgelassene Artefakte und Kunstgegenstände. In Wahrheit sucht er jedoch weiter nach Beweisen für seine These – und nach Kezia. Vor Ort erlebt Hoffmann mit, wie deutsche Soldaten mit unmenschlicher Härte den Vernichtungsbefehl ausführen. Doch auch der Ethnologe überschreitet zunehmend moralische Grenzen, als er einwilligt, seinem Berliner Professor (Peter Simonischek) Schädel und Skelette von toten Herero zum Zwecke der Forschung zu schicken.

Der Film gibt Antworten auf einige hochaktuelle Fragen, etwa auf die, warum im heutigen Namibia die ersten Konzentrationslager gebaut wurden und wie so viele Schädel von Nama und Herero in deutsche Museen gelangten.

 

Mit

  • Leonard Scheicher (Alexander Hoffmann)
  • Girley Charlene Jazama (Kezia Kunouje Kambazembi)
  • Peter Simonischek (Professor von Waldstätten)
  • Sven Schelker (Oberleutnant Wolf von Crensky)
  • Max Koch (Korporal Kramer)
  • Ludger Bökelmann (Fähnrich Hartung)
  • Leo Meier (Bern Wendenburg)
  • Anton Paulus (Friedrich Maharero)
  • Tilo Werner (Missionar Kuhlmann)
  • Corinna Kirchhoff (Henriette Hoffmann)

Lars Kraume

Geboren 1973 in Chieri, Italien, und aufgewachsen in Frankfurt am Main. Nach dem Besuch der Berliner Filmschule DFFB wurde sein Abschlussfilm, Dunckel, mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet. Seitdem arbeitete er an 30 Fernseh- und Spielfilmproduktionen als Autor, Regisseur oder Produzent. 2016 erhielt sein Spielfilm Der Staat gegen Fritz Bauer sechs Auszeichnungen beim Deutschen Filmpreis. Das schweigende Klassenzimmer wurde 2017 auf der Berlinale uraufgeführt.

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