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Wettlauf der „Militärexperten“

„Was nützt“, schrieb vor mehr als einem Jahrhundert der liberale Politiker und Theologe Friedrich Naumann, „die beste Sozialpolitik, wenn die Kosaken kommen?“ Der langjährige christdemokratische Bundeskanzler Helmut Kohl baute das Zitat gern und oft in seine Reden ein. Vor allem, wenn es ihm darum ging, bei seinen Zeitgenossen das Bewusstsein zu wecken, dass es gelte, Frieden und Freiheit zu bewahren und es dafür der Sicherheits- und Außenpolitik bedürfe. Für diese Mahnung erntete der Pfälzer nicht selten Hohn und Spott sowohl vom politischen Gegner und von großen Teilen der Medien, als gern auch aus dem Bürgertum, das sich in den langen Jahrzehnten des Friedens und ständig steigenden Wohlstands an diese „Normalitäten“ gewöhnt hatte. Schöne Beispiele dafür sind der Bundestagswahlkampf im vergangenen Jahr und das Regierungsprogramm der darauf folgenden, neuen Ampel-Regierung. Außen- (vor allem Ost-)Politik, Verteidigungs-Anstrengungen angesichts des erbarmungswürdigen Zustands der Bundeswehr usw. kamen so gut wie nirgends vor. Sie wurden allerdings von den Wählern auch nicht abgefragt.
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Putins Krieg und seine Propaganda

Jedermann weiß, dass in einem Krieg die Wahrheit als erstes stirbt. Das ist auch im aktuellen Krieg zu beobachten, der durch den anlasslosen Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine ausgelöst wurde. Er tobt seit mehr als einem Monat. Militärexperten in aller Welt und solche, die sich dafür halten, nehmen mit Erstaunen zur Kenntnis, wie sehr und wie schnell Wladimir Putins Grundannahmen sich als reine Erfindungen herausgestellt haben: Ungeachtet der massiven russischen Überlegenheit an Menschen und Material konnte der militärische Überfall auf die Ukraine – anders als 2008 in Georgien – nicht mit einem Sieg im Blitzkrieg abgeschlossen werden. Moralisch, politisch, militärisch und wirtschaftlich hat sich der Kreml-Machthaber in eine Sackgasse manövriert. Wie findet er da wieder hinaus?
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Weirichs Klare Kante

Landtagswahlen hatten schon immer ihre eigenen Gesetzlichkeiten. Zumeist bekommt die Regierung im Bund einen Dämpfer, liebt das Publikum im föderalen Deutschland doch die Balance, den Machtausgleich. Beispiel: Als der „ewige Kanzler“ Helmut Kohl 1998 abgewählt wurde, gelang Roland Koch kurz darauf im Gegenzug beim ersten Test der Durchmarsch in die hessische Staatskanzlei. Bei der bevorstehenden Landtagswahl im Saarland deutet sich ebenfalls ein Farbenwechsel an. Ironischerweise auch wegen Oskar Lafontaine.
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Windige Windkraft

Win-win-Situationen kommen in der Politik wie im normalen Leben leider selten vor. Häufiger anzutreffen ist das Gegenteil, nämlich die Qual der Wahl zwischen zwei Zielen, von denen jedes nur durch Schädigung des andern erreicht werden kann. Die mulmige Gefühlslage, die sich dabei einstellt und die in der Sozialpsychologie als „kognitive Dissonanz“ bekannt ist, begleitet Ampel-Wirtschaftsminister Robert Habeck auf Schritt und Tritt. Momentan reist er als Vertreter für Windräder durch die Lande, wohl wissend, dass mehr Rotoren mehr Landschaftszerstörung bedeuten. Schwer vorstellbar, dass die Grünen in der Regierung ausgerechnet das umzusetzen vermögen, was sie in Oppositionszeiten vehement bekämpften.
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„Heimatlos sind Viele auf der Welt“

Heimat. Was ist Heimat? Ein Gefühl? Ein Ort oder Landstrich? Die Familie? Der Begriff ist unendlich vielfältig. Er ist umstritten. Er wurde romantisch umkränzt und nationalistisch missbraucht. "Heimat" wurde als "revanchistisch" denunziert und wird heute von Politik und Werbeindustrie mit ganz neuen Inhalten versehen. Das Bonner Haus der Geschichte hat dem Thema eine neue Wechselausstellung gewidmet. 600 Exponate weisen die Besucher auf die ganze Breite des Begriffs hin. Sie werden auch dort keine endgültigen Antworten auf die Frage nach dem Wesenskern von "Heimat" bekommen, dafür aber vielfach zum Nachdenken angeregt.
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Als Menschen vergaßen, Menschen zu sein

Es ist schwere Kost, die der tschechische Historiker Jiri Padevet in diesem Buch vorlegt. Inhaltlich und im übertragenen Sinne. Auf 573 Seiten hat er, nach langer und intensiver Recherche eine Dokumentation des Schreckens vorgelegt. Denn, obwohl die Geschehnisse damals in Böhmen und Mähren schon mehr als 70 Jahre zurückliegen, lassen sie den Leser noch immer erschauern. Es geht um Gräuel und Massaker an Deutschen im Frühsommer 1945 in der Tschechoslowakei. Darunter geschah gewiss manche Vergeltung für Unrecht, das zuvor unter deutscher Besatzung erduldet werden musste. Aber die Orgie von Gewalt, Hass, Raub, Vergewaltigung sowie Mord und Totschlag war nur möglich in einem Umfeld totaler Rechtlosigkeit - einem Umfeld, in dem Menschen vergaßen, dass sie Menschen sind. Padevet hat ein Buch vorgelegt von historischer Bedeutung. . Doch völlig ungeeignet zur Entspannung und Erbauung.
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Wenn Beethoven gegen Kinderkrebs rockt

Wenn Peter Wierny so richtig in Fahrt ist bei der Aufzählung all der berühmten Namen, Bilder und Gegenstände, die er vom 14. bis 21. November in Bonn zugunsten des Kinderhilfswerks zum Verkauf anbietet, fühlt sich der (zugegeben etwas ältere) Besucher unwillkürlich an den Gassenhauer "Souvenirs, Souvenirs" des kürzlich verstorbenen Jazz- und Schlagersängers Bill Ramsey erinnert. "Von der Gitarre eine Saite", heißt es u. a. in dem Text, "die Elvis schlug. Und den Verschluss der Bluse, die die Lollo trug". Und weiter: "Einen Hut von Chevalier, von Stirling Moss den Führerschein, von Rickiy Nelson eine Pfeife..."
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Der Startschuss zur breiten Bildung

Was ist dem Staat der Nachwuchs wert? Die Antwort darauf enthält eine staatliche Regelung, die am 1. September vor 50 Jahren in Kraft trat und einen schier unaussprechlichen bürokratischen Titel trägt: „Bundesgesetz über die individuelle Ausbildung von Schülern und Studenten in Deutschland“. Oder auch „Bundesausbildungsförderungsgesetz“. Oder kurz: „Bafög“. Das BAföG ist – keine Frage - ein besonders wichtiger Bestandteil des Sozialgesetzbuches und wurde zu einem tragenden Fundament des Sozialstaates. Es sollte die Chancengleichheit im bundesdeutschen Bildungswesen erhöhen und, vor allem, Bildungsreserven bei der einkommensschwächeren Bevölkerung mobilisieren.
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„1984“ – Orwells Utopie und die Wirklichkeit

Immer wieder haben sich Menschen Gedanken über die Zukunft gemacht. Ihre Phantasien zauberten literarisch ideale und idealisierte Gesellschaftsmodelle, zeichneten aber auch beklemmende Dystopien - also Anti-Utopien. Und sie haben Wirkungen erzielt. Ganz besonders der 1949 erschienene Roman "1984" des Briten George Orwell, der von einem totalen Überwachungsstaat handelt. Vieles von dem, was seinerzeit undenkbar schien, ist mittlerweile technisch und auch gesellschaftspolitisch weit überholt. Und trotzdem lohnt sich das in diesem Jahr in zahlrreichen neuen Übersetzungen erscheinende Werk unverändert als Lektüre - als Warnung und Mahnung.
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Die demokratischen Säulen geraten ins Wanken (I)

Für die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesbürger waren die Jahrzehnte nach Nationalsozialismus und Kriegskatastrophe eine einzige Erfolgsgeschichte. Vor allem das politische System der Demokratie schien ungefährdet. Das kann man seit einiger Zeit nicht mehr so "eisern" behaupten. Und zwar nicht nur bezogen auf Deutschland und die Deutschen. Sondern auch für Europa insgesamt und auch für die USA. Allein in den vergangenen drei Jahrzehnten wurden den Menschen so viele Veränderungen und Herausforderungen zugemutet, dass viele sich einfach überfordert fühlen und die Politik und deren Verläufe nicht mehr verstehen. Kurz: Die scheinbar so stabilen Säulen der Demokratie haben erkennbar Risse bekommen. Und Extreme an den äußerten linken und rechten Rändern des Spektrums erhalten Zulauf.
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