Ja, es stimmt: Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit die häufigste Todesursache. Und trotzdem stimmt auch: Das Risiko an Herzinfarkt, Schlaganfall und Co. zu versterben ist in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gesunken. Woran das liegt? Biomedizinische Forschung, Fortschritte in der Chirurgie, Public Health-Maßnahmen und ein gesünderer Lebensstil haben dazu einen Beitrag geleistet.

Es war das Jahr 1945: Während eine Künstlerin ein Porträt von Franklin D. Roosevelt anfertigte, hatte der damalige US-Präsident plötzlich „schreckliche Schmerzen im Hinterkopf“, wie er sagte. Nur wenige Minuten später wurde er ohnmächtig – und starb im Alter von 63 Jahren an einer Hirnblutung. Sie war die Folge seines unkontrollierten, hohen Blutdrucks und einer Herzerkrankung – damals unbehandelbar. „Roosevelt war damit nicht allein“, so Wissenschaftsautorin Dr. Saloni Dattani auf der Website der Online-Publikation Our World in Data. „Der Medizin in Mitte des 20. Jahrhunderts fehlte es oft an Werkzeugen, bestimmte Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu behandeln; manchmal sogar auch, um sie zu diagnostizieren; das galt selbst für einige der mächtigsten Menschen der Welt.“ Routinemäßiges Screening des Blutdrucks? Das gab es nicht. Bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) oder eine Ultraschalluntersuchung des Herzens? Fehlanzeige. „Selbst wenn jemand eine Diagnose erhielt, waren nur wenige wirksame Arzneimittel oder Operationsverfahren verfügbar“.

Heute ist das anders. „Heute hätten Medikamente den Blutdruck von Roosevelt innerhalb von Wochen gesenkt. Der Bluthochdruck, der ihn und viele andere ohne Vorwarnung traf, oft bekannt als ‚leiser Killer‘, wird heute routinemäßig diagnostiziert und behandelt“.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Sterblichkeit gesunken

Die altersstandardisierte Sterblichkeit ist in den USA seit 1950 um 75 Prozent gesunken. Und mit Blick auf Deutschland zeigt sich: Fielen 1990 rund 296 von 100.000 Menschen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zum Opfer, liegt die Rate nun bei 119 (Stand: 2020, s. Grafik). Dieser Rückgang ist, so Dattani, ein wesentlicher Grund dafür, dass die Lebenserwartung weltweit gestiegen ist. „Weniger Menschen, die vorzeitig an Herzinfarkten und Schlaganfällen versterben – das ist gleichzusetzen mit mehr Jahren, die in besserer Gesundheit gelebt wurden.“

Diabetes oder Adipositas: Risikofaktoren für die Entwicklung von Herzproblemen. © Tumisu auf Pixabay.com

Dieser Fortschritt lässt sich nicht auf eine einzige Innovation, eine einzige Erfindung zurückführen. „Medizinische Durchbrüche – in der Erkennung, Behandlung, Operation und Notfallversorgung – haben es sehr viel wahrscheinlicher gemacht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu überleben“, heißt es auf Our World in Data. Zusätzlich führen Public Health-Maßnahmen und Lebensstilveränderungen (z.B. Rauchstopp) dazu, dass weniger Menschen erkranken. Die medizinischen Meilensteine der Vergangenheit können sich sehen lassen: angefangen 1953 mit der ersten Herz-Lungen-Maschine, über die erste menschliche Herztransplantation 1967 und die Einführung von CT und MRT in den 1970ern und -80ern, bis hin zu Arzneimitteln wie den Statinen ab 1987 oder PCSK9-Inhibitoren ab 2015 – zielgerichtete Medikamente, die zur Senkung des LDL-Cholesterinspiegels eingesetzt werden können, wenn andere Therapien nicht ausreichen oder nicht verträglich sind. Auch gibt es heute verschiedene medikamentöse Möglichkeiten, um den Blutdruck zu senken – Komplikationen, Folgeerkrankungen und Todesfälle lassen sich so vermeiden.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Tödliche Gefahr

Es gibt nicht nur Positives zu berichtet, so Dattani. Immer mehr Menschen leben mit Diabetes oder Adipositas – Risikofaktoren für die Entwicklung von Herzproblemen. „Neue Therapieoptionen und gewichtsreduzierende Medikamente könnten helfen, diesen Trend umzukehren“. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nach wie vor die Haupttodesursache – sie kosten jedes Jahr rund 20 Millionen Menschen auf dem Globus das Leben. Es gibt also noch viel zu tun. Forschende weltweit arbeiten unaufhörlich daran, die Grenzen des Möglichen zu erweitern: dreidimensionale Modelle des Herzens, die aus medizinischen Bilddaten erstellt werden und Chirurg:innen bei der OP-Planung unterstützen; neue Techniken im Bereich des Herzklappenersatzes, sodass die Patient:innen schneller und ohne Operation genesen können; innovative Arzneimittel, etwa für Menschen mit Adipositas – die Liste ist lang. „Der Kampf gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist noch nicht vorbei“, findet Dattani.

Quelle: https://pharma-fakten.de/